Nur ein Hauch von Liebe. Barbara Cartland

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Nur ein Hauch von Liebe - Barbara Cartland


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das doch jemand aus Ronalds Familie hören könnte“, flüsterte Tamara.

      “Miss Selincourt, verzeihen Sie mir die Bemerkung, aber Sie sollten keine alten Fehden neu aufkommen lassen, wenn Sie den Herzog kennenlernen. Das wichtigste ist, daß er sich um die drei Waisen kümmert und deren Erziehung übernimmt.“

      “Und wenn er sich weigert?“ fragte Tamara. “Das ist doch durchaus möglich. Meine Schwester war schließlich die Mutter der Kinder.“

      “Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Herzog Kinder hungern läßt, die den Namen Grant tragen“, entgegnete Mr. Lawson. “Sie müssen bloß denken, daß der alte Herzog trotz seines Zorns auf Lord Ronald die Apanage nicht gestrichen hat.“

      “Schon, aber Ronald bekam durch all die Jahre hindurch nicht einen Cent mehr als damals, als er noch studierte.“

      “Trotzdem war die vierteljährliche Summe, die der Herzog überwies, beachtlich“, sagte der Anwalt.

      “Falls Sie glauben, daß ich auch nur eine Spur von Dankbarkeit für diese Familie empfinde, muß ich Ihnen sagen, daß das nicht der Fall ist“, sagte Tamara. “Und was den Bruder Ronalds anbelangt, nach allem, was ich über ihn gehört habe ...“

      Tamara stieß einen kleinen Schrei aus und schlug eine Hand vor den Mund.

      “Was haben Sie denn?“ fragte Mr. Lawson.

      “Mir fällt gerade ein ... ich habe bis jetzt gar nicht daran gedacht, aber ich kann die Kinder nicht zum Herzog von Granchester schicken. Das heißt, wenn sie dorthin gebracht werden, kann ich nicht mitgehen.“

      “Wieso?“ fragte der Anwalt.

      “Weil er die Hauptfigur in meinem neuen Roman ist.“

      “Wer? Der Herzog?“

      Tamara legte die Hand an die Stirn, als helfe ihr das, klar zu denken.

      “Sie haben doch mein erstes Buch gelesen, nicht wahr? Es ist zwar eine Art Märchen, aber ein recht satirisches Märchen.“

      “Natürlich habe ich es gelesen und fand es sehr amüsant und originell“, sagte Mr. Lawson.

      “Den zweiten Roman würden Sie bestimmt nicht mehr als amüsant bezeichnen“, erklärte Tamara mit einem schwachen Lächeln. “Es ist die Geschichte eines gottlosen, gehässigen, unsympathischen Mannes. Die Geschichte von Ronalds Bruder.“

      “Aber Sie haben ihn doch nie gesehen und kennen ihn überhaupt nicht.“

      “Ronald hat mir viel von ihm erzählt, und die Zeitungen schreiben ja auch dauernd von ihm. Ich habe mir jedes Detail gemerkt.“

      “Und Sie glauben, daß sich der Herzog in der Romanfigur wiedererkennt?“ fragte Mr. Lawson. “Wenn das der Fall ist, kann er Sie wegen öffentlicher Verleumdung verklagen.“

      “Ich glaube kaum, daß er auf die Idee kommt, er könnte gemeint sein“, entgegnete Tamara. “Wahrscheinlich bekommt er das Buch gar nicht in die Hände, geschweige denn, daß er es liest, aber ...“

      Sie brach ab.

      “Woraus könnte der Herzog entnehmen, daß die Hauptfigur Ihres Romans er selbst ist?“ fragte der Anwalt.

      “Schon aus dem Titel“, sagte Tamara. “Ich habe das Buch Die Herzogliche Wespe genannt. Es handelt sich um einen bösen Menschen, der alles um sich herum unglücklich macht, in den teuersten Kutschen herumfährt, die gelb-schwarz gestrichen sind, und seine Dienstboten quält, die gelb-schwarze Livreen tragen.“

      “Also die Farben der Familie Grant“, bemerkte der Anwalt.

      “Genau“, bestätigte Tamara. “Und dann noch viele andere Details, die ich von Ronald weiß, über den Herzog selbst und über das Schloß. Ich habe natürlich auch noch Sachen dazu erfunden. Einen Schwindel beim Pferderennen, der dem Herzog viel Geld einbringt, und dergleichen.“

      Der Anwalt schüttelte den Kopf.

      “Warum haben Sie mich das Buch bloß nicht lesen lassen, ehe Sie es Ihrem Verleger geschickt haben?“ fragte er, einen verzweifelten Ton in der Stimme. “Es bringt Ihnen eine Klage wegen Verleumdung ein, und Sie müssen Unsummen bezahlen.“

      Tamara lachte.

      “Was ich nicht kann, weil ich kein Geld habe“, sagte sie.

      “Dann sperrt man Sie ein.“

      “In dem Fall werde ich zu meiner Verteidigung sagen, daß der Roman der Wahrheit entspricht und man mir deshalb nichts anhaben kann.“

      Mr. Lawson stöhnte.

      “Das alles muß vermieden werden“, entschied er. “Sie setzen sich jetzt hin, und zwar hier und auf der Stelle, schreiben an Ihren Verleger und ziehen das Buch zurück.“

      “Mein Buch zurückziehen?“ wiederholte Tamara. “Ich denke nicht daran.“

      “Sie müssen es tun. Sie werden doch einsehen, daß Ihnen nichts anderes übrig bleibt. Denken Sie an die Kinder. Wenn der Herzog der Mensch ist, für den Sie ihn halten, können Sie es dann verantworten, die Kinder allein zu ihm gehen zu lassen? Ohne Sie wären sie doch todunglücklich, oder?“

      Es folgte Schweigen. Dann kapitulierte Tamara.

      “Sie haben recht“, sagte sie schließlich. “Ich schreibe den Brief.“

      “Ich werde ihn für Sie aufsetzen“, bot sich Mr. Lawson an. “Und morgen früh geht ein Brief an den Herzog ab. Ich werde ihm mitteilen, daß sein Bruder ums Leben gekommen ist und dessen Kinder Anfang nächster Woche bei ihm eintreffen.“

      “So schnell schon?“

      “Wegen Mr. Trevana.“

      “Ach ja ... natürlich.“

      Wieder ging Tamara zum Fenster.

      “Ich finde“, sagte sie, “wenn ich die Kinder schon begleiten muß und Wawa ist noch zu klein und kommt ohne mich bestimmt nicht zurecht -, dann sollte ich vielleicht verschweigen, daß ich Maikas Schwester bin.“

      Mr. Lawson überlegte einen Moment.

      “Vielleicht wäre das tatsächlich besser“, sagte er dann. “Daran habe ich gar nicht gedacht. Sie können ja als ...“

      “Als Gouvernante auftreten“, fiel Tamara dem Anwalt ins Wort. “Dann wird mir der Herzog eventuell Gehalt zahlen, und ich bin nicht total abhängig von ihm.“

      Mr. Lawson sah das Mädchen an. Ein Sonnenstrahl streifte sein Haar und verwandelte es in flammendes Gold.

      Sie wirkt weiß Gott nicht wie eine Gouvernante, dachte er, aber man kann es ja versuchen.

      “Und welchen Namen soll ich dann angeben?“ fragte er.

      “Was Ihnen gerade einfällt“, antwortete Tamara. “Oder – Moment, einen Namen, den sich die Kinder leicht merken können.“

      “Was halten Sie von Miss Wynne?“

      “Perfekt. Ich sage es den Kindern.“

      “Aber ich hoffe, daß Sie nicht versuchen werden dem Herzog den Kampf anzusagen, Miss Selincourt. Es ist wichtig, daß er die Kinder liebgewinnt. Der Herzog ist ein sehr reicher und mächtiger Mann. Wenn er die Kinder ins Herz schließt, stehen ihnen Tür und Tor offen.“

      “Ich glaube eher, daß er uns alle samt und sonders ablehnt, uns in den entlegensten Teil des Schlosses abschiebt und uns dort vegetieren läßt, bis wir sterben.“

      Mr. Lawson lachte.

      “Den Skandal kann er sich nicht leisten“, sagte er. “Und Skandale scheint der Herzog zu hassen – was man sich so erzählt.“

      “Sicherlich“, entgegnete Tamara. “Aus Angst vor einem Skandal war der alte Herzog ja auch gegen die Heirat seines Sohnes mit einer Schauspielerin.“


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