Gesammelte Werke. Джек Лондон
Читать онлайн книгу.John Harned gern hatte, denn er ging mit ihr nach Quito, um den Stierkampf zu sehen. Aber warum musste das mit dem Pferd kommen? Das möchte ich gern wissen. Warum konnte er den Stier sehen und sagen, dass ihm der Stier nicht soviel gelte, um dann plötzlich wahnsinnig zu werden, weil ein Pferd vor Schmerz schrie? Die Gringos sind unbegreifliche Menschen. Sie sind Barbaren.
I
Carter Watson schlenderte, ein soeben erschienenes Magazin unter dem Arm, die Straße hinab und sah sich neugierig um. Zwanzig Jahre war es her, dass er diese Straße betreten hatte, und die in ihr erfolgten Veränderungen waren groß und überraschend. Diese Stadt im Westen mit ihren dreihunderttausend Einwohnern hatte zu der Zeit, als er als Knabe ihre Straßen durchstreifte, nicht mehr als dreißigtausend gehabt. Damals war die Straße, durch die er jetzt schritt, eine ruhige Wohnstraße in einem sauberen Arbeiterviertel gewesen. In dieser späten Nachmittagsstunde sah er, dass sie von einer zahlreichen und lasterhaften Bevölkerung überschwemmt wurde. Chinesische und japanische Läden und Kneipen wechselten ab mit amerikanischen Vergnügungsstätten und Bierquellen. Diese ruhige Straße seiner Jugend war das St. Pauli der Stadt geworden. Er sah auf die Uhr. Es war halb sechs. Es war die stille Tageszeit für eine solche Gegend, wie er wusste, aber er war neugierig und wollte etwas sehen. In all den Jahren, die er reiste, um die sozialen Verhältnisse in der ganzen Welt zu studieren, war ihm diese Stadt in der Erinnerung teuer und heilig gewesen. Die Veränderung, die er jetzt sah, war erstaunlich.
Carter Watson besaß ein ausgeprägtes Gewissen. Unabhängig und reich, hatte er seine Kräfte niemals auf vornehme Teegesellschaften und törichte Diners verschwendet, ebensowenig hatten ihn Schauspielerinnen, Rennpferde und ähnliche Vergnügungen interessiert. Er war ein Reformator und hatte siebenundzwanzig Bücher geschrieben.
An diesem späten Sommernachmittag, als er so dahinschlenderte, blieb er vor einem auffallenden Lokal stehen. Auf dem Schild darüber stand »Vendôme«. Es gab zwei Eingänge. Der eine führte offenbar in die Schankstube. Um den kümmerte er sich nicht. Der andere war ein schmaler Korridor. Als er ihn passiert hatte, stand er in einem sehr großen Raum voller Tische und Stühle, der aber sonst vollkommen leer war. Im Halbdunkel erblickte er ein Klavier.
Im Hintergrund führte ein kurzer Korridor nach einer kleinen Küche, und hier saß Patsy Horan, der Besitzer des »Vendôme«, allein an einem Tisch und aß hastig sein Abendbrot vor Beginn der Geschäftszeit. Patsy war, auf die ganze Welt zornig, mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden, und alles war ihm an diesem Tage schiefgegangen. Hätte man seine Barkeeper gefragt, so würden sie seine Gemütsverfassung als einen leichten Rausch bezeichnet haben. Aber das wusste Carter Watson nicht. Als er den kleinen Korridor durchschritt, fielen die boshaften Augen Patsys auf das Magazin, das er unter dem Arme trug. Patsy kannte Carter Watson nicht und wusste auch nicht, dass es ein Magazin war, das er unter dem Arme hielt. In seinem Rausch gelangte Patsy zu dem Ergebnis, dass dieser Fremde einer jener unverschämten Burschen wäre, die die Wände seiner Hinterzimmer durch das Annageln oder Ankleben von Plakaten verunzierten und verdarben. Die Farbe des Magazinumschlages überzeugte ihn, dass es sich um ein solches Plakat handele. Und so begann der Streit. Mit Messer und Gabel fuhr Patsy auf Carter Watson los.
»Hinaus mit Ihnen!« kläffte Patsy. »Ich weiß, was Sie wollen!«
Carter Watson war verblüfft. Der Mann war wie der Knüppel aus dem Sack über ihn gekommen.
»Wollen Sie meine Wände verderben«, rief Patsy zornig und stieß gleichzeitig eine lange Reihe malerischer, aber gemeiner Schimpfworte aus.
»Wenn ich Ihnen zu nahe getreten sein soll, so bitte ich –«
Aber weiter kam Watson nicht. Patsy unterbrach ihn. »Machen Sie, dass Sie weiterkommen, und halten Sie die Klappe«, sagte Patsy und unterstrich seine Worte, indem er Messer und Gabel schwang.
Carter Watson sah im Geist schon die Gabel in unangenehmer Weise zwischen seinen Rippen stecken. Er merkte, dass es leichtsinnig sein würde, mehr zu sagen, und schickte sich daher schnell zum Gehen an. Aber der Anblick seines demütigen Rückzuges musste Patsy Horan noch mehr erbittern, er ließ die Essgeräte fallen und stürzte sich auf Watson.
Patsy wog hundertsechzig Pfund. Watson ebensoviel. In diesem Punkt waren sie einander gleich. Aber Patsy war ein Draufgänger und Rohling, der sich in Kneipen herumprügelte, Watson hingegen ein geübter Boxer. In dieser Beziehung hatte Watson den Vorteil auf seiner Seite, denn Patsy ging geradewegs auf ihn los und schwang den rechten Arm gefahrdrohend. Watson brauchte ihm nur einen regelrechten Linken zu versetzen und dann zu verschwinden. Aber Watson hatte noch einen Vorteil vor Patsy. Sein Boxen und seine in den Armenvierteln der ganzen Welt geschöpften Erfahrungen hatten ihn Selbstbeherrschung gelehrt.
Er drehte sich schnell um, parierte den Schlag und packte zu. Aber Patsy, der wie ein Stier auf ihn gestürzt war, hatte die Wucht eines Geschosses. Das Ergebnis war, dass beide mit ihren dreihundertzwanzig Pfund umfielen und einen mächtigen Spektakel machten. Watson lag nicht gerade daran, hier in seiner Vaterstadt, wo viele seiner Verwandten und viele Freunde seiner Familie lebten, in die Zeitungen zu kommen. Deshalb umschlang er den Mann, der auf ihm lag, mit den Armen, presste ihn fest an sich und wartete, dass die Hilfe kommen sollte, die von dem Krach notwendigerweise herbeigelockt werden musste. Es kam auch Hilfe, sechs Mann kamen aus der Schankstube gelaufen und stellten sich in einem Halbkreis auf. »Nehmt ihn weg, Jungens«, sagte Watson. »Ich habe ihn nicht geschlagen und habe keine Lust, mich mit ihm zu prügeln.«
Aber der Halbkreis blieb schweigend stehen. Watson hielt seinen Gegner weiter fest und wartete. Patsy machte nach einem vergeblichen Versuch, ihm einen Puff zu versetzen, ein Angebot.
»Lassen Sie mich los, dann lasse ich Sie auch los«, sagte er.
Watson ließ ihn los, als Patsy aber auf die Beine gekommen war, beugte er sich schlagbereit über seinen liegenden Gegner.
»Stehen Sie auf!« kommandierte Patsy. Seine Stimme war barsch und unversöhnlich wie die eines richtenden Gottes, und Watson merkte, dass hier keine Barmherzigkeit zu erwarten war.
»Treten Sie zurück, dann stehe ich auf«, sagte er.
»Wenn Sie ein Gentleman sind, stehen Sie auf«, verlangte Patsy; seine blauen Augen flammten vor Zorn, und die Faust war zu einem zerschmetternden Schlage geballt.
Im selben Augenblick