Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman. Kathrin Singer
Читать онлайн книгу.Bruder?«
»Förster Hartmann. Mein Name ist Björn Hartmann.« Er verneigte sich galant.
»Sie sind der Onkel von Heidi und Carsten?«
Er zögerte kaum merklich, bevor er antwortete: »Ja, das bin ich. Die Kinder haben mir von Ihnen erzählt, ziemlich begeistert, wie lieb und nett Tante Julia ist. Aber das Wichtigste können Kinderaugen nicht sehen.«
»Und das wäre?«
»Dass Tante Julia ein bezaubernd schönes Mädchen ist!« Björn strahlte sie an.
»Übernehmen Sie sich nicht.« Julia sträubte die Stacheln. Männern gegenüber, die mit Komplimenten um sich warfen und dazu noch möglichst dick auftrugen, war sie im höchsten Maße misstrauisch. Doch Björn Hartmann meinte es offenbar ehrlich. Er wollte sie nicht mit schönen Worten trunken machen. Er trug sein Herz lediglich auf der Zunge.
»Wieso meinen Sie, Ihr Bruder sei ein Esel, Herr Hartmann?«, fragte Julia.
»Wie kann er nur auf die Idee kommen, eine leibhaftige Fee aus seinem schönen Wald vertreiben zu wollen? Das ist mir unbegreiflich. Wenn ich hier der Förster wäre …« Björn ließ die letzten Worte vielsagend in der Luft hängen.
»Förster Hartmann hat offenbar seine Prinzipien.«
»Sie sagen es. Ja, er ist ein sturer Prinzipienreiter. Ich sehe ja ein, dass er zuweilen den Kinderschreck spielen muss, um im Wald Ordnung zu halten. Aber man muss doch Ausnahmen machen können, oder?«
»Beamte denken da anders.«
»Wie – Sie nehmen meinen Bruder auch noch in Schutz?«, fragte Björn verwundert.
Julia lächelte zaghaft. »Ich weiß nicht. Vielleicht hat er recht.«
»Recht hin – Recht her. Ich gebe Ihnen den guten Rat, Frau Julia: Bleiben Sie standhaft. Lassen Sie sich nicht von meinem Bruder vertreiben.«
»Ihr Bruder ist stärker als ich.«
»Er wird sich doch nicht an Ihnen vergreifen«, meinte Björn kopfschüttelnd.
»Er hat etwas Ähnliches angedeutet«, gab Julia zurück. »Ob er es in die Tat umsetzt – wie soll ich das wissen?«
Björn lachte. »Matthias doch nicht. Keine Bange. Darauf können Sie es ruhig ankommen lassen. Bleiben Sie, halten Sie aus, und sei es nur, um meinem Bruder eine Lektion zu erteilen.«
»Das verstehe ich nicht ganz.« Sie musterte Björn etwas irritiert.
»Matthias ist so schrecklich stur. Er nimmt das Leben viel zu schwer. Finden Sie nicht auch, dass Menschen, die einmal fünf gerade sein lassen können, viel sympathischer sind als verknöcherte Paragrafenfuchser und Pedanten?«
»Ohne Frage.«
»Na also. Geben Sie meinem Bruder kontra. Bringen Sie ihn dazu, auch einmal über seinen Schatten zu springen. Übrigens, was meinen Sie, wie sich die Kinder freuen werden, wenn Sie noch ein Weilchen in der Nähe blieben.«
»Heidi und Carsten haben sicherlich hier das Paradies, aber andererseits leben sie sehr zurückgezogen, nicht wahr?«, sagte Julia nachdenklich.
»Ja – aber wenn ich als Junge eine so liebe und nette Tante kennen gelernt hätte, was meinen Sie, wie froh ich gewesen wäre!«
Björn Hartmann begleitete diese Worte mit einem Blick, der Julias Pulse schneller schlagen ließ.
»Ich komme Heidi und Carsten so lieb und nett vor, weil Ihr Bruder offenbar recht streng zu den Kindern ist. Aus Prinzip – das ist genau das Wort, mit dem er sich verteidigte, als ich für die beiden Partei ergriff.«
»Möglich, dass Matthias ein bisschen streng ist«, gab Björn zu, »aber die Kinder haben es bei ihm nicht schlecht und sicher nichts auszustehen.«
»Das habe ich auch nicht behauptet. Ich mag Heidi und Carsten ebenfalls … Also gut, ich bleibe. Falls Ihr Bruder mich mit Gewalt vertreiben will, kann ich ja immer noch Sie zu Hilfe rufen. Sie werden mir doch beistehen?«
Björn kratzte sich mit einem verlegenen Lächeln hinter dem Ohr. »Leider muss ich heute Abend schon wieder weg. Geschäfte, verstehen Sie?«
»Schade!«, entschlüpfte es Julia.
»Haben Sie schade gesagt?« In seinen stahlblauen Augen blitzte es auf. »Wie lange haben Sie denn noch Urlaub, Frau Julia? Wie lange wollten Sie bleiben?«
»Eine Woche noch.«
»In einer Woche kann ich wieder hier sein, wenn ich mich ein bisschen beeile. Werde ich Sie dann wirklich noch hier finden? Soll ich meinem Bruder die Leviten lesen, damit er Sie nicht behelligt?«
»Nein, auf gar keinen Fall. Mischen Sie sich bitte nicht ein. Das schaffe ich schon allein. Darauf möchte ich es ankommen lasen.«
»Recht so. Zeigen Sie Matthias die Zähne!«
»Irgendwie komme ich mir gemein vor, denn Ihr Bruder ist natürlich im Recht.«
»Fangen Sie doch nicht wieder von vorn an. Mir scheint, Sie haben Angst?«
»Angst? Ich habe vor Männern keine Angst.«
»Tatsächlich nicht?«
»Nein. Bisher habe ich nämlich meistens gute Erfahrungen gemacht. Männer sind auch heute noch Kavaliere wenn man sie nur lässt«, fügte sie hinzu.
»Und was passiert, wenn einer kein Kavalier ist?« Der Abenteurer musterte das Mädchen herausfordernd, in seinen Augenwinkeln nisteten plötzlich Kobolde.
Julia zuckte nur die Achseln.
»Aber darüber müssen Sie sich doch Gedanken gemacht haben«, bohrte Björn Hartmann. »Ein Mädchen, das allein im Wald zeltet, muss doch zumindest die Möglichkeit ins Auge fassen, dass …«
Er stockte.
»Dass ein wilder Räuber daherkommt?«, half Julia und lächelte spöttisch.«
»Genau!«
»Für den Fall habe ich meine Wasserpistole.«
»Wasserpistole, aha. Gut, dass ich Bescheid weiß.«
Björn Hartmann trat auf sie zu. Mit einer blitzschnellen Bewegung riss er sie in die Arme und versuchte sie zu küssen.
Eine Sekunde später lag er rücklings im hohen Gras – mit einem nicht gerade geistreichen Gesichtsausdruck. Mit offenem Mund starrte er zu dem kühl lächelnden blonden Mädchen in die Höhe.
»He – wie haben Sie das gemacht?« Er rappelte sich auf und strich sein Haar aus der Stirn zurück.
»Sie sehen, für eine kalte Dusche braucht man nicht unbedingt eine Wasserpistole.«
»Ich bin überwältigt. Sie sind Judo-Meisterin?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Keine Spur, aber ich habe vor Jahren einmal eine Zeit lang in der Judo-Gruppe in unserem Sportverein mitgemacht.«
»Donnerwetter, und nichts verlernt. Man sieht es Ihnen nicht an, dass Sie derart handgreiflich werden können. Alle Achtung! Wahrhaft – man lernt nicht aus.
Julia trat rasch hinter das Zelt und streifte sich ihr grün getupftes weißgrundiges Sommerkleid über.
Björn empfing sie abermals mit Blicken voller Bewunderung. »Wenn Sie glauben, dass Sie jetzt ungefährlicher aussehen, Frau Julia …«
Sie lachte hell auf. »Ihnen kann man einfach nicht böse sein. Sie machen äußerlich zwar nicht den Eindruck – aber Sie kommen mir wie ein großer, unbekümmerter Junge vor.«
»Ist das ein Kompliment?«
Julia zuckte die Achseln.
»Wenn man große Jungen mag?«
»Und – mögen Sie große Jungen?«
»Ich