Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz

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Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz


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wollte, oder er schützte freundschaftliches Wohlwollen vor, wenn er sich nach irgend etwas erkundigte. Dabei verriet er sich aber nie, sondern benützte die schwache Seite eines jeden dazu, alles Wissenswerte so geschickt aus ihm herauszulocken, wie man den Fisch mit der Angel aus dem Wasser lockt. Leiht mir nur ein geduldiges Ohr, gnädigste Herrin, dann sollt Ihr alles genau erfahren. Vor etlichen Jahren überließ Fürst Witold, der gegen die Tataren ziehen und deshalb Frieden mit den Ordensrittern haben wollte, Samogitien den Deutschen. Eitel Liebe und Einigkeit herrschte nunmehr. Burgen gestattete er den Kreuzrittern zu gewinnen, ja, bei meiner Treu, er leistete ihnen sogar Hilfe dabei. Auf einer Insel traf er mit dem Großmeister zusammen, sie aßen, tranken und versicherten sich gegenseitig treuer Freundschaft. Sogar in den jenseits des Flusses gelegenen Forsten durften die Kreuzritter jagen, und als sich die armen Bewohner Samogitiens gegen die Herrschaft des Ordens erhoben, nahm Fürst Witold nicht nur für die Deutschen Partei, sondern er stand ihnen sogar mit seinem Kriegsheere bei. In ganz Litauen murrte man darob, griff er doch dadurch sein eigenes Geschlecht an. Der Untervogt von Szczytno erzählte uns dies alles. Hei, wie pries er die Herrschaft der Kreuzritter in Samogitien, wie rühmte er es, daß sie Priester dahin senden, welche den Einwohnern die heilige Taufe erteilen, und daß sie zu Zeiten einer Hungersnot daselbst nicht mit Korn kargen. – Das mag nun seine Richtigkeit haben, geschah es doch auf Befehl des Großmeisters, der weit gottesfürchtiger ist, als all die andern, allein was thaten darum die Kreuzritter? Die Kinder führten sie fort nach Preußen, die Frauen beschimpften sie vor den Augen ihrer Ehegatten und ihrer Brüder, und so sich einer oder der andere ihrem Thun widersetzte, ward er zum Strange verurteilt, und aus diesen Ursachen, o Herrin, ist der Krieg entbrannt.«

      »Wie war es aber mit Fürst Witold?«

      Geraume Zeit hindurch verschloß der Fürst seine Augen gegen die in Samogitien verübten Greuel und blieb den Ordensrittern nach wie vor zugethan. Erst noch vor ganz kurzem nahm sein Ehegemahl, die Fürstin, längeren Aufenthalt in Preußen, ja sogar in Marienburg. Gleich der Königin von Polen ist sie dort empfangen worden. Und dies geschah vor ganz kurzem. Mit Geschenken ward sie überhäuft, und so viele Turniere, Feste und Schaustellungen aller Art fanden statt, daß man sie nicht aufzuzählen vermag. Allgemein herrschte der Glaube, die Freundschaft zwischen Fürst Witold und den Kreuzrittern werde ewig dauern, da trat ganz unerwartet eine Sinnesänderung bei ihm ein.«

      »Nach dem, was ich von meinem gottseligen Vater und von Macko gehört habe, ändert Fürst Witold gar häufig seinen Sinn.«

      »Nicht Menschen gegenüber, die auf Ehre halten, wohl aber den Kreuzrittern gegenüber, auf die man niemals bauen kann. Als sie von ihm die Auslieferung verschiedener Flüchtlinge verlangten, da erklärte er, zur Auslieferung der Mannen niederen Standes sei er zwar bereit, die Freigeborenen gebe er jedoch nicht preis, denn ein freier Mann habe das Recht, da zu leben, wo es ihm gefalle. Daraufhin entstanden ernstliche Zwistigkeiten, Briefe wurden gewechselt, Drohungen wurden laut. Kaum drang die Kunde hiervon zu den Samogitiern, so brach der Aufruhr gegen die Deutschen los. Die Besatzungen wurden niedergemetzelt, die Burgen erstürmt. Doch nicht genug daran, jetzt machen sie sogar fortwährend Einfälle in Preußen. Und Fürst Witold läßt dies nicht nur geschehen, sondern er freut sich über die Bedrängnis der Kreuzritter, er leistet den Samogitiern insgeheim Hilfe.«

      »Ich verstehe,« erwiderte Jagienka. »Doch so lange die Hilfe nur im Geheimen geleistet wird, kann doch von einem Kriege keine Rede sein.«

      »Der Krieg wird scheinbar mit den Samogitiern, in Wirklichkeit indessen mit Witold geführt. Allerwärts suchen die Deutschen ihre Grenzburgen zu verteidigen und nur zu gerne würden sie einen Zug nach Samogitien unternehmen. Allein damit hat es noch gute Wege, sie müssen dazu den Winter abwarten. Das Land ist durchweg so sumpfig, daß die Kreuzritter dies jetzt nicht wagen dürfen. Da wo ein Samogitier sicher dahin schreitet, versinkt ein Deutscher in dem Moraste. Deshalb ist auch der Winter ein Freund der Deutschen. Sobald daher der Frost eintritt, werden die Kreuzritter mit ihrer ganzen Streitmacht vorrücken, während Fürst Witold die Samogitier unterstützen wird, wenn er die Zustimmung des Königs von Polen erhält, welcher der Oberherr des Großfürsten sowie von ganz Litauen ist.«

      »So wird es auch zu einem Kriege mit dem König von Polen kommen?«

      »Dies behauptet man wenigstens sowohl bei den Deutschen wie bei uns. Aus diesem Grunde bitten auch die Kreuzritter an allen Höfen um Unterstützung und die Kapuzen brennen ihnen auf den Häuptern, wie dies bei allen Missethätern der Fall ist; denn mit der Königsmacht ist nicht zu spaßen, und ein jeder der polnischen Ritter speit sofort in die Hand, wenn die Kreuzritter auch nur genannt werden.«

      Als Jagienka diese Worte vernahm, seufzte sie tief auf und meinte: »Wie viel besser haben es doch die Männer in der Welt, als wir Frauen! Du kannst nun zum Beispiel in den Krieg ziehen, wie dies Zbyszko und Macko schon gethan haben, wir aber müssen hier in Spychow bleiben.«

      »Wie könnte dies auch anders sein, allergnädigste Herrin? Wohl müßt Ihr hier verweilen, allein Ihr seid in völliger Sicherheit. Auch jetzt noch ist der Name Jurands bei den Deutschen gefürchtet, und ich selbst bin in Spychow Zeuge davon gewesen, wie sie von Angst ergriffen wurden, als sie Kunde von seiner Anwesenheit in Spychow erhielten.«

      »Wohl wissen wir, daß wir hier nichts zu fürchten haben, denn auch der alte Tolima schützt uns, die Sümpfe schützen uns. Doch gar schwer fällt es mir, in Ungewißheit hier ausharren zu müssen.«

      »Sobald sich irgend etwas ereignen sollte, werde ich Euch Nachricht zukommen lassen. Schon vor unserem Aufenthalt in Szczytno habe ich in Erfahrung gebracht, daß zwei gar tüchtige junge Burschen von hier beabsichtigten, freiwillig in den Krieg zu ziehen. Der alte Tolima vermag sie nicht daran zu hindern, entstammen die beiden doch edeln Geschlechtern aus Lekawica. Nunmehr machen sie sich mit mir auf die Fahrt, und im Falle der Not werde ich sofort einen von ihnen abschicken, damit er Euch von allem unterrichte.«

      »Gott lohne es Dir. Ich habe zwar stets gewußt, wie klug Du in jeder Bedrängnis zu handeln verstehst, bis in den Tod werde ich Dir aber dankbar bleiben für Deine treue Ergebenheit.«

      »Nichts Schlimmes ist mir von Euch geschehen, nur Gutes habe ich von Euch empfangen. Der Ritter Zych machte mich als ganz jungen Burschen bei Boleslaw zum Gefangenen, und ohne Lösegeld zu fordern, schenkte er mir die Freiheit wieder. Doch Euch zu dienen, galt mir mehr als alle Freiheit! Gott gewähre mir nur noch das Glück, mein Blut für Euch vergießen zu dürfen, vielgeliebte Herrin.«

      »Gott geleite Dich und sei mit Dir!« ergriff nun Jagienka das Wort, dem Böhmen die Hand entgegenstreckend.

      Doch er wollte ihr größere Ehre erweisen. So sank er denn vor ihr auf die Knie und küßte ihre Füße. Dann schaute er empor, indem er, ohne sich zu erheben, also sprach: »Ich bin nur ein einfacher Knecht, allein trotzdem stamme ich aus edlem Geschlechte und diente Euch treu. Gebt mir daher ein Angedenken von Euch mit auf die Reise. Weist meine Bitte nicht ab! Gar viele werden in dem Kriege niedergemäht werden, ich aber rufe den heiligen Georg zum Zeugen auf, daß ich trotzdem in der ersten, nicht aber in der letzten Reihe kämpfen werde.«

      »Was soll das für ein Angedenken sein, um das Ihr mich bittet?« fragte Jagienka erstaunt.

      »Gebt mir ein Band von Euch! Selbst mit dem kleinsten Streifchen will ich zufrieden sein. Unter Eurem Zeichen zu sterben, wird mir leichter werden, wenn mir mein Ende beschieden sein sollte.«

      Noch tiefer neigte er sich zu ihren Füßen, um dann die Herrin nochmals mit gefalteten Händen anzuflehen. Tiefer Kummer malte sich jetzt auf Jagienkas Antlitz, die nach kurzem Schweigen, wie von einem plötzlichen Schmerze überwältigt, erwiderte: »Ei, Du Getreuer, weshalb bittest Du mich um ein Angedenken? Nichts Gutes kann es Dir bringen. Von einer Glücklichen fordere ein Angedenken, dann wird Dir die Gabe auch Glück bringen. Doch wie ist es um mich bestellt? Nur Kummer und Sorge lasten auf mir, nur Elend wird mir die Zukunft bringen. O niemals wird Dir oder einem andern ein Zeichen von mir Glück verleihen, denn wie wäre dies möglich, da ich selbst nicht glücklich bin. Glaube mir, Hlawa, gar viel Schlimmes giebt es auf dieser Welt, gar viel Schlimmes, gar viel …«

      Sie verstummte plötzlich, fühlte sie doch, daß sie in Thränen ausbrechen würde, wenn sie noch weiter spräche, denn schon


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