Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz

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Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz


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auf ihn zu: »Wie befindet sich Danusia jetzt? Ist sie wieder gesund? Ereifert Euch doch nicht um nichts. Ihr habt wahrlich keinen Grund dazu.«

      Und abermals neigte er sich auf des alten Mannes Hand herab. Dieser zuckte die Achseln, entgegnete jedoch etwas besänftigt: »Die Tochter Jurands befindet sich besser, verläßt aber ihre Kemenate noch nicht. Leb’ wohl!«

      Zbyszko blieb allein. Er fühlte sich wie neugeboren an Seele und Körper. Daß er nun vielleicht noch drei Monate vor sich haben werde, daß er ins weite Land hinaus reiten, seinen Feind aufsuchen und mit ihm um Leben und Tod kämpfen könne, war ihm ein angenehmer Gedanke und erfüllte sein Herz mit Freude. Wie herrlich mußte es sein, auf einem Rosse in die Welt hinaus zu jagen, sich im Kampfe hervorzuthun, und so nicht ungerächt zu Grunde zu gehen. Dann mochte kommen, was da wollte – jetzt blieb ihm doch noch eine lange Zeit. Und wenn die Frist abgelaufen war, kehrte der König vielleicht aus Rußland zurück und vergab ihm die Schuld, vielleicht brach der Krieg aus, von dem schon längst die Rede gewesen – vielleicht sagte auch der Kastellan selbst, wenn er nach drei Monaten den Sieger des stolzen Lichtenstein erblickte: »Wandere nur frei in den Wäldern umher.«

      Denn Zbyszko fühlte klar, daß außer dem Kreuzritter niemand Haß gegen ihn hegte, und daß sogar der strenge Burgvogt ihn gewissermaßen nur aus Zwang zum Tode verurteilt hatte.

      So ward er denn immer hoffnungsfreudiger, da er nicht daran zweifelte, daß ihm die Frist von drei Monaten bewilligt werde. Im Gegenteile, er rechnete darauf, daß man sie noch verlängern werde, weil er überzeugt war, der alte Herr aus Teczyn könne auch nicht einmal dem Gedanken Raum geben, daß ein Edelmann sein Wort nicht halte.

      Als nun Macko am folgenden Tage in die Abenddämmerung ins Gefängnis kam, stürzte Zbyszko, welcher ihn voll Ungeduld erwartet hatte, ihm entgegen und fragte: »Ist’s bewilligt.«

      Macko sank ermattet auf die Pritsche, holte tief Atem und sagte dann: »Der Kastellan sprach so zu mir: »Wenn es sich um Hab und Gut handelt, gebe ich Eurem Bruderssohn acht oder vierzehn Tage auf sein Ritterwort frei, länger aber nicht.«

      Zbyszko war so überrascht, daß er einige Zeit kein Wort hervorbringen konnte.

      »Zwei Wochen nur!« rief er dann. »In einer Woche kann ich ja nicht einmal zur Grenze gelangen. Was soll das heißen? Ihr habt wohl dem Kastellan nicht gesagt, weshalb ich nach Marienburg will?«

      »Nicht ich allein, auch die Fürstin Anna hat für Dich gebeten.«

      »Nun, und was geschah?«

      »Was geschah? Der Alte sagte ihr, daß er Dein Haupt nicht gerne fallen sehe, und daß er Dich beklage. ›Ich wünschte,‹ sagte er, ›ich hätte irgend ein Gesetz ausfindig gemacht – bah – irgend einen Vorwand meine ich, um ihn freilassen zu können, aber was ich nicht kann, kann ich nicht. Es wäre schlimm für das Königreich – sagte er weiter – wenn die Leute anfangen würden, der Gerechtigkeit ins Gesicht zu schlagen, um ihre Freunde zu schonen, und ich würde es nicht thun, wenn es sich auch um einen Blutsverwandten – oder sogar um meinen Bruder handelte.‹ Solche Menschen sind nicht zu erweichen. Und weiter sprach der Kastellan: ›Wir haben nicht nötig, besondere Rücksicht auf die Kreuzritter zu nehmen, doch fern sei es von uns, Schmach und Schande auf uns zu laden. Was würden sie und ihre Gäste denken, welche ihnen uns der ganzen Welt zuströmen, wenn ich einen zum Tode verurteilten Edelmann freiließe, weil er Lust bezeigt, in die Weite zu reiten, um jemand zum Kampfe herauszufordern? Würden sie nicht glauben, daß man ihm die Strafe erlassen habe, und daß keine Gerechtigkeit in unserem Lande herrsche? Lieber sehe ich ein Haupt fallen, als daß ich den König und das Reich dem Untergange weihe. Darauf entgegnete die Fürstin, ihr komme eine solche Gerechtigkeit seltsam vor, wenn selbst die Blutsverwandte des Königs nicht im stande sei, einen bedauernswerten Menschen freizubitten, allein der Alte versetzte: ›Der König selbst kann Gnade üben, doch auch er kann nicht gegen das Gesetz verstoßen.‹ Nun entzweiten sie sich ernstlich, denn die Fürstin ließ sich vom Zorne hinreißen. ›Laßt ihn wenigstens nicht im Gefängnisse verschmachten!‹ sagte sie. Und der Kastellan erklärte: ›Gut! morgen lasse ich das Schafott auf dem Marktplatze aufschlagen.‹ Hierauf trennten sie sich. Und Dich, Unglücklicher, kann nur unser Herr Jesus retten!«

      Ein langes Schweigen folgte.

      »Wie,« ließ sich endlich Zbyszko mit dumpfer Stimme vernehmen, »so bald soll es sein?«

      »In zwei oder drei Tagen. Da giebt es keinen Rat, keinen. Was, ich konnte, habe ich gethan. Ich fiel zu den Füßen des Kastellans nieder, ich bat um Erbarmen, doch er beharrte auf seiner Meinung. ›Macht irgend ein Gesetz, einen Vorwand ausfindig!‹ wiederholte er. Ich bin auch bei dem Priester Stanislaw aus Skarbimierz gewesen, damit er mit dem Sakrament zu Dir komme. Die Ehre soll Dir wenigstens zu teil werden, daß Dir der Beichtvater der Königin die Beichte abnimmt. Doch traf ich ihn nicht zu Hause, er befand sich bei der Fürstin Anna.«

      »Vielleicht war er auch bei Danusia?«

      »Ach was! Dem Mädchen geht es ja besser. Morgen vor Tagesanbruch gehe ich nochmals zu ihm.«

      Zbyszko setzte sich nieder, stützte die Ellbogen auf die Knie und neigte den Kopf so tief herab, daß sein Gesicht vollständig von den Haaren verhüllt war. Der alte Mann betrachtete ihn lange Zeit schweigend, dann aber rief er leise: »Zbyszko, Zbyszko!«

      Der Jüngling erhob das Haupt, doch drückte sich in seinem Antlitz mehr Bitterkeit und Ingrimm als Schmerz aus.

      »Nun?«

      »Höre mich an, denn vielleicht kann ich doch noch ein Rettungsmittel ausfindig machen.«

      Bei diesen Worten rückte er näher zu Zbyszko heran und begann fast im Flüstertone: »Du hörtest doch, daß einst Fürst Witold von unserem jetzigen König festgenommen, zu Krewo im Gefängnisse saß und in Frauenkleidern daraus entkam. Eine Frau steht uns zwar nicht hilfsbereit zur Seite, aber nimm meinen Rock, meine Kapuze, und fort mit Dir – verstehst Du? Daß Du nicht hinfällig aussiehst, werden sie gar nicht bemerken. Das ist gewiß! Draußen ist es dunkel, und ins Gesicht werden sie Dir auch nicht leuchten. Sie sahen mich wohl, als ich kam, aber genau betrachtete mich niemand. Sei nur still und höre mich an: morgen werden sie mich dann finden – doch was thut das? Mögen sie mir den Kopf abschlagen! Dir kann es dann zum Troste dienen, daß ich doch in zwei oder drei Wochen dem Tode verfallen bin. Und sobald Du draußen bist, setzest Du Dich aufs Pferd und reitest geradewegs zum Fürsten Witold. Du sagst ihm, wer Du bist, und bezeugst ihm Deine Verehrung. Dann wird er Dich freundlich aufnehmen, und Dir wird es sein, als ob Du zu den Füßen Gottes säßest. Die Leute sagen, das Kriegsheer des Fürsten sei durch die Tataren vernichtet worden. Ob das richtig ist, weiß ich nicht, aber es kann sein, denn die hochselige Königin hat dies prophezeit. Wenn es wahr ist, wird der Knäs Ritter nötig haben und Dich gerne sehen. Und bleibe nur bei ihm, denn auf der ganzen Welt giebt es keinen besseren Dienst. Verliert ein anderer König eine Schlacht, dann ist’s aus mit ihm, aber der Fürst Witold ist so klug und gewandt, daß er nach einer verlorenen Schlacht nur noch mächtiger dasteht. Auch ist er freigebig und ist uns außerordentlich zugethan. Sage ihm alles genau, wie es war. Sage ihm, Du hättest gegen die Tataren mit ihm ausziehen wollen, wärest aber nicht im stande dazu gewesen, weil Du im Gefängnisse saßest. Gott wird geben, daß Du Grund und Boden und daß Du Bauern von ihm bekommst – dann wird er Dich wohl als Ritter gürten und sich beim König für Dich verwenden. Er wäre ein guter Fürsprecher – oder nicht?«

      Rasch riß Danusia von ihren blonden Haaren unter dem Rautenkranze hervor den weißen Schleier und umhüllte damit fast das ganze Haupt Zbyszkos.

      Zbyszko hörte schweigend zu, während Macko, gleichsam von seinen eigenen Worten hingerissen, fortfuhr: »Nein, es ist Dir nicht bestimmt, jetzt schon zu sterben! Du wirst nach Bogdaniec zurückkehren. Und bist Du dort, so mußt Du sogleich ein Weib nehmen, damit unser Geschlecht nicht untergehe. Erst wenn Du Nachkommenschaft hast, magst Du Lichtenstein zum Kampfe herausfordern, doch zuvor hüte Dich Deiner Rache Genüge zu thun, sonst könntest Du irgendwo in Preußen überfallen werden, gerade wie ich. – Nicht mehr zu helfen wußte ich mir – nimm jetzt meinen Rock, meine Kapuze und gehe mit Gott!«

      Macko erhob sich bei diesen


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