PANDORA (Shadow Warriors). Stephen England
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Mossad-Hauptquartier, irgendwo im Norden von Tel Aviv, 16:09 Uhr Ortszeit
»Wie hoch schätzen Sie unsere Erfolgsaussichten ein, Lieutenant?«
Der junge Mann hob langsam den Kopf und sah dem Chef des Mossad in die Augen. »Mein Vater war ein Rabbi, Sir«, antwortete Gideon schließlich. »Er brachte mir bei, niemals zu wetten.« Der Hauch eines Lächelns huschte über sein Gesicht. »Aber so, wie die Chancen hier stehen, käme ich noch nicht einmal in Versuchung.«
»Ich kannte Ihren Vater, Gideon«, antwortete General Shoham. »Er war Kaplan meiner Einheit in den Golanhöhen.«
»Er hat oft von Ihnen gesprochen, Sir.« Lieutenant Laner widmete sich wieder dem ihm vorliegenden Fall. »Sie wollen mit der Mission heute Nacht beginnen?«
Der Chef des Mossad sah auf seine Armbanduhr. »Das ist korrekt, Lieutenant. Neun Stunden von jetzt an. Ich will Sie und Ihr Team noch vor Tagesanbruch am Boden haben, im Iran.« Seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. »Können Sie das schaffen?«
»Ich denke schon, Sir. Die Sache ist ziemlich knapp. Kaum Zeit, um sich vorzubereiten.«
»Ich weiß, Lieutenant. Aber es lässt sich nicht ändern. Die AC-130-Hercules-Transportmaschine wird Sie vierzig Kilometer vor dem Ziel absetzen. Sie werden die beiden schnellen Angriffsfahrzeuge benutzen, um vor Ort zu gelangen. Der Plan ist relativ einfach: Sie greifen gezielt an, retten Dr. Tal, zerstören die iranischen Kommunikationseinrichtungen und begeben sich zum Extraktionspunkt.«
»Was ist mit den anderen Archäologen?«
»Sie werden nicht genügend Platz in dem Hubschrauber haben, der sie rausholt«, erwiderte der General und musterte Laner dabei aufmerksam. »Ihre Mission lautet, unsere Männer herauszuholen. Das ist alles.«
Gideon blinzelte nicht einmal. »Verstanden, Sir. Ich stelle mein Team zusammen.«
Flughafen Q-West, Nord-Irak, 17:27 Uhr Ortszeit
»In Ordnung, Direktor. Ich verstehe. Auf Wiederhören.« Harry schob das TACSAT-Satellitentelefon in seine Hemdtasche und kehrte zu den Baracken zurück. Kranemeyers letzte Worte hallten ihm noch in den Ohren.
Viel Glück.
Sie würden weitaus mehr als nur Glück benötigen, wenn sie die nächsten Stunden überleben wollten. Er öffnete die Tür. Tex lag auf dem Rücken in einer der Kojen und schien zu schlafen.
Es verstrich ein kurzer Augenblick, dann öffnete er eines seiner Augen und musterte Harry vorsichtig.
»Wo ist der Rest des Teams?«, fragte Harry.
»Drüben am Hangar. Sie laden die Ausrüstung wieder in den Huey zurück. Was ist los?«
Harry lief zu seinem Spind und holte den Teil der Ausrüstung daraus hervor, den er mitnehmen würde. »Ich habe gerade mit Kranemeyer gesprochen«, sagte er schließlich. »Es geht los.«
Tex rollte sich aus der Koje und richtete sich auf. Er war einige Zentimeter größer als Harry.
Während seiner Zeit bei den Marines wäre er beinahe als Force Recon Soldat abgelehnt worden. Er würde ein zu großes Ziel abgeben, hieß es. Doch nach Afghanistan stellte niemand mehr die Tauglichkeit des Hünen infrage. Von da an ließ man ihn einfach nur in Ruhe.
»Bleibt's bei deinem Plan?«
Harry nickte langsam und sah seinem Freund in die Augen. »Was hältst du von Davood?«
»Er war in meinem Sprengstoff-Kurs«, antwortete Tex und zuckte mit den Schultern. »Aber das heißt nichts.«
»Verstehe.«
»Er kann gut mit Sprengstoffen umgehen«, überlegte der Texaner nach einer Weile des Schweigens. »Einer meiner besten Schüler.«
»Freut mich zu hören.«
»Aber in der Farm gut zu sein und im Einsatz zu taugen sind zwei Paar Schuhe. Er war noch nie bei einer Mission dabei.«
Harry sah seinem alten Freund fest in die Augen. »Ich weiß. Tu mir einen Gefallen und lass ihn nicht aus den Augen …«
Hauptquartier des Sajeret Matkal, Israel, 16:59 Uhr Ortszeit
Die beiden schnellen Angriffsfahrzeuge, oder FAVs, wie man sie üblicherweise nannte, waren im Prinzip nichts weiter als umgebaute Buggys. Stark umgebaut, denn keiner der handelsüblichen Strandbuggys verfügte über ein Kaliber-.50-Maschinengewehr auf der Beifahrerseite. Jedes FAV bot maximal drei Personen Platz und war mit drei Maschinengewehren und zwei kleineren Panzerabwehr-Raketenwerfern ausgestattet.
Auf ebenem Gelände konnten sie bis zu hundertdreißig Stundenkilometer erreichen. Aber dort, wo sie jetzt zum Einsatz kamen, würde es keinerlei ebenes Gelände geben. Gideon kehrte den Fahrzeugen den Rücken zu und wandte sich an seine Männer.
»Nimm die Raketenwerfer ab, Yossi«, befahl er dem Mann, der im Gazastreifen bereits als sein Fahrer fungierte. »Das ist nur Ballast.«
Yossi Eiland quittierte den Befehl mit einem Grinsen. Der kleine, bullige, siebenundzwanzigjährige Jude war Rennfahrer in Frankreich gewesen, bevor er nach Israel auswanderte und dort in die Armee eintrat. Er würde das führende FAV steuern.
»Schon dabei, Boss.« Er pflückte sich die Zigarette von seinen Lippen, warf sie auf den Boden und zerdrückte sie mit seinen Stiefeln auf dem Betonboden.
Gideon musterte den Rest seines Teams. Da war Chaim Berkowitz, vierundzwanzig Jahre alt, ihr Scharfschütze. Ein langer, schlanker, junger Mann, dessen Name übersetzt Leben bedeutete.
Nicht hätte unpassender sein können. Todesengel kam der Sache viel näher. Aber er erledigte seinen Job und deshalb hatte ihn Gideon ausgewählt.
Das dritte Teammitglied beugte sich gerade über den FAV und half Yossi dabei, den Raketenwerfer von der Verankerung zu schrauben. Sein Name war Nathan Gur. Als Jüngster des Teams hatte er im vergangenen Jahr zusammen mit Gideon in der Bekaa-Ebene verweilt, als Teil einer amerikanisch-israelischen Gemeinschaftsoperation.
Keinen seiner Männer schien der kurzfristige Einsatz aus der Fassung zu bringen. Sie waren an den Druck gewöhnt, oftmals übereilt zu einer Mission aufbrechen zu müssen. Nicht selten blieben ihnen nur Stunden, bis ein Terrorist seinen Aufenthaltsort wechselte. Die Stimmung ließ sich sogar als entspannt bezeichnen.
Doch das würde sich schon sehr bald ändern.
Flughafen Q-West, Nord-Irak, 20:32 Uhr
Thomas Parker sah auf seine Uhr. Noch fünf Stunden. Er legte die Bürste beiseite und begann, die Einzelteile seines 7.62mm-SV-98-Scharfschützengewehrs wieder zusammenzusetzen. Das war nicht seine Lieblingswaffe, aber sie würde genügen. Solange es keine amerikanischen Fabrikate waren – denn die kamen für ihn überhaupt nicht infrage.
Er montierte das Zielfernrohr wieder auf die Waffe und bürstete eine dünne Schicht Staub von der Linse. Der Sand schien hier beinahe alles zu durchdringen.
Das Zielfernrohr war keine Standard-Ausführung. Es stammte von einem amerikanischen Hersteller, dessen Name an der Seite sorgfältig abgeschliffen worden war. Es ermöglichte ihm eine zehnfache Vergrößerung und war mit einer Nachtsichtfunktion ausgestattet. Mehr als er benötigte, aber mit dieser Waffe hatte er schon über eintausendfünfhundert Yards hinweg ins Schwarze getroffen.
Das war die Waffe, die er in Aserbaidschan bei sich getragen hatte. Ein weiterer Grund, warum er sie nicht sonderlich mochte.
Er richtete sich auf, ließ die zusammengesetzte SV-98 auf seiner