Mami Staffel 2 – Familienroman. Gisela Reutling

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Mami Staffel 2 – Familienroman - Gisela Reutling


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hinzu: »Das würde auch gar nicht zu dir passen, Professora, so vernünftig und praktisch wie du bist —«

      »Was willst du damit sagen?« fragte Kati mißtrauisch.

      »Nichts, gar nichts.« Christof lachte, nippte an seinem Glas und dachte an den Heiratsantrag, den sie ihm ohne weiteres gemacht hätte, wenn es der praktischen Zielsetzung nützlich gewesen wäre.

      Erstaunlicherweise schien sie zusätzlich über eine starke Intuition zu verfügen, was Christof sehr berührte. Aber das durfte er ihr um Gottes willen nicht offen eingestehen. Statt dessen streckte er die Hand aus und spielte versonnen mit dem blonden Zopf, der ihr bis auf den Rücken fiel.

      »Du hast dein Haar wachsen lassen, Kati!«

      »Ja, es ist schon viel zu lang geworden.«

      »Nein, wieso?«

      »In den heißen Ländern sollte man Kurzhaarfrisuren tragen.«

      »Ich finde es schön, so wie es ist.«

      »Ach was«, murmelte sie unwillig, aber sie saß ganz still, während er sacht die einzelnen Flechten löste.

      *

      »Sieht man dich auch mal auf dem Platz?« fragte Marlon Guzman und schulterte seinen Tennisschläger.

      Er war ein kompakt gebauter junger Mensch mit kurz getrimmtem, ölig schimmerndem Haar und kleinen, unruhigen schwarzen Augen.

      Vor ein paar Jahren, auf dem Höhepunkt seiner sportlichen Karriere, war sein Bild ständig in den Tageszeitungen erschienen. Inzwischen war er den dreißig näher als den zwanzig, und in letzter Zeit sah und hörte man wenig von ihm.

      »Ich wollte mir nur etwas Bewegung machen«, erwiderte Christof lässig, »an sich bin ich Wassersportler. Aber der Weg zum Meer ist verdammt weit, und mein Job läßt mir nicht genug Freiraum. Und du? Wie geht’s denn so?«

      »Glänzend«, antwortete Marlon wie aus der Pistole geschossen, »könnte gar nicht bessergehen. Bin für die nächste Saison voll ausgebucht. Im April habe ich den ersten Termin in Florida.«

      »Ist ja toll! Du führst ein Leben, von dem andere nur träumen. Aber du verdienst auch, Marlon, so, wie du die Trophäen abräumst – das macht dir so leicht keiner nach.«

      »Tja, aus unserer Klasse bin ich wohl der einzige, der gelegentlich in der Zeitung steht«, lächelte Marlon selbstgefällig und straffte seine breiten Schultern, »trinkst du einen Vitamin-Cocktail mit mir drüben an der Bar? Oder hast du dein Pensum für heute noch nicht erledigt?«

      »Ach, mir reicht’s schon wieder«, erklärte Christof resigniert, »ich habe ja leider nicht deine Kondition!«

      Etwas später, an die Bar-Theke im Tennisclub gelehnt, zählte Marlon bereitwillig seine sämtlichen Punktsiege der letzten zehn Jahre auf. Christof lauschte andächtig und ein bißchen skeptisch.

      »Hast du auch Pokale gewonnen?«

      »Ja sicher, Mann, was denkst du denn!«

      »Kann man die eigentlich behalten?« erkundigte sich Christof unschuldig.

      Marlon lachte schallend.

      »Meinst du, man gibt sie nach der Siegesfeier klammheimlich wieder zurück?«

      »Ich hab’ mal so was gehört«, verteidigte sich Christof, »unsereiner ist doch weitgehend ahnungslos, was den Profi-Sport angeht.«

      »Allerdings«, knurrte Marlon, »willst du sie mal sehen, meine Pokale? Nur, damit du nächstens besser Bescheid weißt, wenn dir wieder jemand solche Märchen erzählt.«

      »Aber gern! Interessiert mich wirklich«, beteuerte Christof und gratulierte sich im stillen dafür, daß die erste Runde bereits gewonnen war.

      »Hast du Zeit?« fragte Marlon geschäftsmäßig.

      »Jaaa – wenn ich kein Spiel mehr mache.«

      »Ach komm, du hast doch keinen Partner, Mann. Für mich wärest du sowieso zu schwach.«

      »Stimmt auch wieder«, murmelte Christof, schob die weiße Schirmmütze auf den Hinterkopf und gestand freimütig: »Mir wäre es jetzt auch schon viel zu heiß!«

      Es war halb zwölf Uhr mittags. Die Sonne stand bereits im Zenit und brannte erbarmungslos auf die schattenlosen Tennisplätze.

      »Komm, fahren wir«, sagte Marlon, »ich habe den Wagen da.«

      Sie kurvten in seinem offenen Cabriolet die Serpentinenstraße hinauf ins Nobelviertel von Montelindo, das hoch über der Stadt thronte. Christof erinnerte sich vage an ein paar Kindergeburtstagsfeiern, zu denen er schon vor einer Ewigkeit hier eingeladen worden war.

      »Wie geht es deinen Eltern?« erkundigte er sich höflich.

      Marlon warf die Hand hoch und ließ sie wieder aufs Steuer fallen. »Meine Mutter ist seit zehn Jahren tot, und was sich mein Vater mit seiner zweiten Frau angetan hat, ist die Hölle. Er wäre besser Witwer geblieben, ich habe es ihm von Anfang an gesagt. Aber er hört nicht auf mich. Jetzt hat er sich auch noch ein Waisenkind aufhalsen lassen, nur, damit sie ihren Willen hat. Aber statt nun endlich Ruhe zu geben, ist sie total durchgedreht.«

      »Wie ist das zu verstehen?« fragte Christof gedämpft.

      »Ganz einfach. Mein Vater hat sie in die Nervenklinik gebracht, und da wird sie lange, lange bleiben. Ich hätte auch gar nichts dagegen, hahaha, wenn nicht dieser Wurm wäre, der greint und meckert, Tag und Nacht. Er ist eine wahre Plage, wahrhaftig, und für nichts und wieder nichts. Eines nämlich habe ich klargestellt: mein Erbe teile ich mit niemandem, und sobald eine Adoption zur Sprache kommt, schalte ich meinen Anwalt ein.«

      Marlons Gesicht hatte sich verzerrt. Seine kleinen Augen glommen düster. »Wenn du bedenkst«, zischte er, den Wagen in eine offene Garage lenkend, »daß alles, was du hier siehst – die Villa, die Gärten, die angrenzenden Grundstücke – von meiner Mutter in die Ehe eingebracht worden ist – dann kannst du vielleicht verstehen, wie mir zumute ist. Sie würde im Grab rotieren, wenn sie wüßte, daß die Hälfte von allem an einen namenlosen kleinen Bastard gehen soll. Aber dazu wird es nicht kommen. Niemals!«

      Sie stiegen aus dem Wagen.

      Marlon ging voran durch einen Torbogen und eine riesige Eingangshalle. Marmor und edle Hölzer, wohin man auch blickte. Durch die Hanglage bedingt lag die Villa auf verschiedenen Ebenen.

      Marlon bewohnte eine der oberen Terrassen mit eigenem Swimming-Pool und einem gemauerten Fries an der Stirnwand des weitläufigen Wohntraktes, der wie ein Altar aussah.

      Zwischen etlichen Großaufnahmen des Tennis-Stars erhoben sich einige polierte kelchförmige Gefäße, deren Glanz mit den goldenen Rahmen der Bilder wetteiferte.

      Marlon verschwand in einem Marmorbad, um sich das Gesicht zu kühlen.

      »Na, was sagst du nun?« rief er durch die offene Tür.

      »Große Klasse«, gab Christof zurück, »du hast mich überzeugt. Ich wußte gar nicht, daß sie wie Kelche aussehen«, fügte er etwas töricht hinzu, während er sich verstohlen nach einem Durchgang umsah, den es jedoch nicht zu geben schien. Die Wohnung war in sich geschlossen.

      »Daher der Name Pokal«, bemerkte Marlon gönnerhaft. Er kam gerade mit einem weißen Frottierhandtuch um den Hals herbei, um sich weitschweifig über alle Turniersiege auszulassen, die ihm zu der Sammlung goldener Becher verholfen hatten. Plötzlich unterbrach er sich, trat an die breite, steinerne Brüstung, die seinen Swimming-Pool umgab, und schnaubte wütend wie ein gereizter Löwe.

      »Da geht sie schon wieder, die Schlampe! Ich sage dir, Christof, mein Vater wirft das Geld mit beiden Händen zum Fenster hinaus.« Tief unten am Hang stieg eine Frauenperson in blau-weißer Tracht gerade in einen Kleinwagen.

      »Wer ist das?« fragte Christof ahnungsvoll.

      »Die Kinderschwester, oder, wie meine Stiefmutter es ausdrückt, die Nurse. Für mich ist sie nichts weiter


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