Verzeih mir Liebster. Barbara Cartland

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Verzeih mir Liebster - Barbara Cartland


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Gentleman sein, Papa. Dein Vater war Geistlicher ...“

      „Und hat sich meiner geschämt“, hatte Beau Bardsley sie unterbrochen. „Er wollte mich auf ein Priesterseminar schicken und in den Dienst Gottes stellen.“

      „Aber die Winslows werden doch sehr respektiert in Dorset“, hatte Simona gesagt.

      „Und wie oft bist du schon aufgefordert worden, deinen Großvater und deine Großmutter zu besuchen?“ hatte Beau Bardsley gefragt.

      Es war langes Schweigen entstanden.

      „Ich glaube, ich habe es jetzt verstanden“, hatte Simona schließlich gesagt.

      „Wenn ich dafür bestraft werden soll, daß ich mit deiner Mutter weggelaufen bin und der glücklichste Mann auf Erden war, dann ist jetzt der Moment gekommen, denn es tut mir in der Seele weh, daß ich dir nicht das bieten kann, was ich dir gern bieten würde.“

      Simona war in seine Arme gelaufen.

      „Aber Papa, mach dir doch deshalb keine Gedanken. Ich bin glücklich, überglücklich sogar, daß ich bei dir bin. Kein Ball könnte die Freude übertreffen, die ich empfinde, wenn ich dich auf der Bühne sehe oder, wenn wir abends zusammen zu Hause sind.“

      Beau Bardsley hatte die Tochter auf den Nacken geküßt.

      Simona hatte nie wieder erwähnt, wie sehr sie sich von Zeit zu Zeit danach sehnte, auch einmal dabei zu sein. Sie hatte sich damit begnügt, dem Vater umso intensiver zuzuhören, wenn er ihr am Abend erzählte, wer ihn in seiner Garderobe besucht hatte.

      Und so kannte sie die Herrschaften, die zur Gesellschaft gehörten, wenn auch nur dem Namen nach. Wenn sie eine Theatervorstellung besuchen durfte, schweifte ihr Blick über die Herren und Damen, die in den Logen und in den ersten Reihen saßen, und sie überlegte, wer wohl wer war.

      Und jetzt, während sie in der Garderobe wartete, hörte sie draußen den Applaus anschwellen. Sie ging zur Tür und machte sie einen Spalt auf. Wie fernes Donnern drang es aus dem Zuschauerraum zu ihr her.

      Kurz darauf kam ihr Vater zurück. Sein Gesicht war gerötet. In seinen Augen lag das typische Leuchten: Die Vorstellung war ein Erfolg.

      „Sie beten dich an, Papa“, sagte Simona stolz.

      „Es ist gut gegangen“, sagte Beau Bardsley bescheiden.

      Er hatte sich kaum vor den Schminktisch gesetzt, als er wieder von einem Hustenanfall befallen wurde. Schweißperlen traten ihm auf die Stirn, sein ganzer Körper wurde geschüttelt. Wieder mußte Joe ein Glas Cognac mit Wasser bringen.

      Es kostete Beau Bardsley seine ganze Kraft, sich für den nächsten Akt umzuziehen. Joe ging mit ihm bis zu den Kulissen, kam diesmal aber wieder in die Garderobe zurück.

      „Es geht ihm wirklich nicht gut, Miss Simona“, sagte er.

      „Ich weiß, Joe, aber er bleibt ja nicht zu Hause. Ich habe ihn heute so gebeten, die Vorstellung abzusagen, aber es war nichts zu machen.“

      „Er bringt sich noch um, Miss Simona. Denken Sie an meine Worte.“

      Simona schüttelte verzweifelt den Kopf.

      „Das sagt der Arzt auch, aber Papa will nichts davon hören. Er muß arbeiten.“

      „Ich weiß schon, Miss.“

      „Sie sind seit vielen Jahren bei ihm, Joe. Sie wissen so gut wie ich, daß er keinen Penny zur Seite gelegt hat.“

      „Ja, ich weiß. Und wenn er die nächste Gage bekommt, dann sind sie wieder alle wie die Aasgeier. Für sich persönlich gibt er ja so gut wie nichts aus.“

      „Er soll ja bald mehr bekommen“, sagte Simona.

      „Da wird es aber auch langsam Zeit“, sagte Joe. „Das Theater ist doch nur dann ausverkauft, wenn Ihr Vater auf der Bühne steht. Ich denke manchmal, daß sie ihn mit der Erhöhung noch hinhalten, weil sie fürchten, daß er dann einmal Urlaub machen könnte.“

      „Und Urlaub bräuchte er dringend“, entgegnete Simona. „Der Arzt hat gestern erst gesagt, daß Papa den Winter in einem wärmeren Klima verbringen sollte. Der November steht vor der Tür, und die kalten, feuchten Winde und der Nebel werden Papa noch umbringen.“

      Joe nickte.

      „Ich glaube, ich stelle mich am besten mit einem Glas Cognac in die Kulissen. Das ist das einzige, was noch hilft, wenn wieder ein Anfall kommt.“

      Joe ging und Simona setzte sich auf das Sofa. Die Zukunft sah nicht sehr rosig aus. Sie fragte sich, was ihre Mutter an ihrer Stelle getan hätte. Die Tränen stiegen ihr in die Augen, aber sie wischte sie tapfer weg. Ihr Vater durfte nicht merken, daß sie sich derartige Sorgen machte.

      Sie mußte daran denken, wie verzweifelt er nach dem Tod ihrer Mutter gewesen war. Zeitweilig hatte sie gedacht, daß er den Verstand verlieren würde. Simona war ihm mit all ihrer Kraft zur Seite gestanden und hatte es sich selbst nicht gestattet, vor ihm zu weinen.

      Und so gestattete sie es sich auch jetzt nicht.

      Das Warten wurde ihr lang. Doch endlich kam der Applaus, die Vorstellung war zu Ende.

      Ich muß versuchen, ihn wenigstens so schnell wie möglich hier weg zu bekommen, dachte sie. Joe muß uns eine Kutsche holen, und zu Hause wartet dann schon das Essen. Anschließend muß sich Papa sofort ins Bett legen.

      Am liebsten wäre es Simona gewesen, wenn sich ihr Vater gar nicht erst umgezogen, sondern im Kostüm heimgefahren wäre.

      Im Zuschauerraum begann das Stimmengemurmel. Die Menschen gingen offensichtlich zu den Ausgängen. Nur noch ein paar Unermüdliche klatschten. Und dann die Stimmen von Schauspielern auf dem Weg in ihre Garderoben.

      „Wenn Euer Gnaden einen Moment warten“, hörte Simona ihren Vater sagen. „Ich will bloß schnell nachsehen, ob in meiner Garderobe aufgeräumt ist.“

      „Aber mein lieber Bardsley“, kam die Antwort. „Als ob mir das etwas ausmachen würde.“

      Simona wußte sofort Bescheid: Ihr Vater hatte ihr zu verstehen geben wollen, daß er jemanden mitbrachte. Sie stand schnell auf und verschwand hinter dem Paravent.

      Die Tür ging auf.

      „Genau, wie ich es mir gedacht hatte“, hörte Simona eine belustigte Stimme sagen. „Alles sauber und ordentlich, nirgends eine Spur von kompromittierenden Petticoats oder dergleichen.“

      „Natürlich nicht, Euer Gnaden“, entgegnete der Künstler in einem Ton, als würden ihm derlei Anspielungen nicht passen.

      „Ich weiß. Sie wollen nach Hause gehen, Bardsley“, fuhr der Besucher fort. „Daß Sie nach der Vorstellung nicht gern noch lang hier bleiben, ist hinlänglich bekannt. Aber ich muß Sie sprechen. Ich brauche Ihre Hilfe.“

      Beau Bardsley lachte.

      „Meine Hilfe? Wie kann es denn angehen, daß der Herzog von Ravenstone meine Hilfe braucht?“

      Simona wußte, daß ihr Vater ihr mit der Bemerkung mitteilen wollte, wer der Besucher war. Und gleichzeitig wollte er sie bitten, keinesfalls ihr Versteck zu verlassen.

      „Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Euer Gnaden?“ fragte Beau Bardsley.

      „Nein, tausend Dank.“

      Der Herzog hatte sich auf das Sofa gesetzt.

      „Um gleich zur Sache zu kommen“, sagte er, „ich brauche eine Schauspielerin.“

      „Dann sind Sie zu dem Falschen gekommen, Euer Gnaden“, sagte Beau Bardsley reichlich scharf. „Es dürfte Ihnen bekannt sein, daß ich es ablehne, Bekanntschaften dieser Art zu vermitteln.“

      Der Herzog lachte.

      „Mein lieber Bardsley!“ rief er. „Sie bellen am falschen Baum hinauf. Wenn ich die Bekanntschaft einer Schauspielerin machen wollte, hätte ich diesbezüglich wohl kaum Schwierigkeiten.


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