Edgar Wallace-Krimis: 78 Titel in einem Band. Edgar Wallace

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Edgar Wallace-Krimis: 78 Titel in einem Band - Edgar  Wallace


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an demselben Tag, an dem das Derby stattfindet.«

      Milton nickte.

      »Darm kann Mr. President vielleicht an diesem Tag einen doppelten Sieg buchen. Sollten wir uns nicht vorher treffen, so sehen wir uns jedenfalls bei dem Rennen in Epsom.«

      Damit trennten sich die beiden.

      *

      Das kleine Haus, das Sir George seinem Trainer zur Verfügung gestellt hatte, lag an der verwahrlosten großen Fahrstraße, die die Ländereien durchschnitt. Sie war jetzt nicht mehr in Gebrauch, weil ihre Instandsetzung zuviel Geld gekostet hätte.

      Eines Abends ging Mr. Buncher zum nahegelegenen Dorfwirtshaus. Seine Frau blieb zu Hause und atmete erleichtert auf, als die Tür ins Schloß fiel. Sie war hager und hatte in ihrer siebzehnjährigen Ehe harte Züge bekommen. Schwere Jahre lagen hinter ihr.

      Sie saß in der Küche und fuhr erschreckt zusammen, als sie hörte, daß jemand an der Gartentür war. Zuerst glaubte sie, ihr Mann wäre zurückgekommen, und eilte hinaus. Aber draußen stand ein Fremder.

      »Sind Sie Mrs. Buncher?« fragte er freundlich.

      »Ja.«

      Es war offenbar ein vornehmer Herr. Nicht nur seine Kleidung, auch sein Benehmen und seine Sprache ließen darauf schließen. Obendrein war er in einem Auto angekommen.

      »Ich möchte Sie in einer dringenden Angelegenheit ein paar Minuten sprechen.«

      Sie zögerte. Ihr Mann hatte ihr den strikten Auftrag gegeben, niemand in das Haus zu lassen. Aber einen solchen Fall hatte er wohl nicht vorausgesehen.

      »Ich glaube, es ist Ihr Vorteil, wenn Sie mit mir sprechen«, erklärte Milton Sands.

      Mrs. Buncher war sofort interessiert und schloß das Tor auf, wenn ihre Hände auch zitterten.

      »Wollen Sie bitte nähertreten.«

      Sie führte Milton in das Wohnzimmer und bot ihm einen Stuhl an.

      »Ich will Sie nicht lange aufhalten«, sagte Milton, der absichtlich gewartet hatte, bis Mr. Buncher zu seinem Abendschoppen ins Dorf gegangen war. »Sie waren doch früher bei Mrs. Stanton im Dienst?«

      Sie zögerte mit der Antwort, aber nach einer kleinen Pause bejahte sie die Frage.

      »Es ist Ihnen auch bekannt, daß sich Mrs. Stanton von ihrem Mann trennte. Und ihre kleine Tochter mitnahm? Gingen Sie damals mit ihr?«

      »Ja. Mrs. Stanton ist immer sehr gut zu mir gewesen; ihr Mann dagegen war ein abscheulich brutaler Mensch …« Sie wollte alle Einzelheiten des Falles erzählen, aber Milton hinderte sie daran.

      »Wie lange waren Sie noch bei Mrs. Stanton, nachdem sie sich von ihrem Mann getrennt hatte?«

      Mrs. Buncher sah zur Decke und überlegte.

      »Im ganzen zwei Jahre, ein Jahr in England und ein Jahr in Brügge. Dann kam ich mit ihr nach England zurück, mußte mich aber von ihr trennen, da sie nicht mehr genügend Geld hatte, um meinen Lohn zu bezahlen. Sie mußte sehr sparen.«

      »Sie wissen doch, daß Mr. Stanton für die Auffindung seiner Schwester eine Belohnung ausgesetzt hat?«

      Die Frau nickte.

      »Ich habe davon gehört. Aber es hat keinen Zweck, daß ich mich darum bemühte; ich weiß ja selbst nichts Genaues.«

      »Wo wohnte denn Mrs. Stanton, als sie nach London zurückkam?«

      »In Hornsey – in einer Pension.«

      Milton schrieb sich die Adresse genau auf.

      »Können Sie mir vielleicht irgendein besonderes Erkennungszeichen nennen, das das Kind an sich hatte? Ein Muttermal, an dem man es erkennen könnte?«

      »O ja, es hatte ein gelbliches Muttermal rund um das linke Fußgelenk. Es sah aus wie eine Schlange. Und das war merkwürdig, denn wir sagten immer –«, sie hielt plötzlich inne.

      »Sprechen Sie doch weiter«, ermutigte sie Milton.

      »Ich möchte nichts gegen Mr. Wilton sagen – er wohnt jetzt hier im Herrenhaus, aber Mrs. Stanton haßte ihn – und wir nannten ihn immer die Schlange.«

      »Das ist wenigstens ein Anhaltspunkt«, meinte Milton lächelnd.

      Die Unterhaltung der beiden wurde plötzlich durch ein lautes Klopfen an der Haustür unterbrochen, und die Frau sprang auf.

      »Mr. Buncher!« rief Sir George von draußen.

      »Sagen Sie Sir George nicht, daß ich bei Ihnen bin. Wo kann ich mich solange verstecken?« fragte Milton.

      »Gehen Sie durch den hinteren Gang in die Küche«, erwiderte sie verstört, denn jetzt erinnerte sie sich wieder an den Auftrag ihres Mannes, niemand ins Haus zu lassen.

      Sie wartete, bis Milton Sands das Zimmer verlassen hatte, und ging erst dann, um Sir George zu öffnen.

      »Wo ist Ihr Mann?« fragte der Baronet scharf.

      »Er ist ins Dorf gegangen.«

      »Dann holen Sie ihn rasch.«

      Er stand in der offenen Haustür und klopfte ungeduldig mit der Reitpeitsche an seine hohen Stiefel.

      Die Frau zögerte eine Sekunde, aber dann machte sie sich auf den Weg. Sie hoffte nur, daß der unbekannte Fremde seine Anwesenheit nicht verraten würde.

      »Sind Sie Ihrer Sache auch vollkommen sicher?« wandte sich Sir George an Toady, der ihn begleitet hatte.

      »Vollkommen. Ich habe mich bestimmt nicht getäuscht.«

      »Ich dachte, er würde England an dem Tag vor dem. Derby verlassen?«

      »Vielleicht hat er Urlaub bekommen, oder er ist auf ein anderes Schiff versetzt worden.«

      »Das ist allerdings ein unglücklicher Zufall.«

      Die beiden gingen langsam den Gartenweg auf und ab, der am Haus vorbeiführte, und blieben schließlich eine Weile vor dem Küchenfenster stehen.

      »Daß dieser niederträchtige Zahlmeister sich ausgerechnet für Rennen interessieren muß, ist schlimm genug. Daß er bei dem Derby zugegen sein wird, ist noch schlimmer, aber am schlimmsten ist es, daß er hierhergekommen ist. Es ist einfach katastrophal, daß er nach – Pennwaring geht, um zu spionieren. Sind Sie sicher, daß er den Galopp gesehen hat?«

      »Ganz sicher«, erklärte Toady. »Wenn Sie die Bemerkung gestatten, halte ich es entschieden für einen Fehler, das Pferd nachmittags laufen zu lassen. Während des Galopps kann man es ja glücklicherweise nicht beobachten, aber bei der Rückkehr zum Stall kommt der Gaul in einer Entfernung von hundert Metern an der Mauer vorbei. Ich beobachtete Buncher, als er das Pferd zum Stall zurückführte. Dabei sah ich mich zufällig um und entdeckte unseren Zahlmeister. Er saß mit einem Feldstecher oben auf der Umfassungsmauer.«

      Sir George sah düster drein und runzelte die Stirn.

      »Er hat uns schon lange im Verdacht. Erinnern Sie sich noch, was er alles sagte, als wir auf den Dampfer kamen? Er meinte, es sei doch sehr zu bedauern, daß El Rey zu einem Gestüt geschickt würde, da er noch so manches Rennen gewinnen könnte. Der hat damals schon etwas gemerkt. Und nun ist er hergekommen, um sich von der Richtigkeit seiner Vermutung zu überzeugen. Was haben Sie denn gemacht?«

      Toady warf sich in die Brust.

      »Ich habe vor allem nicht den Kopf verloren«, erwiderte er stolz. »Ich sah nur einen Augenblick zu ihm auf und war sofort auf der Höhe. In solchen Momenten der Gefahr stehe ich immer meinen Mann.«

      »Reden Sie nicht soviel von sich selbst«, entgegnete Sir George ärgerlich. »Ich will wissen, was passiert ist. Was Sie in gefährlichen Augenblicken machen, weiß ich zur Genüge. Ich habe da meine bösen Erfahrungen mit Ihnen.«


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