DSA 128: Der Pfad des Wolfes. Alex Spohr

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DSA 128: Der Pfad des Wolfes - Alex Spohr


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Wunden heilen, mal böse Geister oder den Bhalur, den Nebel, vertreiben. Auch wenn er ihn schon viele Jahre sehr gut kannte, hatte er dennoch nicht viel von dem Wissen des alten Schamanen um die Kraft Makkas und der Geister erfahren.

      Der Brenoch-Dûn schaute sich die hingeworfenen Gegenstände an, wischte sie mit der Hand mehrmals durcheinander, als ob sie ihm die Sicht versperrten.

      »Es ist so weit. Lege die Haut des Wolfes an«, befahl der Schamane. Druan gehorchte und holte das einzige weitere Kleidungsstück hervor, das er dabeihatte. Vor einigen Tagen war er auf die Jagd gegangen und hatte einen einsamen Wolf erlegt. Er wusste, dass er dies tun musste, damit der Große Madadh ihn in sein Reich lassen würde. Ohne selbst ein Wolf zu werden, konnte er den Pfad des Wolfes nicht betreten. Dennoch hatte er großes Bedauern empfunden, als er das Tier erlegte. Niemals vorher hatte er das Blut von Wölfen vergossen. Und doch war es unvermeidlich.

      Der Brenoch-Dûn hatte am Fuß eines Felsens Platz genommen und stellte seine kleine Trommel vor sich hin. Dann stand er wieder auf und ging zu Druan.

      »Die Zeit ist gekommen. Sobald Makkas Auge den höchsten Punkt des Himmels erreicht hat, musst du dich der Krallessa stellen. Du wirst dort entlanggehen müssen. Fürchte dich vor nichts, denn die Furcht wird dein Tod sein. Und nun trink!«

      Er hatte einen Wasserschlauch hervorgeholt. Druan hatte bereits von anderen Durro-Dûn gehört, dass dies das Getränk der Durro-Dûn war. Es machte einem Krieger Mut und zugleich beruhigte es ihn. Der Schamane reichte ihm den Schlauch und wiederholte noch einmal seine Worte: »Trink nun. Trink.«

      Druan nahm einen tiefen Schluck von dem würzigen und scharfen Getränk, das nach einer Art Beeren- oder Kräutersaft schmeckte. Nachdem er den Schlauch ausgetrunken hatte, gab er ihn Daragh zurück, der sich wieder vor seine Trommel setzte. Mit beiden Händen schlug er abwechselnd auf die Trommel und stimmte dabei einen monotonen Gesang an, ein Gebet zu den Göttern und Ahnengeistern in der alten Sprache der Gajka.

      Druan stand noch immer an der gleichen Stelle, doch in seinem Magen breitete sich ein unangenehmes Gefühl aus, als ob ihm schlecht werden würde.

      Das Auge Makkas hatte den Zenit erreicht, und als er nun Daragh ansah, gab dieser ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass es Zeit war, zu gehen. Also machte er sich auf, den Pfad des Wolfes zu betreten, den einzigen anderen Weg, der zu dieser Lichtung führte, mitten durch das Moor. Die Schläge auf der Trommel hallten in seinen Ohren. Seine Haut war schweißnass, ein Zittern ging durch seinen Körper. Selbst seine Augenlider zuckten unablässig, begannen zu flattern. Fast schien es, als würde er einfach in sich zusammenfallen, doch er zwang sich, Schritt für Schritt weiterzugehen. Mühsam schaffte er es, vorwärtszukommen, doch es fiel ihm schwer.

      Vorwärts! Ich schaffe das. Ich bin Druan bren Anargh vom Stamme Mortakh. Das Zittern wird mich nicht aufhalten, die Schwäche auch nicht. Der Geist des Wolfes ist stark, und Yurrga und Natûru-Gon beschützen mich! Weiter. Weiter!

      Die Schläge von Daraghs Trommel wurden immer lauter und fraßen sich in Druans Schädel. Er konnte den rhythmischen Klang des Instrumentes kaum noch ertragen. So hielt er sich beide Ohren zu und begann lauthals zu schreien. Schmerzen und Krämpfe begannen ihn heimzusuchen, er bekam kaum noch Luft. Zwei weitere Schritte schaffte er, bis er auf die Knie sank. Er krümmte sich vor Schmerz und Übelkeit, seine Nägel bohrten sich in die Haut seiner Schläfen, bis Blut hervorquoll. Doch selbst seine Götter schienen ihn verlassen zu haben, denn die Tortur hörte nicht auf, sie wurde noch schlimmer. Er versuchte, aufzustehen, fiel jedoch auf den sumpfigen Boden und bemerkte nicht, dass das Schwert aus seinem Gürtel rutschte. Wie ein Schwein wälzte er sich im Schlamm, zwang sich mit schierer Willenskraft, aufzustehen.

      Lasst es aufhören, o Götter, bitte. Ich halte es nicht mehr aus!

      Der Klang der Trommel war so laut geworden, dass selbst seine Schreie die Geräusche nicht mehr verdrängen konnten. Er gab auf, und sein Bewusstsein schien ihn zu verlassen. Wieder fiel er auf den Boden, fast wie ein gefällter Baum. Als er sich nicht mehr rührte, wurden die Klänge der Trommel wieder leiser und langsamer. Schließlich war alles ruhig, und nur noch das Summen einiger Grillen war zu hören.

      Und dann der Ruf eines Wolfes.

      Als Druan die Augen aufschlug, sah er um sich herum aufgezogene Nebelschwaden. Trotz der leichten Schmerzen in seinem Schädel versuchte er schnell aufzustehen und hob sein Schwert auf, das ganz in der Nähe lag.

      Der Bhalur sorgte dafür, dass Druans Angst wuchs. Jeder Gjalskerländer fürchtete den Nebel. In ihm lauerten die Geister des Bösen, der Verräter und der Feiglinge.

      »Daragh, warum hast du aufgehört?«, rief er in die Schwaden hinein. Doch der Brenoch-Dûn gab keine Antwort.

      Druan kehrte die etwa fünfzig Schritt bis zur Lichtung langsam und bedächtig zurück. Unsicher sah er in den Nebel, immer auf den Angriff eines Geistes gefasst. Doch dort, wo noch vor ein paar Augenblicken Daragh gesessen hatte, war er nicht mehr zu finden. Der kleine Felsen lag unberührt vor Druan, keine Spur von dem Alten. Beunruhigt sah er sich genauer um. Keine Fußspuren, weder von Daragh noch von ihm selbst!

      Wie kann das sein? Niemand kann einen Weg gehen, ohne Spuren zu hinterlassen!

      Etwas stimmte nicht, doch er konnte nicht sagen, was es war. Als er nachdachte, was er tun sollte, hörte er wieder den Ruf eines Wolfes, doch diesmal viel näher als zuvor.

      Plötzlich bewegte sich etwas zwischen den Schwaden des Bhalur. Druan sprang zur Seite und hob sein Schwert.

      Ein dunkler Schatten war mitten zwischen den Bäumen aufgetaucht. Zwei Augenpaare, rotglühende Schlitze, durchdrangen die Dunstschwaden und fokussierten Druan. Ohne zu zögern, schrie er auf und rannte mit erhobenem Schwert auf das Wesen zu, das jedoch schnell in den Nebel zurücksprang. Druans Sinne waren von jahrelanger Jagd im Dunkeln geübt, und so konnte er hören, wohin es rannte, ohne es genau zu sehen. Dort, wo es über den Boden sprang, splitterte das Holz der Bäume, und der weiche Boden gab schmatzende Geräusche von sich.

      So schnell wie niemals zuvor rannte Druan hinter der Bestie her. Wie lange die Verfolgung währte, konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen, doch nach zahlreichen Sprüngen über Steine, Pfützen und Äste fand die Jagd ein jähes Ende.

      Direkt auf einem gewaltigen Felsen inmitten des Sumpfes hatte das Ungeheuer Platz genommen. Der Nebel umrahmte es, doch die Schwaden waren hier weniger dicht. So sah Druan eine Bestie von der Größe eines jungen Mammuts, mit messerscharfen Krallen und dolchähnlichen Zähnen. Die roten Augen musterten ihn, während der Leib des riesigen Wolfes angespannt blieb, angespannt, um jederzeit bereit zu sein, sich von dem Felsen auf Druan zu stürzen.

      Fast bewegungslos starrte Druan das Ungetüm an. Er überlegte, wie er es schaffen könnte, die Bestie zu töten, ohne dabei als Mahlzeit für sie zu enden. Umso überraschter war er, als sich der Riesenwolf plötzlich friedfertig auf den Felsen legte und Druan eine kehlige Stimme in seinem Kopf hörte: »Bist du Druan bren Anargh?«

      Druan war davon so verwirrt, dass er nach kurzem Zögern mit der üblichen Vorstellung der Gjalsker begann. »Ich bin Druan bren Anargh vom Haerad Mortakh, geboren am zweiten Tag der Welke im Ahnenmond des Jahres …«, antwortete er, bevor er unterbrochen wurde.

      »Das reicht. Ich wollte nur deinen Namen wissen, nicht alles, was du in deinem Leben getan hast. Das weiß ich schon.«

      »Wer … was bist du?«

      »Ich bin der, nach dem du gesucht hast.«

      Druan musste schwer schlucken. Nun verstand er, dass diese Bestie der Große Madadh, sein Odûn, war. Doch hatte er sich ihn immer anders, friedlicher, kleiner vorgestellt.

      »Wenn du der Madadh bist, dann sage mir, was ich tun muss. Ich folge deinem Ruf schon seit meiner Kindheit, als dein Diener mich rettete.«

      Es verging ein Augenblick, bis die Stimme des Wolfes wieder in seinem Kopf ertönte: »Heute gibt es nichts, was du für mich tun kannst. Du bist hierhergekommen, um mich zu finden, und du hast mich gefunden. Das Band zwischen uns wird heute bekräftigt, und für immer werden wir verbunden sein, du und ich. Meine Stärke soll in dir sein, wenn du oder


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