Letzte Fahrt. Robert Falcon Scott

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Letzte Fahrt - Robert Falcon  Scott


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Ich fürchte nur, dass sie so schwere Lasten, wie ich mir gedacht hatte, doch nicht bewältigen können.

      Freitag, 6. Januar. Ich ging heute zu Fuß über unsere Halbinsel, um ihre Südseite auszukundschaften. Hunderte von Skuamöwen nisten dort und griffen mich, wenn ich vorüberging, in ihrer gewöhnlichen Weise an: Unter wildem Geschrei flogen sie im Kreis umher und sausten dann aus einer bestimmten Höhe mit großem Ungestüm herunter, bis etwa ein paar Handbreit von meinem Kopf; dann schwangen sie sich wieder empor; die am kecksten waren, schlugen mich sogar mit den Flügeln. Im Anfang ist das eine etwas aufregende Sache; aber weiter geht der Angriff der Tiere nie.

      Sonnabend, 7. Januar. Mit der Zeit werden die Ponys wohl Leben in die Bude bringen, besonders wenn sie erst wieder kräftiger werden. Schon jetzt gefallen sie sich in allerhand Kapriolen; die Glätte des Eises und der Schlitten hinter ihnen, den sie nicht loswerden können, macht sie nervös, störrisch und unlenksam. Ich hatte heute sieben Ponyfuhren und kam mit einer Beule und etlichen Schrammen davon. Das Pony Debenhams riss mit seinem Schlitten aus, aber gerade in die Station hinein – sehr unklug von dem Tier, denn Oates nahm es gleich wieder zu einer neuen Fuhre mit. Mehrere andere rannten den Hügel hinauf, als sie angeschirrt werden sollten, und so passierte allerlei, was Tiere und Menschen gefährden konnte; doch ging noch alles ohne ernsten Unfall ab. Auch ein Hundegespann brannte durch, und ein Hund, der sich überschlug, wurde einen Kilometer weit im Galopp mitgeschleift; es scheint ihm aber nicht weiter geschadet zu haben. Wenn ich nur wüsste, wo wir die Ponys im Winter unterbringen!

      Auch sonst haben sich allerhand kleine Plagen eingefunden. Die Sonne strahlte heute heller als je mit blendendem Glanz, infolgedessen haben die Fälle von Schneeblindheit sehr zugenommen und an aufgesprungenen Gesichtern und Lippen, Blasen an den Füßen, Schnittwunden und Abschürfungen ist kein Mangel; fast jeder hat etwas abgekommen. Aber derlei gehört schließlich zum »Geschäft«.

      Gleichwohl bekommt die Station schon das Aussehen eines geordneten Lagers und wir finden immer neue Vorteile ihrer Lage heraus. Der lange flache Strand ermöglicht es Bowers, unserem Proviantmeister, seine Vorratskisten übersichtlich aufzustellen, sodass alles gleich zur Hand ist. An der Hütte wird schon die Bretterverschalung aufgenagelt. Es soll hübsch warm und gemütlich bei uns werden; abgesehen davon, dass der Zwischenraum der Isolierung mit trockenem Seegras in abgesteppter Sackleinwand gefüllt ist, will ich auch noch alles Futter für die Ponys ringsum aufschichten lassen.

      Nur eine Schattenseite hat unsere augenblickliche Lage. Das Eis in den Spalten und auch hier und dort auf den Feldern selbst wird schon dünn und schlammig; die Ponys treten oft mit den Füßen durch. Sie machen sich zwar nichts daraus und waren offenbar schon daran gewöhnt, aber Eile scheint mir doch dringend geboten und der morgige Sonntag kann kein Ruhetag sein. Ponting hatte schon ein sehr bedenkliches Erlebnis. Immer darauf erpicht, von eigenartigen Eisbildungen und überraschenden Wasserspiegelungen künstlerische Bilder zu bekommen, war er, seine Apparate auf seinem kleinen Schlitten hinter sich herziehend, wieder dem gestrandeten Eisberg zugewandert. Gerade war seine Schneebrille angelaufen, als er plötzlich das Eis unter sich nachgeben fühlt. Niemand ist in der Nähe, der ihm hätte beispringen können. Instinktiv eilt er vorwärts, bei jedem Schritt glaubt er durchzubrechen, der Schlitten schleift schon durch Wasser! Ein paar Minuten dauerte diese lebensgefährliche Situation – dann trat sein Fuß wieder auf eine feste Oberfläche. Es sei ein niederträchtiges Gefühl, dieses nachgebende Eis unter jedem Tritt, versicherte er, und als er endlich aufatmen konnte, war er in Schweiß gebadet. Wir haben uns diesem morsch werdenden Eis vielleicht doch etwas unvorsichtig mit unserer ganzen Habe anvertraut. Also Eile!

      Sonntag, 8. Januar. Das Unglück ist schon geschehen: Wir sind vom Schiff abgeschnitten und, was weit schlimmer ist, ein Motorschlitten liegt auf dem Grund des Meeres! Ich gab dummerweise heute früh die Erlaubnis, den dritten Motor auszupacken, und obgleich einer der Leute beim Überschreiten einer etwa 200 Meter vom Schiff entfernten Schlammstelle mit einem Bein eingebrochen war, hielt ich das doch nicht für bedenklich, da ich annahm, der Mann habe nur die Oberflächenkruste durchgetreten. Campbell sollte den Schlitten an Land bugsieren, stattdessen aber kam die Meldung, der Motorschlitten sei eingebrochen! Campbell hatte zur Vorsicht ein Tau an dem Schlitten befestigt, das von den Matrosen gezogen wurde. Plötzlich brach einer von diesen bis an die Schulter ein und während er herausgezogen wurde, gab das Eis unter dem Schlitten nach, versank plötzlich und mit ihm der Motor! Die Leute hielten das Tau fest, aber vom Gewicht des schweren Schlittens gestrafft, schnitt es immer schneller durch die Eisdecke bis an sie heran und zwang einen nach dem anderen loszulassen. Eine halbe Minute später war nichts mehr zu sehen als ein großes Loch! Wir können noch von Glück sagen, dass den Leuten nichts zugestoßen ist, aber der Verlust eines der beiden besten Schlitten, auf die so viel Zeit und Mühe verwendet wurde, ist ein harter Schlag für mich! Noch gestern ist der andere Motorschlitten mit schwerer Last und sind zahlreiche Ponyfuhren dort hinübergegangen.

      Kaum hatte uns diese Unglücksbotschaft erreicht, als auch schon die Nachricht folgte, das Eis in der Nähe der Unfallstelle werde mit jeder Stunde unsicherer; seitdem sind wir vom Schiff so gut wie abgeschnitten und ich verlebe meine erste Nacht im Zelt am Land. Die Uferabteilung hat gearbeitet, aber die Leute an Bord haben einen unfreiwilligen halben Feiertag gehabt.

      Um 6 Uhr ging ich zu dem Eisrand weiter nördlich und fand eine Stelle, wo Schlittenfahren noch möglich ist und das Schiff anlegen soll, auch wenn es unter Dampf dorthin fahren muss. Wir haben den neuen Weg mit Petroleumkannen bezeichnet und müssen uns nun in Geduld fügen.

      Geduld erfordert auch der Bau der Hütte; es dauert schon noch einige Zeit, ehe sie fertig ist. Aber wir müssen vor dem Ende des Sommers unbedingt noch mit der Errichtung der Depots beginnen! Heute war der heißeste Tag bisher; als ich beim zweiten Frühstück in der Sonne saß, fühlte man sich ganz wie an einem warmen Tag in England.

      Montag, 9. Januar. Ich stecke die Nase erst um ¾7 aus dem Zelt, und das Erste, was ich sah, war das Schiff, das sich mit einiger Schwierigkeit längs des Eisrandes vorwärts bewegte und 8 Uhr 15 an der gestern bezeichneten Stelle anlegte. Der neue Weg erwies sich als ausgezeichnet und den ganzen Tag sind die Schlitten hin- und hergefahren. Die Ponys haben bis zu 18 Zentner Gewicht gezogen und die Hunde, je fünf in einem Gespann, schaffen 5 bis 6 Zentner fort, während die Leute fast 3 Zentner auf jeden Mann rechnen. Heute kamen Schornstein, Ventilatoren und die vielen Vorräte für die Hütte an, dann 2 ½ Tonnen Karbid, die Ausrüstung der Biologen – ein hoher Stapel! – und der Naturforscher, die Arzneivorräte, Futter, und was weiß ich sonst noch! Auch von den Kohlen sind schon zehn Tonnen an Land. Kurz, es war ein lustiges Ausräumen.

      Dienstag, 10. Januar. Heute Abend kann ich sagen: Wir sind gelandet! Wenn wir auch nichts mehr vom Schiff herschaffen könnten, jetzt kann es kommen, wie es will. Nie ist solch eine Arbeit so schnell und tüchtig geleistet worden! Futter und Feuerung, kurz alles Notwendige ist am Ufer und auch der Bau der Hütte schreitet rüstig fort. Die Seitenwände haben doppelte Verschalung und sind mit Seegras isoliert. Das Dach ist innen mit Brettern verschalt; auf der Außenseite liegt ebenfalls zuerst eine Schicht solcher Bretter, dann eine Lage doppelt gefaltetes Ruberoid, Seegras, wieder eine Bretterverschalung und schließlich dreifaches Ruberoid. Der erste Fußboden ist schon gelegt; darüber kommt Seegras, dann eine Filzlage, eine zweite Verdielung und schließlich Linoleum. Der vulkanische Sand wird ringsum hoch aufgehäuft, sodass unmöglich Zugluft in die Hütte dringen und ebenso wenig Wärme entweichen kann, und an der West- und Südseite sind obendrein Ballen mit Pressfutter hoch aufgestapelt, während an der Nordseite, zwischen der Hüttenwand und einer Mauer aus Futterballen, ein Winterstall für die Ponys gebaut werden soll. Leider haben wir nicht mehr genug Bretter und müssen das Dach aus Sparren und geteerter Segelleinwand herstellen. Viel Schnee darf sich auf diesem Dach nicht ansammeln; aber sonst ist alles vortrefflich angeordnet.

      Donnerstag, 12. Januar. In einer festen Schneewehe hinter unserem Lager stießen wir beim Graben auf Eis und haben hier unsere Speisekammer ausgehauen, einen drei Meter langen Tunnel, der noch Seitengänge erhalten soll.

      Ich kutschiere heute meine Hunde zum ersten Mal in sibirischer Weise. Schwer war es nicht, aber ich vergaß in kritischen Momenten stets die russischen Ausdrücke; wir werden auf der Depotreise noch viel lernen müssen. Am Nachmittag kam vom Schiff die Meldung, dass nur noch das


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