Sophienlust Staffel 8 – Familienroman. Diverse Autoren

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Sophienlust Staffel 8 – Familienroman - Diverse Autoren


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’rausfahren – irgendwohin, wo uns keiner kennt.«

      Achim von Rettwitz war den Reizen der blonden Lieselott bereits verfallen.

      Sie fuhren vor dem Bungalow vor, wo der rote Mini-Minor wie üblich parkte. Lieselott, die den Hausschlüssel nun ständig in Besitz hatte, schloss auf und genoss das Gefühl, Hausfrau zu sein. In der Diele hatte sie Blumen aufgestellt, auch im Wohnzimmer war alles festlich geschmückt und der Tisch schon gedeckt.

      »Darf ich dich jetzt endlich umarmen, hoher Herr?«, fragte sie schelmisch und breitete die Arme aus.

      »Schäfchen!« Achim küsste sie ausgiebig und fuhr mit den Fingern durch ihr blondes Haar.

      »Ich liebe dich, Achim«, flüsterte das Mädchen mit heißen Lippen. »Du hast mir schrecklich gefehlt.«

      »Du mir auch, kleine Maus.«

      Es dauerte eine ganze Weile, ehe ihr einfiel, dass sie essen wollten. Sie hatte Reis und ein serbisches Fleischgericht vorbereitet, das in der Backröhre warm geblieben war. Nur der bunte Salat war noch anzurichten und die Suppe aufzuwärmen.

      »Manchmal kommt es mir vor, als könntest du zaubern, Lieselott. Heute ist Montag. Du bist im Büro gewesen, hast anschließend hier Hausmütterchen gespielt und bist dann zum Flughafen gefahren, um mich abzuholen. Trotzdem siehst du phantastisch aus und bist nicht ein bisschen müde.«

      Lieselott hob die Schultern und strahlte ihn an. »Müde, wenn ich mit dir zusammen bin, Achim? Da – trink mal einen Schluck auf unser Wohl.«

      Achim tat es. Inzwischen trug Lieselott bereits die Suppentassen auf.

      »Ich bitte zu Tisch, Herr Dr. von Rettwitz.«

      Er rückte ihr den Stuhl zurecht und küsste sie aufs Ohr. »Du bist ein Wunder, Lieselott.«

      »Dabei weißt du noch nicht alles«, verkündete sie geheimnisvoll. »Willst du die Überraschung als Vorspeise, Zwischengang oder Dessert haben?«

      »Ist es etwas zu essen?«

      »Nein. Du kannst getrost mit der Suppe anfangen. Es ist etwas, was ich dir zu erzählen habe.«

      »Dann spanne mich nicht länger auf die Folter. Ich werde langsam neugierig.«

      »Passt gar nicht zu dir, Herr Staatsanwalt. Also, rat mal, wo ich am Samstag war, als du mich telefonisch nicht erreichen konntest!«

      »Keine Ahnung. Einkaufen, Friseur, Besuch bei einer Freundin – Frauen haben immer sehr viele Möglichkeiten, ihre freie Zeit zu verbringen. Die männliche Phantasie reicht da kaum aus.«

      »Danke. Besuch bei einer Freundin war schon ein bisschen warm.«

      »Kenne ich die Dame?«

      »Hm – sollte man meinen.« Sie lachte dieses seltsame, leise Lachen, das typisch für sie war.

      Er überlegte. »Ich fürchte, ich muss passen. Sag’s mir!« Er küsste ihr verliebt die Hand.

      »Also gut, wenn du darauf bestehst. Ich habe Isolde in Sophienlust besucht.«

      Betroffen starrte er sie an. »Machst du Spaß?«, fragte er ungläubig.

      Sie schüttelte den Kopf. »Warum sollte ich? Ich habe mich schon am Mittwoch telefonisch bei ihr angemeldet, als ich nämlich von dir erfuhr, dass du nicht da sein würdest.«

      »Aber warum bist du denn zu ihr gefahren?«, erkundigte er sich zögernd.

      »Ich habe mit ihr gesprochen – unseretwegen, Achim.«

      Er hob die Hand. »Das hättest du nicht tun sollen, Lieselott«, rief er leise und erschrocken aus.

      Sie lächelte überlegen. »Keine Sorge, Achim. Isolde hat meine Mitteilung ganz ruhig aufgenommen. Sie lässt dir sagen, dass sie mit einer Scheidung einverstanden ist. Eure Ehe existiert ja nur noch auf dem Papier. Isolde fühlt sich in Sophienlust wohl und wird wohl für immer dort bleiben. Sogar eine Tätigkeit scheint sie gefunden zu haben.«

      »Isolde ist also für eine Scheidung?«, wiederholte er zögernd.

      »Ja, die Unterhaltung hat nicht viel länger als eine Viertelstunde gedauert. Weißt du, ich bin noch nie in meinem Leben für Heimlichtuerei gewesen. Immerhin ist Isolde meine beste Freundin. Deshalb fand ich es richtig, dass ich ihr die Wahrheit sagte.«

      »Du hast viel Mut, Lieselott. Isolde ist gemütsmäßig nicht ganz intakt seit dem Tod des Kindes. Es hätte ihr einen Schock geben können.«

      »Aber es hat ihr gar nichts ausgemacht, Achim«, versicherte Lieselott eifrig. »Es kam mir sogar vor, als wäre sie erleichtert gewesen.«

      »Habt ihr … Einzelheiten erörtert?«, erkundigte er sich, während Lieselott ihm fürsorglich Fleisch und Reis vorlegte.

      »Nein, das ist schließlich nicht meine Sache. Ich glaube, dass ihr euch rasch einigen werdet. Sie sagte ausdrücklich, sie möchte dir keine Schwierigkeiten machen.«

      »Ja, so ist Isolde. Das kann ich mir vorstellen. Trotzdem …«

      »Was ist, Achim? Auf die Dauer konnte es so nicht weitergehen. Das ist doch auch deine Meinung?«

      »Natürlich, Lieselott.«

      »Ich habe gesagt, dass du alles in die Hand nehmen wirst. Gewiss weißt du am besten, wie man die Scheidung rasch und ohne Aufsehen über die Bühne kriegt.«

      Er schwieg und stocherte auf seinem Teller herum, als sei ihm der Hunger vergangen.

      »Ich dachte, dass du dich freuen würdest. Wir sind doch jetzt um einen entscheidenden Schritt weitergekommen«, schmollte sie.

      »Ja, gewiss, ich freue mich, Lieselott.« Aber es klang nicht sehr überzeugend.

      Lieselott brauchte eine ganze Weile, bis sie ihn wieder aufzuheitern vermochte. Eigentlich gelang es ihr erst, als sie Sekt herbeiholte und den Pfropfen übermütig gegen die Zimmerdecke fliegen ließ, wo ein kleiner Abdruck entstand.

      »Liebst du mich überhaupt noch, Achim?«, fragte sie und setzte sich auf seine Knie, die Arme um seinen Hals schlingend.

      »Das weißt du ganz genau, Lieselott.« Nun lächelte er schon wieder. Isolde war weit weg, aber Lieselott war nahe – voller Liebe und Leidenschaft und Zärtlichkeit.

      *

      Das Ereignis, das zur Wandlung in Isoldes Verhalten führte, war nicht besonders dramatisch. Es trat an einem trüben Vormittag ein, als die größeren Kinder in der Schule waren und die kleinen in Sophienlust spielten.

      Isolde saß an der Nähmaschine, wobei sie ein Stück des Parks mit dem kleinen Ententeich überblicken konnte. Die Kinder waren selten auf dieser Seite zu sehen. Deshalb wurde Isolde auch sofort aufmerksam, als Micki mit einem besonders großen blauen Luftballon mutterseelenallein angesprungen kam. Das Kind spielte mit dem leichten Ballon und stupste ihn mit sanften Schlägen vor sich her. Allerdings hielt es dabei die Schnur fest in der einen Hand. Micki hatte im Laufe der Zeit schon ihre Erfahrungen mit davonfliegenden Luftballons gemacht und kannte sich aus.

      Die einsame Frau lächelte, ohne es zu wissen. Sie dachte an ihren Freund Nick, der immer wieder kleine Opfer von seinem Taschengeld brachte, um Micki eine Freude zu machen. Sie nahm sich vor, die Ballonkasse des gutherzigen Jungen einmal gründlich aufzufüllen.

      Indessen lief Micki über die etwas abschüssige Wiese zum Ententeich. Dann geschah es. Das Kind stolperte, glitt aus und fiel kopfüber in den Teich.

      Isolde besann sich keine Sekunde. Zwar wusste sie, dass der kleine Teich nicht so tief und gefährlich war wie der See, doch konnte Micki auch ein flaches Wasser zum Verhängnis werden.

      Der Weg durch die Diele, hinaus und ums Gebäude herum dehnte sich scheinbar endlos. Isolde jagte wie gehetzt. Endlich erreichte sie die abschüssige Wiese. Das nasse Gras war etwas glitschig. Kein Wunder, dass Micki ausgerutscht war.

      Da – der Ballon! Isolde streifte die Schuhe ab und


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