Karin Bucha Staffel 5 – Liebesroman. Karin Bucha

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Karin Bucha Staffel 5 – Liebesroman - Karin Bucha


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hinüberstarrt.

      Er würde sie wahrscheinlich gar nicht wiedererkennen. Er hat sie sicher vergessen, die Frau, deren Geschäft für Antiquitäten und kunstgewerbliche Arbeiten er vor einem Jahr modern und harmonisch umgestaltet hat. Aber er hat den größten Eindruck bei ihr hinterlassen. Nie hat sie ihn vergessen können. Er war damals besessen von seiner Arbeit und von seiner Liebe zu Marion Wendland.

      Als die hohe Männergestalt verschwunden ist, kehrt sie sich dem Ausgang zu.

      Zwei Jahre, denkt sie! Ich werde auf ihn warten! Vielleicht wird er eines Tages geheilt von seiner Krankheit, die Marion Wendland heißt.

      *

      »Wo bleiben denn meine Koffer?« herrscht Marion Wendland die langsam näherkommende Pensionswirtin an. Wenn man die mollige Frau näher betrachtet, hat man den Eindruck, sie sei aus dem vorigen Jahrhundert übriggeblieben. Alles wirkt altmodisch und verstaubt an ihr. Aber das Herz, das sitzt auf dem rechten Fleck, und sie ist ihren Pensionsgästen weniger Wirtin als Mutter. Sie war es auch zu der eleganten Marion Wendland. Eigentlich nicht ihretwegen, aber um des Mannes willen, mit dem sie verlobt war. Sie hat nun einmal ihr Herz an Ulrich Karsten verloren, in wahrhaft mütterlicher Art. Sie hat seinen Wert, seine Zuverlässigkeit und Treue erkannt.

      Marion Wendland starrt die Wirtin an. »Mein Gott, wie sehen Sie denn aus? Sind Sie krank?«

      »Man kann es auch so nennen«, erwidert die gleichmütig und bleibt in der Tür stehen.

      »Und wo bleiben meine Koffer?« Marions Stimme ist herausfordernd.

      »Die werden Sie sich wohl selbst vom Boden holen müssen«, erwidert Milli Bothe gelassen. »Das Mädchen hat Ausgang, und ich rühre für Sie keinen Finger mehr.«

      Marion Wendland läßt vor Überraschung das Nachthemd aus den Händen gleiten.

      »Was soll denn das heißen?«

      Milli Bothe kreuzt die Arme über der üppigen Brust. Sie ist ganz verändert. Die kleinen, flinken Augen unter dem ergrauten Haar blitzen nur so vor Verachtung. »Ist das so schwer zu begreifen? Ich sagte es bereits. Keinen Finger rühre ich mehr für Sie – Sie –«

      »Erlauben Sie mal«, braust Marion Wendland auf. »Was ist das für ein Ton?«

      Langsam kommt Milli Bothe näher.

      »Ich will Ihnen mal was sagen«, beginnt sie mit zitternder Stimme, die aus einem empörten Herzen kommt. »Bisher habe ich Sie für eine anständige Frau gehalten. Aber seit heute weiß ich, daß Sie eine ganz schäbige Person sind. Schämen Sie sich kein bißchen vor den Leuten?« unterbricht sie ihren Redestrom und macht eine wegwerfende Handbewegung. »Quatsch! Was gehen mich die Leute an. Vor sich selbst müßten Sie sich schämen. Da sitzt ein grundanständiger Mensch auf der Anklagebank – Ihretwegen –«

      Marion Wendland erbleicht und weicht unwillkürlich vor der sich in Fahrt befindlichen Frau zurück.

      »Wie kommen Sie darauf?«

      »Warum haben Sie denn dann nicht gesprochen? Sie sind ja seine Verlob-

      te –«

      »Ich war es, bitte.«

      »Das kann ich mir denken«, höhnt Milli Bothe. »Heute, wo er in der Patsche sitzt, da wollen Sie nichts mehr von ihm wissen. Ich war nicht dabei. Aber ich glaube die Szene förmlich vor mir zu sehen. Sie sind an allem schuld.« Jetzt kann Milli Bothe sich nicht länger beherrschen. Sie schreit der Frau ins Gesicht, was sie bedrückt. »Dieser üble Bursche, dieser John Unger, war Ihr Liebhaber –«

      »Ich verbitte mir –«

      »Sie haben mir überhaupt nichts zu verbieten«, faucht Milli Bothe. »In meinem Haus schon gar nicht. Aber einer muß Ihnen einmal die Wahrheit sagen. Sie haben ein gemeines Spiel mit Ulrich Karsten getrieben.«

      Sie ballt die Faust und streckt sie der am ganzen Körper zitternden, sonst so selbstherrlichen Frau entgegen. »Aber das sage ich Ihnen, so wahr ich Milli Bothe heiße, Ulrich Karsten wird alles von mir erfahren, was ich über Sie weiß.«

      Milli Bothe atmet tief und erregt. »So, das wollte ich Ihnen nur sagen, und nun können Sie Ihre Koffer packen und verschwinden.«

      Die Dielen knarren unter dem ener­gischen Schritt der Frau. Marion Wendland sinkt in den nächsten Stuhl. Sie schlägt die Hände vor das Gesicht und atmet erregt. So völlig unverhofft sind die Vorwürfe der sonst so liebenswürdigen Wirtin, die sie immer für ein wenig dusselig gehalten hat, auf sie herniederprasselt, daß sie erstmals ein Gefühl befällt, was sie sonst nicht gekannt hat.

      Angst! Richtige Angst!

      »Wahnsinn!« flüstert sie vor sich hin. »Die Frau ist verrückt!«

      Sie klettert auf den Boden, immer bedacht, keinen Lärm zu machen. Nicht noch einmal will sie dieser Frau begegnen, vor der sie sich plötzlich fürchtet.

      Sie muß dreimal nach dem Boden laufen und ist ganz außer Atem. Dann wirft sie die Sachen in die Koffer, wahllos, ohne Sorgfalt.

      Fort – denkt sie – nur fort!

      Sie hetzt in die Diele, bestellt sich telefonisch eine Taxe, legt das Geld für das Gespräch auf den daneben stehenden Teller und rennt in ihr Zimmer zurück.

      Vor dem Spiegel beginnt sie ihr Gesicht herzurichten. Alles geschieht mit zitternden Händen, die ihr nicht recht gehorchen wollen.

      Es ist aber nicht nur die Angst vor der Wirtin. Es sind ein paar helle Männeraugen, vor Erstaunen geweitet, sie sie überallhin verfolgen.

      Ich brauche Ruhe, sinnt sie dabei. Ich bin vollständig mit den Nerven fertig.

      Sie wühlt in ihren Schriftstücken, immer hastiger, immer nervöser. Du lieber Gott! Sie braucht Geld. Endlich hat sie das Scheckheft gefunden. Gedankenvoll blättert sie darin. Sie sieht die steile energische Schrift Ulrichs, und etwas wie Scham kommt über sie. Wie er ihr vertraut hat. Wie oft hat sie für ihn die Bankgeschäfte erledigen müssen. Bedenkenlos hat er ihr Vollmacht erteilt.

      Jetzt soll sein Vertrauen ihr zur Flucht verhelfen. Es soll eine Flucht ins Vergessen werden.

      Dann ist alles vorbereitet. Am Fenster wartet sie, bis die Taxe vorfährt. Sie öffnet und winkt den Fahrer herauf. Der schleppt unermüdlich die Koffer. Ohne sich noch einmal umzusehen, verläßt sie die Pension.

      »Zur Deutschen Bank«, sagt sie und nimmt aufatmend Platz. Jetzt ist alles an ihr in Unruhe und Nervosität. Wenn Ulrich die Vollmacht gesperrt hat, oder sein Anwalt das Konto?

      Äußerlich gelassen geht sie zu dem ihr bekannten Beamten.

      »Gnädige Frau«, begrüßt er sie. Sie reicht ihm den Scheck. Bis auf hundert Mark hebt sie das Guthaben Ulrich Karstens bedenkenlos ab, und anstandslos wird ihr die Summe ausgezahlt.

      Erst als sie wieder im Wagen sitzt, verläßt sie der Druck. Sie hat sogar ein heimliches Triumphgefühl in sich.

      Sie wird ein neues Leben beginnen. Alles wird sie vergessen. Sogar den Mann, der sie selbstlos geliebt hat und mit dem sie… Nicht weiterdenken, kommandiert sie sich selbst.

      *

      »Eva-Maria Harris, Kunstgewerblerin«, liest Rechtsanwalt Rauh und blickt grübelnd zu seinem Bürovorsteher auf. »Kommt mir bekannt vor, weiß aber nicht wohin damit. Na, lassen Sie die Dame eintreten und bringen Sie eine neue Akte mit.«

      »Jawohl, Herr Doktor!« Paul Fricke, der Bürovorsteher, verschwindet und läßt kurz darauf eine Dame eintreten. Die Akte legt er vor seinem Chef auf den Schreibtisch, dann zieht er sich zu-rück.

      »Sie sind es!?« Mit diesem Ausruf erhebt Doktor Rauh sich und schiebt seiner Besucherin den Sessel ihm gegenüber zurecht. »Bitte, nehmen Sie Platz.«

      Er öffnet die rechte Schublade und bietet Eva-Maria Zigaretten an.

      »Danke!« Als er ihr Feuer reicht, sieht er, wie die schmale, feingliedrige Frauenhand leicht zittert.

      »Kann


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