Der Prinz und die Tänzerin. Barbara Cartland

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Der Prinz und die Tänzerin - Barbara Cartland


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meinem ganzen Herzen und meiner ganzen Seele sehne ich mich danach, aber ich weiß nicht, was es ist.“

      Lord Marston sah ihn verständnisvoll an. Er kannte den Prinzen, liebte ihn wie einen Bruder und wußte, daß er in seinem tiefsten Innern ein durch und durch guter Mensch war.

      Seine Untergebenen hatte er von eh und je mit Höflichkeit und Takt behandelt, und von den Frauen, mit denen er zusammengekommen war, konnte nicht eine behaupten, er habe sie ausgenutzt. Im Gegenteil, alle waren reich beschenkt worden und sahen ihre Zukunft gesichert.

      Aber ob sie nun der Welt des Adels oder der Halbwelt angehörten, keine Frau hatte bisher den Prinzen für längere Zeit fesseln können. Ihrer schnell überdrüssig, war er jeweils ausgezogen, um nach neuen Verbindungen zu suchen.

      „Hugo“, sagte er jetzt, „ich bin nicht zum Philosophieren nach Paris gekommen. Wie wär’s, wenn du mir einen Drink anbieten würdest?“

      „Verzeih“, bat Lord Marston. „Ich war so erstaunt, dich plötzlich vor mir stehen zu sehen, daß ich das völlig vergessen habe.“

      Er stand auf und läutete.

      Es dauerte nicht lange, dann wurde von livrierten Dienern Champagner und Kaviar gebracht.

      „Dir scheint es hier in der Botschaft nicht schlecht zu gehen, Hugo“, sagte der Prinz und nippte an seinem Champagner. „Wenn du allerdings lieber bei mir wohnst, bist du herzlichst willkommen.“

      „Ich würde dein Angebot liebend gern annehmen, Iwan, aber ich möchte den Botschafter und seine Frau nicht vor den Kopf stoßen. Sie waren reizend zu mir.“

      Graf Cowley war seit über fünfzehn Jahren Britischer Botschafter in Paris. Er war ein diplomatischer und äußerst vorsichtiger Mann, es war jedoch im Grunde seine Frau, die England besser repräsentierte als sonst jemand.

      Sie war eine erfahrene Gastgeberin, bei den Franzosen sehr beliebt und besaß Humor.

      „Wenn du allerdings vorhast“, fuhr Lord Marston fort, „dich skandalös zu benehmen, dann sollte ich vielleicht doch lieber in dein Haus übersiedeln.“

      „Ja, komm doch an die Champs-Élysées“, sagte der Prinz. „Ich beabsichtige übrigens, so manches Fest zu geben.“

      Lord Marston warf einen flehentlichen Blick zur Decke.

      „Iwan!“ stöhnte er. „Ich kenne deine Feste nur zu gut. Willst du meinen guten Ruf ruinieren?“

      „Unsinn!“ rief der Prinz. „Ich werde lediglich dafür sorgen, daß etwas Leben in die Bude kommt.“

      Das, dachte Lord Marston, dürfte leicht untertrieben sein.

      Die Feste des Prinzen hatten von eh und je Aufsehen erregt und waren das Tagesthema sowohl bei Hof wie auch in sämtlichen Cafés gewesen.

      Die beiden Freunde unterhielten sich angeregt, als die Tür aufging und der Britische Botschafter hereinkam. Lord Marston und der Prinz standen auf.

      „Hoheit!“ rief der Graf und hielt dem Prinzen die Hand entgegen. „Wie erfreulich, daß Sie hier sind. Sie haben uns schon so lange nicht mehr besucht.“

      „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Exzellenz“, entgegnete Prinz Iwan. „Da ich allein nach Paris gekommen bin, hoffe ich, daß Sie Verständnis dafür haben werden, wenn ich Ihnen Ihren Gast wegnehme.“

      Der Graf sah Lord Marston an und lächelte.

      „Ich glaube, er hat unseren Premierminister mit so vielen Berichten überhäuft, daß dessen Papierkorb überquillt. Nun ist es an der Zeit, daß er sich auch ein wenig amüsiert.“

      „Vielen Dank, Mylord“, sagte Lord Marston.

      Die offene Chaise des Prinzen wartete auf dem Hof der Botschaft.

      Nachdem Lord Marstons Kammerdiener angewiesen war, die Sachen seines Herrn zu packen und ihm in das Haus des Prinzen zu folgen, fuhren die beiden Freunde zusammen weg.

      „Und was passiert heute abend?“ fragte der Prinz.

      „Ich zeige dir etwas Neues“, antwortete Lord Marston. „Ich bin sicher, daß es dich interessiert.“

      „Worum handelt es sich?“

      „Das sage ich dir nicht, weil es eine Überraschung werden soll.“

      „Meinetwegen“, sagte der Prinz. „Aber vorher dinieren wir in aller Ruhe, einverstanden?“

      „Natürlich. Willst du bei Vefour oder bei Magny essen?“

      „Bei Vefour“, antwortete der Prinz. „Ich will gut speisen und mir nicht die Berühmtheiten ansehen, die sich bei Magny treffen.“

      Lord Marston lächelte.

      „Gut“, sagte er. „Wetten, du bestellst wieder die Spezialität des Hauses?“

      „Karpfen in Wurzelsud?“ fragte der Prinz. „Allerdings. Ich freue mich jetzt schon darauf.“

      Auch Lord Marston freute sich. Über einen Monat lang hatte er bei Empfängen den perfekten Diplomaten gespielt, und diese Abwechslung kam ihm gerade recht.

      Die beiden Freunde wurden im Vefour mit großen Freuden empfangen. Das Restaurant befand sich im Palais Royal, welches der Duc d’Orleans während der Regierung Ludwigs XVI. in eine Stätte des Amüsements und des Glücksspiels verwandelt und dabei ein Vermögen verdient hatte.

      Die Inneneinrichtung des Vefour war noch genauso, wie gleich nach der Revolution.

      Mit seinen roten Plüschsofas und den vielen Spiegeln war es gemütlich und intim und genau das richtige Restaurant für jemanden, der das Essen genießen wollte.

      Der Maître d’Hôtel nahm die Bestellung auf und schien fast etwas enttäuscht zu sein, daß der Prinz von chinesischen Vogelnestern, Rheinsalm, Flußkrebsen und Trüffeln nichts wissen, sondern Schnecken haben wollte.

      Während sie auf das Essen warteten, lehnten sich die Freunde bequem zurück, tranken Champagner und unterhielten sich.

      Wie so oft, wenn sie allein waren, sprachen sie über Themen, die viele ihrer Bekannten erstaunt haben würden: Philosophie, Literatur, Politik. Beide waren sehr belesen und diskussionsgewandt.

      Als sie gegessen hatten, änderte sich die Laune des Prinzen mit einer Schlagartigkeit, die typisch für ihn war.

      „So, Hugo“, sagte er. „Schluß mit dem ernsten Gespräch. Wo führst du mich jetzt hin?“

      „Du wirst es nicht für möglich halten“, entgegnete Lord Marston. „Zu Aschenputtel.“

      „Aschenputtel?“ wiederholte der Prinz, der seinen Ohren nicht traute.

      „Ja. Im Theâtre Imperial du Châtelet.“

      „Meinst du nicht, ich bin etwas zu alt für ein Märchen?“

      „Nicht für dieses, Iwan.“

      „Ich warne dich. Wenn ich mich langweile, gehe ich.“

      „Du kannst die Höhe der Wette bestimmen, daß es nicht der Fall sein wird.“

      „Also, meinetwegen. “

      Sie verließen das Restaurant und gingen zur Kutsche des Prinzen. Die Aprilluft war warm und mild.

      Sie fuhren über die Boulevards mit den hellerleuchteten Cafés zu beiden Seiten. Auf den breiten Gehsteigen flanierten Menschen im goldenen Schein der Gaslaternen.

      Obwohl die Vorstellung schon vor einer knappen Stunde begonnen hatte, stand immer noch eine beachtliche Schlange vor der Kasse des Theaters.

      „Ist Paris in seine Kindheit zurückgefallen?“ fragte der Prinz spöttisch.

      „Es handelt sich hier um kein gewöhnliches Märchen“, berichtete Lord Marston. „Das Stück hat fünf Akte und dreißig Szenen.“

      „Oh


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