Das Heim und die Welt. Rabindranath Tagore

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Das Heim und die Welt - Rabindranath Tagore


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       Rabindranath Tagore

      Das Heim und die Welt

      Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2020

       [email protected]

      EAN 4064066112608

       SANDIPS ERZÄHLUNG

       DRITTES KAPITEL

       BIMALAS ERZÄHLUNG

       SANDIPS ERZÄHLUNG

       VIERTES KAPITEL

       NIKHILS ERZÄHLUNG

       BIMALAS ERZÄHLUNG

       SANDIPS ERZÄHLUNG

       FÜNFTES KAPITEL

       NIKHILS ERZÄHLUNG

       BIMALAS ERZÄHLUNG

       NIKHILS ERZÄHLUNG

       SECHSTES KAPITEL

       NIKHILS ERZÄHLUNG

       SANDIPS ERZÄHLUNG

       SIEBENTES KAPITEL

       SANDIPS ERZÄHLUNG

       ACHTES KAPITEL

       NIKHILS ERZÄHLUNG

       BIMALAS ERZÄHLUNG

       NEUNTES KAPITEL

       BIMALAS ERZÄHLUNG

       ZEHNTES KAPITEL

       NIKHILS ERZÄHLUNG

       BIMALAS ERZÄHLUNG

       ELFTES KAPITEL

       BIMALAS ERZÄHLUNG

       ZWÖLFTES KAPITEL

       NIKHILS ERZÄHLUNG

       BIMALAS ERZÄHLUNG

      I

      Einst war ich so zuversichtlich in meinem Glauben, daß ich meinte, ich würde alles tragen können, was mein Gott mir auferlegte. Ich wurde nie auf die Probe gestellt. Jetzt, glaube ich, ist die Stunde gekommen.

      Ich pflegte meine Seelenstärke zu prüfen, indem ich mir alle möglichen Übel, die mir zustoßen könnten, vorstellte — Armut, Kerker, Schande, Tod, — selbst den Tod Bimalas. Und wenn ich mir dann sagte, daß ich die Kraft haben würde, das alles mit Standhaftigkeit zu ertragen, so sagte ich sicher nicht zuviel. Nur eines war mir niemals in den Sinn gekommen, und das ist es, woran ich heute denke und wovon ich nicht weiß, ob ich es wirklich ertragen kann. Es ist, als ob ein Dorn mir irgendwo im Herzen sitzt und mich beständig sticht, während ich bei meiner täglichen Arbeit bin. Er scheint selbst weiterzustechen, wenn ich schlafe. Sobald ich morgens erwache, fühle ich, daß das Antlitz des Himmels seinen Glanz verloren hat. Was ist es? Was ist geschehen?

      Mein Gefühl ist so empfindlich geworden, daß selbst mein vergangenes Leben, das den Schein des Glückes trug, jetzt mein Herz mit seiner Lüge martert, und die Sorge und Schande, die an mich heranschleichen, zeigen sich immer unverhüllter, je mehr sie versuchen, ihr Antlitz zu verbergen. Mein Herz ist ganz Auge geworden. Gerade die Dinge die verborgen bleiben sollten, die ich nicht sehen will, drängen sich mir auf.

      Jetzt ist endlich der Tag gekommen, wo mein unglückliches Los sich in einer langen Reihe von Schicksalsschlägen offenbaren soll. Ganz unerwartet ist die bittre Not in dem Herzen eingekehrt, wo Überfluß zu herrschen schien. Den Lohn, den ich für neun Jahre meiner Jugend der Täuschung zahlte, muß ich jetzt der Wahrheit mit Zinsen zurückerstatten, und ich werde mein Leben lang daran zu zahlen haben.

      Was nützt es, daß ich meinen Stolz gewaltsam aufrechtzuerhalten suche? Warum soll ich nicht zugeben, daß ich Mängel habe? Vielleicht fehlt mir das unüberlegte Draufgängertum, das die Frauen an den Männern lieben. Aber ist Stärke nur Entfaltung von Muskelkraft? Darf Stärke unbedenklich die Schwachen in den Staub treten?

      Doch was nützen alle diese Erwägungen? Würdigkeit kann man nicht dadurch erwerben, daß man darüber disputiert. Und ich bin unwürdig, unwürdig, unwürdig!

      Aber wenn ich auch unwürdig bin, — besteht nicht der wahre Wert der Liebe darin, daß sie dem Unwürdigen immer wieder aus der Fülle ihres eigenen Überflusses spendet? Für die Würdigen gibt es viele Arten von Belohnungen auf Gottes Erde, aber die Liebe hat Gott besonders den Unwürdigen vorbehalten.

      Bis jetzt war Bimala, meine häusliche Bimala, das Produkt der räumlichen Enge und der gewohnheitsmäßigen kleinen Pflichten. Ich fragte mich, ob die Liebe, die sie mir gab, aus der Tiefe ihres Herzens quelle oder die gewohnheitsmäßige Ausübung einer anerzogenen Pflicht sei.

      Ich sehnte mich danach, Bimala in ihrer ganzen Wahrheit und Kraft aufblühen zu sehen. Aber ich bedachte nicht, daß man alle Ansprüche aufgeben muß, die sich auf herkömmliche Rechte gründen, wenn ein Mensch sich in seinem wahren Wesen frei entfalten soll.

      Warum hatte ich daran nicht gedacht? Geschah es aus dem Gefühl stolzer Sicherheit im Besitz meines Weibes? Nein. Es geschah, weil ich das vollste Vertrauen auf die Liebe setzte. Ich war eitel genug, zu glauben, daß ich die Kraft in mir hätte, den Anblick der Wahrheit in seiner erschreckenden Nacktheit zu ertragen. Ich wußte, daß ich die Vorsehung versuchte, aber ich beharrte bei meinem stolzen Entschluß, die Probe siegreich


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