Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz

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Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz


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mit aller Macht zu schütteln, Cztan sah dies und streckte ebenfalls seine Hand darnach aus, worauf beide ihn mit wahrer Wut durch den ganzen Kirchhof bis zum Thore des Gotteshauses wälzten.

      Die Leute betrachteten sie erstaunt, in der Meinung, sie hätten irgend ein Gelübde abgelegt und wollten auf diese Art beim Bau des Glockenstuhles helfen. Aber diese Anspannung aller Kräfte gewährte ihnen offenbar Erleichterung, so daß beide wieder zum Bewußtsein kamen, jedoch bleich vor Erschöpfung, schwer atmend und einander mit unsicheren Blicken anschauend, da standen.

      Cztan aus Rogow brach zuerst das Schweigen.

      »Was nun?« fragte er.

      »Was nun?« wiederholte Wilk.

      »Wollen wir sogleich auf ihn losgehen?«

      »Wie kannst Du in der Kirche auf ihn losgehen?«

      »Nicht in der Kirche, aber nach der Messe!«

      »Er ist mit Zych zusammen – und mit dem Abte. Und hast Du vergessen, daß Zych sagte, im Falle es zum Kampfe komme, werde er uns beide aus Zgorzelic hinauswerfen? Wäre das nicht, so hätte ich Dir längst die Knochen entzwei geschlagen.«

      »Oder vielleicht ich Dir!« versetzte Cztan, seine mächtigen Fäuste schüttelnd.

      Ihre Augen begannen in unheilverkündender Weise zu funkeln, doch begriffen beide auch sofort wieder, daß ein einträchtiges Zusammengehen jetzt vorteilhafter für sie wäre als je. Wohl hatten sie schon miteinander gekämpft, doch versöhnten sie sich dann immer wieder, denn, wenngleich ihre Liebe zu Jagienka sie innerlich schied, konnten sie doch nicht ohne einander leben, und einer sehnte sich immer nach dem andern. Zudem hatten sie nun einen gemeinschaftlichen Feind, und beide fühlten, daß es ein furchtbar gefährlicher Feind war.

      Daher fragte Cztan nach einer Weile: »Was ist zu thun? Wollen wir ihm eine Herausforderung zum Kampfe nach Bogdaniec schicken?«

      Wilk, der Klügere von beiden, wußte diesmal auch nicht, was zu thun war. Zum Glück kamen ihm die Klöppel zu Hilfe, die verkündeten, daß der Gottesdienst begann. Deshalb erwiderte er: »Was zu thun ist? Gehen wir zur Messe, und dann wird geschehen, was Gottes Wille ist!«

      Und Cztan aus Ragow freute sich über diese vernünftige Antwort.

      »Unser Herr Jesu erleuchtet uns vielleicht,« sagte er.

      »Und verleiht uns seinen Segen!« meinte Wilk. »Denn er ist gerecht.«

      Sie traten in die Kirche, und nachdem sie voll Andacht die Messe gehört hatten, faßten sie wieder Mut. Auch verloren sie die Besinnung nicht, als sich Jagienka nach dem Gottesdienst in der Vorhalle wieder von Zbyszko das Weihwasser reichen ließ. Am Thor des Kirchhofes verneigten sie sich vor Zych, Jagienka und sogar vor dem Abte, obgleich dieser ein Feind des alten Wilk aus Brzozowa war. Zbyszko blickten sie zwar von der Seite an, doch wagte keiner, ihm die Zähne zu weisen, wennschon ihnen das Herz in der Brust vor Schmerz, Zorn und Eifersucht hämmerte, da Jagienka ihnen niemals noch so wunderschön erschienen war. Erst als das glänzende Gefolge den Rückweg antrat, als der fröhliche Gesang der Kleriker schon aus der Ferne herüber drang, wischte sich Cztan den Schweiß von seinem bärtigen Gesichte und schnaubte wie ein Pferd, Wilk aber rief zähneknirschend: »In die Herberge! In die Herberge! Und wehe ihm und mir!«

      Sich dann erinnernd, was ihnen zuvor Erleichterung gewährt hatte, ergriffen sie den Stein wieder und wälzten ihn voll Zorn an den früheren Platz zurück.

      Indessen ritt Zbyszko neben Jagienka her, indem er dem Gesange der Spielleute lauschte, doch kaum waren sie einige hundert Schritte weit gekommen, als er sein Pferd anhielt und sagte: »Traun! Ich wollte eine Messe für des Oheims Gesundheit lesen lassen, doch habe ich es vergessen, deshalb muß ich zurückkehren.«

      »Kehre nicht zurück!« rief Jagienka, »von Zgorzelic aus können wir hinsenden.«

      »Ich muß zurückkehren. Und wartet nicht auf mich!«

      »Mit Gott!« rief der Abt. »Zieh hin!«

      Frohe Genugthuung malte sich auf seinem Gesichte, und als Zbyszko aus ihren Augen verschwunden war, stieß er Zych, ohne daß Jagienka es merkte, ein wenig an und sagte: »Merkt Ihr nun?«

      »Was meint Ihr?«

      »So gewiß wie das Amen im Vaterunser vorkommt, so gewiß kämpft er in Krzesnia mit Wilk und Cztan, aber dies wollte ich und dazu habe ich ihn veranlaßt.«

      »Ich kenne die beiden als tolle Burschen. Sie werden ihn verwunden, und was nützt das?«

      »Was es nützt? Wenn er wegen Jagienka kämpft, wie kann er dann noch an die Tochter Jurands denken? Von nun an wird Jagienka seine Herrin sein – nicht jene. So aber will ich es, denn er ist mein Blutsverwandter und gefällt mir!«

      »Und sein Gelübde?«

      »Davon werde ich ihn entbinden. Hörtet Ihr nicht, daß ich ihm dies versprach?«

      »Ihr wißt für alles Rat zu schaffen,« antwortete Zych.

      Der Abt freute sich über dies Lob. Er ritt nun zu Jagienka heran und fragte: »Weshalb so ängstlich, so bekümmert?«

      Da neigte sie sich tief auf den Sattel herab, ergriff die Hand des Abtes und drückte sie an ihre Lippen. »O mein Pate, wollt Ihr nicht einige der Spielleute nach Krzesnia senden?«

      »Wozu? Damit sie sich in der Herberge recht betrinken?«

      »Aber vielleicht könnten sie irgend einen Kampf verhindern!«

      Der Abt schaute ihr tief in die Augen und plötzlich sagte er in schroffem Tone: »Und wenn sie ihn nun dort erschlügen?«

      »Dann mögen sie auch mich erschlagen!« rief Jagienka aus.

      All die Bitterkeit, all das Leid, das sich in ihrer Brust seit dem Gespräch mit Zbyszko angesammelt hatte, machte sich jetzt Luft und sie brach in einen Strom von Thränen aus. Als der Abt dies sah, umschlang er das junge Mädchen mit den Armen, sodaß seine weiten Aermel sie fast ganz verhüllten, und begann in leisem Tone: »Aengstige Dich nicht, mein Töchterchen. Zum Streite wird es vielleicht kommen, aber jene Leute sind auch von adeligem Stamme, daher werden sie ihn nicht überfallen, sondern nur nach ritterlicher Sitte zum Kampfe fordern, und da weiß er sich selbst Rat zu schaffen, wenngleich er dann mit beiden kämpfen muß. Und was die Tochter Jurands anbelangt, von der Du gehört hast, so sage ich Dir nur soviel, daß das Holz für das Brautbett jenes Mädchens noch in keinem Walde gewachsen ist.«

      »Da er jene lieber hat, kümmere ich mich nicht um ihn!« antwortete Jagienka unter Thränen.

      »Weshalb weinst Du dann?«

      »Weil ich seinetwegen in Sorge bin!« antwortete Jagienka.

      »Das ist ja der wahre Altweiberverstand,« sagte der Abt lachend. Und sich zum Ohr Jagienkas herabbeugend, begann er wieder: »Das merke Dir, Mädchen: wenn er Dich auch nimmt, wird er sich doch zuweilen in einen Kampf einlassen, denn dafür ist er ein Edelmann.«

      Hier neigte er sich noch tiefer herab und fügte hinzu: »So wahr Gott im Himmel ist, er nimmt Dich – binnen kurzem!«

      »Wie wäre dies möglich?« erwiderte Jagienka.

      Doch lächelte sie unter Thränen und blickte den Abt an, als ob sie ihn fragen wollte, woher er dies wisse.

      Unterdessen war Zbyszko in Krzesnia angelangt und ritt sofort zum Priester, denn er wollte in der That eine Messe für die Gesundheit Mackos lesen lassen; nach Erledigung dieser Angelegenheit aber begab er sich in die Herberge, wo er den jungen Wilk aus Brzozowa, sowie Cztan aus Rogow zu finden hoffte.

      In der That traf er die beiden und außer ihnen noch viele andere Gäste, Edelleute, Neugeadelte, Freibauern und auch einige deutsche Possenreißer, die verschiedene Kunststücke ausführten. Im ersten Augenblicke konnte er indessen niemand unterscheiden, da die Fenster der Schenke mit den Scheiben aus Ochsenblase nur ein schwaches Licht durchließen, und erst als der Aufwärter ein Scheit Holz in den Kamin warf, erblickte er in einem Winkel die bärtige Schnauze Cztans und


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