Die Religionsstifter. Walter Vogel

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Die Religionsstifter - Walter  Vogel


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den Gottesnamen Jahwe bzw. über die diesem Namen zugrunde liegenden vier Konsonanten JHWH gibt es zahlreiche Abhandlungen, weswegen an dieser Stelle auf eine ausführliche Darstellung verzichtet wird. JHWH war als „Gottheit in südlichen Wüstengebieten zu Hause“ (Brandscheidt, Sp. 712). Wie bereits erwähnt, gibt es Gründe für die Annahme, dass Mose diesen Namen bei den Midianitern kennen gelernt hatte.

      Die Bibel berichtet weiter unten von einem längeren Hin und Her zwischen Mose und Gott. Am Ende dieser Erzählung findet sich wieder ein interessantes biografisches Detail:

      Doch Mose sagte zum Herrn: Aber bitte, Herr, ich bin keiner, der gut reden kann, weder gestern noch vorgestern, noch seitdem du mit deinem Knecht sprichst. Mein Mund und meine Zunge sind nämlich schwerfällig … Da entbrannte der Zorn des Herrn über Mose und er sprach: Hast du nicht noch einen Bruder, den Leviten Aaron? Ich weiß, er kann reden … Sprich mit ihm und leg ihm die Worte in den Mund! Ich aber werde mit deinem und seinem Mund sein, ich werde euch anweisen, was ihr tun sollt, und er wird für dich zum Volk reden. Er wird für dich der Mund sein und du wirst für ihn Gott sein.

      Ex 4,10–16

      Dieser Bericht lässt darauf schließen, dass Mose scheinbar trotz seiner vornehmen Erziehung nicht der geborene Redner war. Im Gegenteil: Das Reden fiel ihm schwer. Offen bleibt allerdings, welche Form der Schwerfälligkeit in seiner Sprache lag: Hatte er einen Sprachfehler oder fiel es ihm nur schwer, mit den Israeliten in deren Muttersprache zu sprechen, die möglicherweise nicht die seine war? Gegen letztere Vermutung spricht die Tatsache, dass Aaron für Mose auch beim Pharao das Sprachrohr war. In Ex 7,2 spricht Gott zu Mose:

       Du sollst alles sagen, was ich dir auftrage; dein Bruder Aaron soll es dem Pharao sagen …

      Ex 7,2

      Aaron wurde also zum Sprecher für seinen Bruder Mose, der von Gott berufen war. Dennoch sind auch Stellen belegt, in denen Mose allein zum Volk oder zum Pharao sprach, in der Regel redete jedoch Aaron.

      Spätere Erklärungen für einen Sprachfehler sehen eine Verletzung als den Grund, warum Mose undeutlich sprach. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Koran eindeutig davon ausgeht, dass Mose stotterte:

       Mose sagte: ‚Herr! Weite mir die Brust und mach es mir leicht und löse einen Knoten von meiner Zunge, damit die Leute verstehen, was ich sage! …‘

      Sure 20, 25–28

       Rückkehr nach Ägypten und Exodus

      Der Überlieferung nach begleitete Aaron seinen Bruder Mose auf dem Weg nach Ägypten. Dort unterbreiteten sie gemeinsam den Ältesten und dem Volk der Israeliten die Botschaft, die Mose von Gott empfangen hatte:

      Da glaubte das Volk, und als sie hörten, dass der Herr sich der Israeliten angenommen und ihr Elend gesehen habe, verneigten sie sich und warfen sich vor ihm nieder.

      Ex 4,31

      Wie Mose es anlegte, den Pharao davon zu überzeugen, das Sklavenvolk frei zu lassen und wie lange Mose in Ägypten mit dem Pharao verhandelte, kann aus dem biblischen Bericht nur vermutet werden. Trotzdem kann man den Schilderungen entnehmen, dass es nicht allzu lange gedauert haben dürfte, maximal einige Wochen oder wenige Monate. Man kann davon ausgehen, dass der Pharao sich gegen die Auswanderungsbestrebungen der Israeliten stellte. Dies würde auch erklären, warum er den Befehl gab, ihnen noch schwerere Arbeiten aufzulasten:

      Am selben Tag noch gab der Pharao den Antreibern der Leute und den Listenführern die Anweisung: Gebt den Leuten nicht mehr, wie bisher, Stroh zum Ziegelmachen! Sie sollen selber gehen und sich Stroh besorgen. Legt ihnen aber das gleiche Soll an Ziegeln auf, das sie bisher erfüllen mussten. Lasst ihnen davon nichts nach! Denn sie sind faul, und deshalb schreien sie: Wir wollen gehen und unserem Gott Schlachtopfer darbringen.

      Ex 5,6–9

      Beschrieben werden zehn Plagen bzw. Katastrophen, von denen Ägypten heimgesucht wurde. Konkret handelte es sich nach biblischem Bericht um folgende Plagen (Ex 7–11):

      1) Nilwasser wird zu Blut

      2) Frösche

      3) Stechmücken

      4) Ungeziefer

      5) Tierseuche

      6) Geschwüre bei Menschen und Tieren

      7) Hagel

      8) Heuschrecken

      9) Dreitägige Finsternis

      10) Tod aller Erstgeburten

      Der Pharao entzog sich mehrfach dem Versprechen, das israelitische Volk in die Freiheit zu entlassen. Nach der zehnten Plage jedoch, bei der auch sein ältester Sohn gestorben sein soll, war es endlich soweit, und die Israeliten durften wirklich aus Ägypten ausziehen:

      Der Pharao ließ Mose und Aaron noch in der Nacht rufen und sagte: Auf, verlasst mein Volk, ihr beide und die Israeliten! Geht und verehrt Jahwe, wie ihr gesagt habt. Auch eure Schafe, Ziegen und Rinder nehmt mit, wie ihr gesagt habt. Geht und betet auch für mich! Die Ägypter drängten das Volk, eiligst das Land zu verlassen, denn sie sagten: Sonst kommen wir noch alle um.

      Ex 12,31–33

      Mose führte sein Volk, das bereits gut auf den Auszug vorbereitet war, aus Ägypten heraus in ein Schilfmeer. Der biblische Bericht spricht von 600.000 Männern (Ex 12,37). Hochgerechnet wären das inklusive Frauen und Kinder rund drei Millionen Personen gewesen. Diese Zahl ist mit Sicherheit viel zu hoch. Es ist auch hier anzunehmen, dass es sich um eine Symbolzahl handelt, deren genaue Bedeutung heute nicht mehr bekannt ist. Drei Millionen Menschen mit Tieren und Gepäck hätten einen Konvoi von rund 1.000 Kilometern Länge gebildet: Die ersten wären schon längst in Kanaan gewesen, wenn die letzten Ägypten verlassen hätten. Geht man davon aus, dass auf der Halbinsel Sinai maximal 5.000 bis 10.000 Nomaden leben konnten, reduziert sich die Maximalzahl der Israeliten deutlich. Möglicherweise waren es sogar weniger als 1.000 Personen – manche Forscher sprechen nur von wenigen Stämmen, die Mose anführte. So dürften auch die in Ri 5,8 und in Jos 4,13 erwähnten 40.000 Männer mehr eine Symbolzahl sein, denn eine reale Mengenangabe.

      Der Auszug aus Ägypten geschah wahrscheinlich nicht unblutig. Laut biblischem Bericht reute den Pharao das Fortgehen der Israeliten und er jagte zusammen mit einer großen Streitmacht hinter dem ausziehenden Volk her. Auf sein Flehen hin sprach Gott zu Mose:

      Heb deinen Stab hoch, streck deine Hand über das Meer und spalte es, damit die Israeliten auf trockenem Boden in das Meer hineinziehen können … Mose streckte seine Hand über das Meer aus, und der Herr trieb die ganze Nacht das Meer durch einen starken Ostwind fort. Er ließ das Meer austrocknen und das Wasser spaltete sich. Die Israeliten zogen auf trockenem Boden ins Meer hinein, während rechts und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand. Die Ägypter setzten ihnen nach; alle Pferde des Pharao, seine Streitwagen und Reiter zogen hinter ihnen ins Meer hinein … Darauf sprach der Herr zu Mose: Streck deine Hand über das Meer, damit das Wasser zurückflutet und den Ägypter, seine Wagen und Reiter, zudeckt … Das Wasser kehrte zurück und bedeckte Wagen und Reiter, die ganze Streitmacht des Pharao, die den Israeliten ins Meer nachgezogen war. Nicht ein Einziger von ihnen blieb übrig. Die Israeliten aber waren auf trockenem Boden mitten durch das Meer gezogen, während rechts und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand. So rettete der Herr an jenem Tag Israel aus der Hand der Ägypter. Israel sah die Ägypter tot am Strand liegen.

      Ex 14,16–30

      Damit war die jahrelange Knechtschaft der Israeliten in Ägypten beendet. Der Auszug oder Exodus, von dem im gleichnamigen Buch des Pentateuch berichtet wird, zählt zu den wichtigsten Ereignissen der jüdischen Glaubensgeschichte, ist aber auch für Christen und für Muslime von zentraler Bedeutung.

       Die Jahre der Wanderung und der


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