The Independent Mind. Osho

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The Independent Mind - Osho


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dann gibt es noch etwas jenseits von all diesem, das „die Seele“ genannt wird – man kann es auch anders nennen. Ich werde darüber sprechen; wir werden darauf hinarbeiten. Die Seele ist unabhängig und kann nicht abhängig sein.

      Dies sind die drei Ebenen des Lebens:

      Der Körper, der abhängig ist und nicht unabhängig werden kann.

      Der Geist, der abhängig ist, aber unabhängig werden kann.

      Die Seele, die unabhängig ist, und nicht abhängig werden kann.

      Nur ein unabhängiger Geist ist fähig, die Seele zu erkennen – die ohne Zweifel frei und lebendig ist, die unsterblich ist, die weder Geburt noch Tod kennt. Wenn der Geist abhängig ist, wird er nichts anderes erkennen können als den Körper. Ein abhängiger Geist vermag nicht über den abhängigen Körper hinauszusehen. Aber wenn der Geist unabhängig ist, wird er seine Augen zur Seele erheben, die frei und lebendig ist.

      Darum kommt es weder auf den Körper noch auf die Seele an. Beim Meditieren dreht sich alles nur um den Geist: Ist unser Geist unabhängig oder nicht? Ist der Geist abhängig, kann er sich nicht über den Körper erheben. Dann führt ihn unser Leben zum Tod. Ist er aber unabhängig, dann können die Augen des Lebens beginnen, sich der Unsterblichkeit zuzuwenden.

      Normalerweise ist unser Geist abhängig, hat er noch keine Freiheit erlebt. Nicht nur kleiden wir uns alle gleich, nicht nur essen wir alle dasselbe, sondern wir denken auch, was andere denken. Sogar auf der Ebene des Denkens gehorchen wir anderen – und wer jemandem folgt, ist abhängig. Somit sind wir nicht nur auf der körperlichen Ebene abhängig, sondern haben uns auch auf der geistigen Ebene abhängig gemacht. Habt ihr je auch nur einen oder zwei ursprüngliche Gedanken gehabt, oder sind all eure Gedanken geborgt? Ist je ein einziger Gedanke in euch selbst entstanden, oder habt ihr all eure Gedanken anderswo aufgeschnappt?

      Ihr habt vermutlich viele Gedanken im Kopf, also beobachtet sie mal ein wenig. Wenn ihr das tut, werdet ihr herausfinden, dass sie irgendwoher stammen und sich in euch angesammelt haben. So wie sich die Vögel abends in den Bäumen versammeln, haben sich die Gedanken in eurem Geist versammelt und eingenistet. Sie sind allesamt Gedanken anderer, von Fremden übernommen. Nur wer ein bis zwei eigene Gedanken zu entwickeln vermag, darf sich als Mensch bezeichnen. Dann keimt in ihm Freiheit auf; andernfalls sind wir abhängig.

      Alle Menschen sind abhängig, und die Wurzel ihrer Abhängigkeit ist, dass sie niemals etwas von sich aus gedacht haben. Sie haben einfach nur all diese fremden Gedanken übernommen; sie haben sie bejaht. Sie haben sich auf sie verlassen, sie haben ihnen vertraut, haben ihnen geglaubt. Seit Urzeiten werden die Menschen dazu angehalten zu glauben statt zu denken. Man hat sie gelehrt, sich auf andere zu verlassen, statt selbst etwas zu durchdenken.

      Jahrtausendelang hat man die Leute gelehrt, blind zu vertrauen, statt sich selbst eine Meinung zu bilden. Jahrtausendelang hat man ihnen Überzeugungen, Treue und Glauben beigebracht, aber nicht selbstständiges Denken. Mit dem Ergebnis, dass die Menschheit immer abhängiger geworden ist. Unser Geist ist in Ketten gelegt worden. Die Leute plappern nur Dinge nach, die von anderen stammen; von sich aus denken sie nichts.

      Egal welche Frage ich stelle, eure Antwort wird praktisch nachgeplappert sein; sie wird nicht auf eurer Meditation beruhen. Wenn ich euch frage: „Existiert Gott?“ – Hand aufs Herz: Stammt eure inbrünstige Antwort wirklich von euch? Wenn ich euch frage: „Gibt es eine Seele?“, überlegt bitte, ob eure spontane Antwort: „Natürlich gibt es eine Seele!“ bzw. „Nein, es gibt keine Seele!“ auf eigenem Nachdenken beruht oder einfach nur auf eurer Erziehung. Habt ihr das aus einer heiligen Schrift? Oder wiederholt ihr nur, was ihr von irgendeinem Meister gehört und übernommen habt? Oder habt ihr‘s erkannt? Wenn die Antwort nicht auf eurer Erkenntnis beruht, macht euch klar, dass euer Geist abhängig ist.

      Vergesst die Seele und Gott – nicht einmal die normalsten Lebenserfahrungen sind unsere eigenen. Selbst die plappern wir nach. Wenn ich euch eine blühende Rose zeige und euch frage, ob sie schön ist, werdet ihr vermutlich sagen: „Ja, sie ist schön.“ Aber denkt nur mal kurz darüber nach: Habt ihr das übernommen oder seid ihr selber darauf gekommen? Verschiedene Völker auf der Welt finden verschiedene Blumen schön. Verschiedene Gemeinschaften auf der Welt halten verschiedene Gesichter für schön. Die Kinder einer bestimmten Gemeinschaft übernehmen ganz einfach deren Schönheitsideal und plappern es dann ihr ganzes Leben nach.

      Eine Nase, die man in Indien für schön hält, wird in China nicht für schön gehalten. Da fragt man sich doch, ob diese Schönheitserfahrung aus einem selbst stammt oder eine gesellschaftliche Prägung ist. Ein Gesicht, das in Indien für schön gilt, gilt in Japan für unschön, und das Gesicht eines Schwarzen, das in Afrika für schön gilt, ist für indische Augen abstoßend. Für Inder sind schmale Lippen schön, für Schwarze sind vollere Lippen schön. Dann wird ein afrikanisches Kind sein Leben lang behaupten, dass volle Lippen schön seien, während ein in Indien geborenes Kind sein Leben lang behaupten wird, dass schmale Lippen schön sind. Wessen Lippen sind also schön? Welches Gesicht, welche Blume? Da spricht nicht unsere Erfahrung, sondern nur unsere Prägung.

      Wenn ich euch Frage, was Liebe ist, werdet ihr nur eine Antwort nachplappern. Ihr werdet es in irgendeinem heiligen Buch gelesen haben. Ihr mögt die Liebe selbst kaum erfahren und erforscht haben. Wenn unsere Persönlichkeit und unser Geist alles nachplappern, praktisch als Echo der Gesellschaft, sind sie alles andere als unabhängig – wie sollten sie? Wir sind nur Echos, wir plappern nur nach. Die Stimme unserer Gesellschaft hallt in uns nach und wir wiederholen sie ständig. Wir sind nicht individuell; unsere Individualität ist einfach noch nicht in uns geboren worden. Wie kann einer, dessen Individualität noch nicht geboren wurde, die Unsterblichkeit erlangen? Was könnt ihr vorweisen, das ihr verewigen möchtet? Was könnt ihr vorweisen, das ihr euer Eigen nennen könntet, das ihr erkannt und gelebt hättet? Wenn ihr gar nichts habt, dann ist der Tod gewiss und alles, was ihr eurer Gesellschaft schuldet, wird nichts nützen. Was habt ihr hervorgebracht, das ihr nicht von der Gesellschaft hättet, das nicht von jemand anderem stammte? Habt ihr irgendetwas Authentisches vorzuweisen? Wenn nicht, wie wollt ihr euer Innerstes, eure Seele erkennen können?

      Sobald ihr etwas authentisch Eigenes in eurem Geist habt, beginnt ihr euch eurer Seele zu nähern. Dann werdet ihr würdig, dann seid ihr imstande, die Seele zu erkennen. Aber solange ihr noch keinen unabhängigen Geist habt, kommt es einfach gar nicht infrage, dass eure Individualität geboren wird. Wir sind geistig durch und durch abhängig; wir sind geistig versklavt. Und diese Versklavung sitzt tief.

      Auf tausenderlei Weise sind wir zur Sklaverei abgerichtet worden. In jeder Hinsicht ist man bemüht, uns zu Sklaven zu machen. Und das geschieht nicht von Ungefähr. Es ist im Interesse der Gesellschaft, im Interesse des States, im Interesse der Religionen und der Sekten, im Interesse der Priester und Pandits, dass der Mensch ein Sklave bleibt. Denn je versklavter einer ist, desto ausbeutbarer ist er. Je versklavter einer ist, desto geringer seine Möglichkeit zu rebellieren. Wer geistig abhängig ist, kann der Gesellschaft nicht gefährlich werden. Revolten und Revolutionen werden so unmöglich.

      Folglich lässt die Gesellschaft nichts unversucht, um die Menschen von Kindesbeinen an abhängig zu machen. Das Hauptmittel, um jemanden geistig zu versklaven, ist die Erziehung und Prägung. Ehe wir uns versehen, liegen wir bereits in Ketten. Die Ketten haben viele Namen – z.B. Hindu oder Jain, Inder oder Nicht-Inder, Christ oder Moslem; die Ketten haben verschiedene Etiketten, verschiedene Namen. Unser Geist liegt in unzähligen Ketten, und irgendwann bemerken wir sie überhaupt nicht mehr.

      Nur ganz wenige Menschen denken; die meisten zitieren einfach nur. Dann spielt es keine Rolle, ob sie Mahavira zitieren, ob sie Buddha zitieren, ob sie die Gita oder den Koran zitieren. Solange ihr euch auf jemanden beruft, begeht ihr die größte Sünde an eurer Seele. Solange ihr jemanden zitiert, seid ihr einverstanden damit, abhängig zu sein. Der Gesellschaft zufolge werden die Ungläubigen zur Seele finden, bleiben alle, die nicht glauben, von Moksha ausgeschlossen. Aber das ist einfach töricht!

      Glaube ist blind, Glaube ist Knechtschaft, aber Moksha ist die endgültige Freiheit. Wie wollt ihr durch Glauben zu Moksha finden? Glaube macht einfach blind. Er ist genauso blind wie die Blindheit des Körpers: die Blindheit der Begierde.


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