Butler Parker 104 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker 104 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Butler Parker – 104 –

      Günter Dönges

      Parker und die Rocker von Blackpool

      Sie trug einen Bikini und lag im weißen Sand des langen Küstenstreifens. Die junge Frau war fünfundzwanzig Jahre alt, schlank und langbeinig. Sie hatte kupferrotes Haar und genoß die warme Sonne über der Irischen See. Nicht weit von ihr entfernt spielten einige junge Männer Fußball. Sie trugen Badeshorts oder Jeans und benahmen sich geradezu rüde. Sie kickten hemmungslos und johlten vor Vergnügen, wenn der Ball auf den anderen Badegästen landete. Doch die Leute muckten kaum auf. Es handelte sich um kinderreiche Familien, die im Seebad Lytham St. Annes Erholung suchten. Die Väter spürten wohl instinktiv, daß die jungen Männer nur Streit suchten, ängstliche Mütter drängten bereits zum Aufbruch und sammelten ihre Kinder. Die Sonne über der See und dem Strand wurde von der Angst verdrängt.

      Der Fußball landete inzwischen auf dem Bauch eines Mannes mit ausgeprägter Korpulenz.

      Er lag auf einem Frotteelaken und trug eine Sonnenbrille.

      Der Mann richtete sich auf und war ärgerlich. Er warf den Ball gereizt zum Wasser und legte sich wieder nieder. Dann griff er nach der Zeitung, die an ihrem Platz lag, und merkte einige Sekunden später, daß er wohl als Opfer auserkoren war.

      Fünf junge Männer hatten sich um ihn herum aufgebaut und schaufelten mit nackten Füßen kleine Sandladungen auf seinen Bauch. Dabei johlten sie nicht mehr vor Vergnügen, ihre Gesichter waren ernst.

      „Was soll denn der Unsinn?“ Der korpulente Mann richtete sich auf und fegte den Sand von seinem Körper.

      „Hol den Ball zurück, Dicker“, sagte einer der jungen Männer, die durch die Bank etwa zwanzig Jahre alt sein mochten.

      „Das soll doch wohl ’n Witz sein, wie?“ Der Mann, vielleicht fünfzig Jahre alt, sah die Meute verächtlichbelustigt an.

      „Hol den Ball, Dicker“, sagte der Wortführer der fünf jungen Männer.

      Er trat mit der linken Ferse flach gegen den Sand, der hochspritzte und im Gesicht des Badegastes landete. Der Getroffene wischte sich ohne Hast den Sand aus dem Gesicht.

      „Verschwindet, Boys“, sagte er ohne jede Erregung. „Laßt Dampf ab und benehmt euch anständig!“

      „Er begreift nicht“, kommentierte der Wortführer, bückte sich, griff mit beiden Händen tief in den Sand und wollte ihn ins Gesicht des massigen Mannes werfen.

      Doch er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht, wie sich Sekunden später zeigte!

      Der Dicke entwickelte plötzlich eine Schnelligkeit, die man ihm niemals zugetraut hätte. Er trat mit dem rechten Fuß zu, traf die Kniescheibe des Rüpels und fällte ihn. Der Getroffene brüllte, landete auf dem Rücken und hielt sich das Knie.

      Für die übrigen vier Burschen war damit das Zeichen des Angriffs gegeben.

      Sie stürzten sich auf den dicken Mann, doch sie erlebten eine fast schon brutale Abfuhr.

      Der Badegast war erstaunlich beweglich, stand bereits auf seinen kurzen Beinen und wehrte sich. Er verteidigte sich mit Schlägen, die die jungen Männer nicht kannten und die sie fast wehrlos einstecken mußten. Die Handkante des Fünfzigjährigen war eine harte Waffe, die Oberarme, Kinnwinkel und Halsadern traf. Innerhalb weniger Sekunden lagen die restlichen vier jungen Männer ebenfalls im Sand und verstanden die Welt nicht mehr.

      Familien und Kinder umstanden den Kampfplatz und gönnten den Rüpeln diese eindeutige Niederlage.

      Der massige Mann nahm sein Badetuch, wischte sich den Sand aus dem Haargestrüpp seiner Brust und ging, als sei überhaupt nichts passiert. Er kümmerte sich nicht weiter um die fünf jungen Männer, die mit ihrem Schicksal haderten und nicht wußten, was sie tun sollten.

      Humpelnd räumten sie das Feld, verfolgt von verständlicherweise schadenfrohen Blicken und Kommentaren. Ihren Wortführer mußten sie dabei fast tragen, denn das Knie des jungen Mannes ließ sich nicht bewegen.

      Die junge, rothaarige Frau hatte diese Szene beobachtet, ohne sich dabei aufzurichten.

      Der dicke Mann mit den kurzen Beinen kam dicht an ihr vorbei und blieb unwillkürlich einen Moment stehen, als er die weibliche Attraktion im Bikini vor sich sah.

      Die junge Frau sah in ein breitflächiges Gesicht mit einer kurzen, plattgedrückten Nase. Die Augen in diesem Gesicht waren kalt und ausdruckslos.

      Sie musterten die junge Frau schnell und intensiv und schätzten ihren Körper ab wie eine Ware, ohne dabei aufdringlich oder gar zweideutig zu wirken. Dann wandte der Mann sich ab und ging weiter. Er verließ den Strand und steuerte zu den Umkleidekabinen, wo er von zwei Männern erwartet wurde, die ihn die ganze Zeit über wohl im Auge behielten. Sie traten zur Seite, als der dicke Mann in einer Kabine verschwand, zündeten sich Zigaretten an und langweilten sich in gespannter Lässigkeit.

      Die junge Frau im Bikini hatte die beiden jungen Männer sofort richtig eingestuft. Es mußte sich um Profis aus einer Branche handeln, die in der Unterwelt beheimatet war.

      *

      Josuah Parker verließ den Wohnwagen, rückte die schwarze Melone zurecht und legte den Bambusgriff seines altväterlich gebundenen Regenschirms korrekt über den linken Unterarm.

      Er sah sich ein wenig konsterniert um und begriff nicht, wie man sich hier wohl fühlen konnte.

      Er war in einer kleinen Stadt, die praktisch nur aus Wohnwagen aller Größen bestand. Sie parkten wohlgeordnet an mit weiß gekalkten Steinen abgegrenzten Straßen und verbreiteten eine Monotonie, die den Butler fast körperlich schmerzte. Die Zwischenräume, die die Wagen voneinander trennten, betrugen stets nur wenige Meter. Hier lebte man hautnah nebeneinander.

      Es handelte sich um eine jener typischen Wohnwagenstädte, wie man sie an der Westküste der Insel immer wieder antraf. Diese Wohnwagensiedlung lag am Ribble, der in der Nähe von Blackpool in die Irische See mündet.

      Der Butler hatte hier einen Höflichkeitsbesuch absolviert.

      Ein ihm bekannter Kollege, der sich aus Gesundheitsgründen für ein Jahr aus dem Beruf zurückgezogen hatte, um sich zu erholen, hatte ihn gebeten, sich für ihn zu verwenden und ihm eine neue Anstellung zu besorgen. Parker war von Liverpool aus angereist und hatte seinem Kollegen tatsächlich helfen können. Sein Bekannter konnte in den nächsten Wochen eine Stelle in Edinburgh antreten. Dank Parkers Verbindungen innerhalb des englischen Hochadels war das für ihn eine Kleinigkeit gewesen.

      Der Butler beeilte sich, um zum vereinbarten Treffpunkt zu kommen.

      Er wollte diese für seine Begriffe scheußliche Ansammlung von Wohnwagen so schnell wie möglich verlassen. Es galt, Kathy Porter vom Strand abzuholen und dann zurück ins Hotel zu fahren, wo Lady Agatha Simpson Zwischenstation machte. Gegen Abend sollte die Heimfahrt nach London angetreten werden.

      Parker hatte an diesem frühen Nachmittag einiges Pech. Und das hing mit fünf jungen Männern zusammen, die verzweifelt nach einem geeigneten Opfer Ausschau hielten. Nach der Blamage am Strand brauchten sie ein Erfolgserlebnis, um ihr angeschlagenes Selbstvertrauen wiederzugewinnen.

      Sie kamen aus einer der vielen schmalen Wohnwagenstraßen, entdeckten den Butler und wußten, daß sie sich an diesem Mann abreagieren konnten.

      Der Bursche mit der verkorksten Kniescheibe blieb zurück und lehnte sich gegen einen Wohnwagen. Die vier Partner aber marschierten schnurstracks auf den Butler zu, der wirklich nicht ahnte, was da auf ihn zukam.

      Die Männer benahmen sich nämlich zuerst völlig normal, um dann allerdings, als sie Parkers Höhe erreicht hatten, über ihn herzufallen.

      Der Butler ärgerte sich später ausgiebig darüber, daß sein inneres Alarmsystem sich nicht gemeldet hatte. Er wurde völlig überrascht und mußte Federn lassen, um es vornehm zu umschreiben. Die vier Kerle droschen auf ihn ein und benutzten dazu Kabelenden und Totschläger. Sie konzentrierten ihre ganze Wut auf den unschuldigen Josuah Parker.

      Wohnwagentouristen in der Nähe setzten sich schleunigst ab und wollten mit der ganzen Sache nichts zu tun haben. Parker mußte


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