Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.Scheinkranken mit ihren Zipperlein bestimmt angebracht ist. Nur bei meinen Patienten, da kommt sie damit net weit. Die mögen’s eben net so, wie sie es macht.«
»Ja, wie macht sie es dann?« fragte Toni verwundert.
»Ihr will zum Beispiel net in den Kopf, wie es hier üblich ist, daß man die Leut anspricht und auch selbst angesprochen wird. Man sagt eben Bäuerin oder Bauer, Burgerbauer und Burgerbäuerin. Sie will des einfach net machen. Sie sagte immer Frau Burger und Herr Burger. Sie korrigierte auch jeden, der sie duzte und mit Vornamen ansprach. Des hat die Leut verärgert. Sie haben sie es deutlich spüren lassen. Sie kamen weiterhin zur Sprechstunde, setzten sich ins Wartezimmer, ohne mit ihr zu reden oder sich bei ihr anzumelden. Sie stellten sich einfach tot, wie man sagt. Dann lehnten sie jede Assistenz von ihr ab. Sie durfte ihnen nicht einmal den Blutdruck messen. Da hat sie mir heute morgen gesagt, daß sie lieber wieder gehen will. Sie hat den Eindruck, daß sie doch net so nach Waldkogel paßt.«
»Wenn des so is, wie du es geschildert hast, Martin, dann mußt du sie gehen lassen. Sonst ist man dir auch noch böse. Des bringt dir nix.«
Martin seufzte. Er schaute Karin an.
»Ich will net um den heißen Brei rumreden, Karin. Aber die Patienten fragen alle nach dir.«
Er war etwas verlegen.
»Hast du denn schon Pläne gemacht? Du wolltest dir doch eine neue Stelle im Krankenhaus suchen, bei uns hier in der Nähe. Hast du schon eine gefunden?«
»Nein, Martin!«
»Des ist mehr als gut. I will dir nämlich die Stelle als meine Sprechstundenhilfe anbieten. Das will i machen, net nur als Aushilfe. Könntest net wieder kommen und dann auch für Dauer bleiben. I kann dir natürlich net so viel bezahlen, wie du im Krankenhaus verdienen würdest. Aber die Mieten sind hier auch net so hoch, da gleicht sich das wieder aus, mit dem Verdienst. Also was is, Karin? Willst net dauerhaft bei mir anfangen? Des wäre sehr schön. I würd mich freuen. Zu der eigentlichen Arbeit muß i ja nichts sagen. Du weißt ja, was zu tun ist. Also wie is es, Karin?«
Die Augen aller waren erwartungsvoll auf Karin gerichtet.
»Das muß ich mir überlegen. Ich kam ja gut mit den Leuten aus. Die Arbeit hat mir auch Freude gemacht.«
»Was gibt es da noch zu überlegen?« fragte Toni überrascht.
Karin überlegte.
»Wann sollte ich dann anfangen?«
»Bald! Am liebsten sofort. Aber wenn du erst in ein oder zwei Wochen beginnen willst, dann is mir des auch recht.«
»Karin warf Anna einen Blick zu.
»Also, wenn Karin wirklich fest bei dir anfangen soll, dann braucht sie die Zeit noch. Sie muß sich eine Wohnung suchen und einrichten. Das geht nicht so einfach von heute auf morgen.«
»Wenn es daran liegt, dann hänge ich einen Zettel in der Praxis aus. Ich kann auch unseren Bürgermeister fragen und den Pfarrer. Vielleicht wissen die, wo es auf einem Hof eine kleine Wohnung gibt«, erklärte Martin. »Wenn es sich herumspricht, daß die Karin in Waldkogel bleiben will, dann findet sich bestimmt etwas. Da bin ich mir ganz sicher.«
»Die meisten kleinen Wohnungen, die es auf den Höfen gegeben hatte, die die früher als Altenteil genutzt wurden, sind jetzt meistens Ferienwohnungen. Aber vielleicht weiß der Albert Weißgerber etwas. Als Sägewerkbesitzer kennt er alle, die gerade beim Bauen oder am Ausbau sind«, bemerkte Toni.
»Toni, deine Eltern könnten im
Gastraum auch einen Zettel aufhängen.«
»Das ist eine prima Idee!« lobte Toni Anna.
»Ich habe noch nicht endgültig ja gesagt«, wehrte sich Karin.
»Bis wann kannst du mir die Antwort geben?«
Karin atmete tief durch.
»Ich werde dich morgen oder übermorgen anrufen. Ich muß mir das gründlich überlegen, Martin.«
Martin war verlegen. Er wurde sogar etwas rot.
»I hoffe, daß du mir die Sache net nachträgst, daß i dich immer ein bisserl geärgert habe. Du weißt schon, weil du jeden Tag vor der Praxis und jeden Abend nach der Sprechstunde noch zum Victor gegangen bist.
Da habe i dich doch etwas aufgezogen.«
»Schon gut, so zartbesaitet bin ich nicht. Das mußt in Zukunft aber bleiben lassen. Ich bin dann eine Zugereiste und muß auf meinen Ruf achten.«
»Klingt, als würdest du zusagen!«
Karin atmete tief durch. Sie lief hinaus auf die Terrasse. Dort blieb sie stehen und schaute in die Ferne zu den Berggipfeln.
Was habt ihr gemacht, ihr Berge?
Ist das der Weg, mich hier zu behalten?
Anna kam ihr nachgelaufen. Sie stellte sich neben Karin und legte den Arm um ihre Schulter.
»Wo ist das Problem? Du würdest doch gerne hierbleiben in Waldkogel oder?«
»Ja, Anna! Ich würde wirklich gerne hierbleiben. Die Berge sind so wunderschön. Ich fühle, wie die Berge mich fesseln. Sie lassen mich nicht mehr los. Wenn ich nein sage und fortgehe, dann leide ich bestimmt an Sehnsucht und Heimweh. Diese Stille, diese Schönheit, die Ruhe, die von den Bergen ausgeht, ist so wunderbar. Ich könnte oft zu dir und Toni auf die Berghütte kommen. Ich wäre nicht so ganz allein, wie in einer fremden Stadt.«
»Du wärst ganz bestimmt nicht allein. Fast alle Waldkogeler kennen dich. Sie helfen dir bestimmt, eine kleine Wohnung zu finden.«
Alois, der am anderen Ende der Terrasse saß, winkte die beiden jungen Frauen heran.
»Des mit der Wohnung is schon gelöst. Karin, i hab’ ja drunten im Dorf noch mein kleines Häuschen. Des is leer. I mein, da wohnt niemand drin. I bin ja immer bei der Anna und dem Toni hier auf der Berghütte. Wenn du willst, dann kannst dort wohnen. Miete mußt mir keine bezahlen. I bin froh, wenn jemand im Haus ist.«
»Das ist eine famose Idee, Alois.« Anna war begeistert. »Dafür könnte ich dir um den Hals fallen.«
Der alte Alois schmunzelte.
»Dann leg dir keine Zurückhaltung auf. Mußt net denke, das i so eine Umarmung in meinem hohen Alter ablehnen tue.«
Anna lachte herzlich und schloß Alois in seine Arme.
»Wo ist das Haus, Alois?«
»Des ist leicht zu finden. Gar net weit vom Reichler Hof entfernt. Übrigens, dem Victor seine Mutter hat den Schlüssel. Sie geht ab und zu hin und tut lüften und schaut, daß alle in Ordnung ist.«
Karin erschrak und griff nach Annas Hand.
»Ich besorge den Schlüssel und bringe dich hin, Karin«, beruhigte Anna Karin sofort. »Es ist ein schönes Häuschen. Der Alois hat nur die unteren Räume bewohnt. Die Zimmer oben unter dem Dach sind leer.«
»Ja, das is so. In den drei Zimmern und der Küche oben, da hat einer meiner Buben gewohnt. Dann hat er gebaut und is ausgezogen. I habe die Zimmer nicht mehr möbliert. I hab’ die Räum net gebraucht. Da kannst dich gut einrichten. Ein kleiner Garten is auch dabei.«
»Na dann! Sage schon ja, Karin! Ich würde mich so freuen, wenn du in Waldkogel bleiben würdest.«
Karin atmete tief durch und nickte. Sie ging hinein in die Berghütte.
»Martin, das geht in Ordnung! Ich fange bei dir an.«
»Des is ein Wort.«
Martin streckte die Hand aus und Karin schlug ein.
»Ich will mich aber erst einrichten und meine Sachen holen.«
»Stell dir vor, Toni, der Alois hat Karin die Wohnung gegeben, oben unter dem Dach bei ihm im Haus.«
»Des is eine famose Idee. Dann is jemand