Der Herzensdieb. Barbara Cartland

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Der Herzensdieb - Barbara Cartland


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Sie mich anrühren, sehen Sie mich nie wieder, das schwöre ich Ihnen.“

      „Sie können mich nicht behandeln, wie Sie das gewöhnlich mit Ihren Anbetern tun.“

      „Ich kann und will“, entgegnete sie scharf, „also benehmen Sie sich.“

      „Sie machen mich verrückt.“

      „Nicht verrückter als Sie bereits sind.“

      Er wußte, wann er geschlagen war und trat einen Schritt zurück.

      „Ich werde Sie nach Hause bringen.“

      „Vielen Dank, aber ich habe meinen eigenen Wagen.“

      „Sie fahren mit mir!“ befahl er. „Ich bin nämlich noch nicht fertig mit dem, was ich zu sagen habe.“

      „Es ist unnötig, den Lästerzungen noch mehr Material zu geben, als sie ohnehin schon haben.“

      „Warum sollten wir uns plötzlich darum kümmern, was die Leute reden?“ meinte der Graf. „Wer in der Gesellschaft nicht blind und taub ist, weiß, daß Sie früher oder später mein sind.“

      „Sie geben sich alle Mühe, die anderen glauben zu lassen, daß ich Ihnen bereits gehöre, weil das vermutlich Balsam für Ihren verletzten Stolz bedeutet.“

      Mit trotzig erhobenem Kinn fügte sie hinzu: „Mich dagegen ärgert es, wenn die Leute etwas glauben, was nicht den Tatsachen entspricht.“

      „Was kümmern uns die anderen?“ fragte der Graf grob. „Sie waren doch bisher kein solcher Hasenfuß, Galatea.“

      „Da ich in einigen Wochen einundzwanzig werde, sollte ich mich in Zukunft wohl umsichtiger und würdiger benehmen.“

      Der Graf warf den Kopf zurück und lachte schallend.

      „Was ist aus der Rebellin geworden, die mich zum Haymarket begleitete und im gleichen Raum wie der Abschaum von Piccadilly tanzte?“ Da sie schwieg, sprach er weiter. „Ist das noch das gleiche Geschöpf, das ich nach Covent Garden führte, damit sie den Burschen den Kopf verdrehen sollte, die eigentlich die Schauspielerinnen bewundern wollten. Meine Partnerin bei vielen Abenteuern, die uns beide zum Gesprächsstoff von St. James gemacht haben.“

      Sie wandte den Kopf ab.

      „Ich habe heute gehört, daß man mich die zügellose Lady nennt.“

      „Außerdem bezeichnet man Sie als die schönste Frau Englands, Sie können also Ihre Wahl treffen.“

      „Nach unserem Besuch in Bridewell habe ich mich zutiefst geschämt.“

      „Ich wüßte nicht, weshalb. Das Ganze war ein Spaß, und wie Sie sich erinnern können, haben wir auf dem Heimweg gelacht.“

      „Sie haben gelacht.“

      „Und das werden wir wieder tun, wenn ich Sie jetzt nach Hause fahre“, sagte der Graf. „Kommen Sie, Galatea, damit wir uns von unserem Gastgeber verabschieden.“

      Er bot ihr den Arm, auf den sie eben die Hand legen wollte, als sie es sich anders überlegte.

      „Ich mag nicht noch einmal in den überfüllten Ballsaal zurückgehen“, erwiderte sie. „Außerdem wissen Sie sehr wohl, daß wir uns vor dem Prinzen nicht verabschieden sollten.“

      „Dann werden wir uns heimlich entfernen.“

      Der Graf richtete den Blick auf ihr liebreizendes Gesicht.

      „Die anderen Leute, auch der Prinz, drängen sich ständig zwischen uns, wo ich Sie doch für mich allein haben möchte.“

      Seine leidenschaftliche Stimme und die glühenden Augen warnten Lady Roysdon, daß er nahe dran war, die Beherrschung zu verlieren. Was D’Arcy Sheringham betraf, so mußte sie ständig auf der Hut sein. Schon am ersten Abend, als sie sich in Carlton House begegneten, hatte er sich - ohne sie um Erlaubnis zu fragen - zu ihrem ständigen Begleiter erklärt. Damals war sie eine sehr junge und unschuldige Frau, deren Ehemann umsorgt von einer Heerschar von Ärzten und Schwestern in einem verdunkelten Zimmer lag und sich nicht um sie kümmern konnte. Sie wäre sich wohl während ihrer ersten Saison in London sehr verloren und allein vorgekommen, wenn der Graf sie nicht bei jeder Gelegenheit eskortiert und unterhalten hätte.

      Im Grunde war es ihre Unschuld, die in der Gesellschaft, in der sie sich bewegte, einen effektiveren Schutz bedeutete, als das ein Mensch hätte sein können. Ihre Unwissenheit schirmte sie gegen ihre Umwelt ab. Selbst die kritischsten Damen, die sie um ihre Schönheit beneideten, fanden keine wirklichen Angriffspunkte.

      Aber so blieb es nicht. In dem Maße, in dem der Graf ungestümer und fordernder wurde, wurde auch Lady Roysdon wilder und ausgelassener, und bald ließen sich die Abenteuer der beiden nicht mehr übersehen.

      Freizügigkeit und Schamlosigkeit bedeuteten im Kreise um den Prinzen von Wales nichts Außergewöhnliches. Er umgab sich von jeher mit Leuten, die nicht nur den langweiligen und steifen Hof schockierten, sondern auch das Volk, das für die sich ständig steigernden Extravaganzen des Thronfolgers zahlen mußte. Er war ständig von Skandalen umwittert, ob es sich um seine angeblich im Geheimen stattgefundene Eheschließung mit der katholischen Mrs. Fitzherbert handelte, seine wirkliche Ehe mit Prinzessin Caroline von Brunswick, die einen immer verheerenderen Verlauf nahm, oder seinen immer höher werdenden Schuldenberg.

      Es gab aber auch eine Seite seines Charakters, die seine guten Bekannten und Freunde unwiderstehlich fanden. Er besaß großen, persönlichen Charme, einen bemerkenswert guten Geschmack und erstaunliche Kenntnisse über eine Vielzahl von Objekten. Wer es verstand, sein Herz anzurühren, konnte mit seiner Großzügigkeit rechnen. Seine Diener taten alles für ihn und seine Freunde waren der Meinung, daß die Art und Weise, wie er von seinem Vater behandelt wurde, sein ausschweifendes Leben weitgehend entschuldigte.

      Jedenfalls war das keine Gesellschaft, in der sich eine Frau bewegen konnte, ohne an ihrem Ruf Schaden zu erleiden. Wenn über Lady Roysdon geklatscht wurde, dann hatte sie das hauptsächlich dem Grafen von Sheringham zu verdanken.

      Und plötzlich begehrte der Spielgefährte, den sie über vier Jahre herumkommandiert hatte, auf und wurde schwierig. Sie hatte London Hals über Kopf verlassen, weil sie sich ihres letzten Abenteuers schämte und nicht nur den strafend auf sie gerichteten Fingern entgehen wollte, sondern vor allem dem Grafen selbst. Da er - wie er stets behauptet hatte, Brighton verabscheute, war er in früheren Jahren dem Prinzen nicht dorthin gefolgt. Als er diesmal vor drei Tagen in seiner Begleitung erschien, wußte Lady Roysdon, daß Ruhe und Frieden für sie zu Ende waren.

      Sie hatte heute abend kaum den Ballsaal betreten, als er sie auch schon in Beschlag genommen hatte. Dabei hatte er alle anderen Männer vertrieben, die sich um ihre Gunst bemühten. Sie war sehr wütend gewesen. Obwohl sie sich gesagt hatte, daß er sich Rechte anmaßte, die ihm nicht zustanden, jagte er ihr mit seiner Beharrlichkeit, sie besitzen zu wollen, Angst ein.

      Während er jetzt darauf wartete, daß sie ihre Hand auf seinen Arm legte, deutete sein Gesichtsausdruck an, daß er nichts Gutes im Sinn hatte.

      „Ich habe meinen Umhang in der Halle gelassen“, sagte sie schnell. „Würden Sie ihn mir bitte holen? Wenn ich es selbst tue, werde ich sicherlich unterwegs aufgehalten.“

      Das mußte der Graf einsehen.

      „Ich lasse meinen Wagen vorfahren und gleichzeitig Ihrem Kutscher die Nachricht zukommen, daß er nicht auf Sie warten muß und nach Hause fahren kann.“

      „Vielen Dank, D’Arcy.“

      Sein rascher Seitenblick zeigte, wie überrascht er war, weil sie sich so gefügig zeigte.

      „Hoffentlich finde ich Sie noch hier vor, wenn ich zurückomme“, sagte er mit einem leichten Lächeln. „Vielleicht täte ich gut daran, die Tür zu verschließen, damit keiner Ihrer Bewunderer Sie inzwischen zum Tanz entführen kann.“

      „Ich habe nicht die Absicht, heute noch einmal zu tanzen“, erwiderte Lady Roysdon beinahe scharf. „Mich zieht


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