VERLIEBT IN DAS LEBEN. Osho

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VERLIEBT IN DAS LEBEN - Osho


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und gehen. Nur weil rechts und links alles statisch ist, merkt ihr im Vergleich dazu, merkt ihr an dieser Relation, dass euer Zug sich bewegt. Und vielleicht habt ihr schon einmal diese bizarre Erlebnis gehabt: Dein Zug steht am Bahnsteig, auf der anderen Seite steht ein anderer Zug. Dein Zug setzt sich in Bewegung, und du hast den Eindruck, als würde sich der andere Zug in Bewegung setzen … es sei denn, du schaust gleichzeitig auf den unbeweglichen Bahnsteig. Bewegung ist eine relative Erfahrung. Wenn sich im Geist kein Gedanke bewegt, ist man in der Leere. Die Zeit bleibt stehen, weil man sie ohne Bewegung nicht messen kann: Du bist nicht da, der Verstand ist nicht da, die Zeit ist nicht da – und es herrscht Friede – und alles entspannt sich!

      Ich vermute, dass der sexuelle Orgasmus überhaupt die Ursache dafür war, wieso die Menschen eine erste Ahnung von Meditation bekommen konnten. Daraufhin müssen irgendwelche Genies angefangen haben zu experimentieren: „Wenn wir es schaffen die Gedanken anzuhalten, und unser Ich aufzugeben sodass der Verstand aussetzt, die Zeit aussetzt, dann brauchen wir keinen sexuellen Orgasmus.“ Man kann die gleiche orgasmische Erfahrung aus sich heraus machen, aber dann ist sie nicht mehr sexuell, dann ist es eine spirituelle Erfahrung. Der sexuelle Orgasmus muss die erste Ahnung geweckt haben, dass die gleiche Erfahrung auch ohne Sex möglich ist. Sonst hätte der Mensch niemals die Meditation entdeckt. Meditation ist kein natürliches Phänomen.

      Der sexuelle Orgasmus ist ein natürliches Phänomen, aber alle Gesellschaften verhindern, dass ihre Kinder den sexuellen Orgasmus erfahren. Niemand erwähnt auch nur ein Wort davon. Das ist die Strategie. Und es ist eine sehr gefährliche Strategie, ein krimineller Akt gegen die gesamte Menschheit; denn Kinder, die um den sexuellen Orgasmus betrogen werden, werden niemals den Drang nach Meditation verspüren. Oder ihr Drang wird so schwach sein, dass sie nichts dafür aufs Spiel setzen wollen.

      Um das einundzwanzigste Lebensjahr herum erreicht also der Sex seinen Höhepunkt. Wenn man ihm freien Lauf lässt – so wie es bei Gautam Buddha der Fall war, der alle schönen Mädchen seines Reiches bekam, der von lauter schönen Mädchen umringt war, der tiefe Orgasmuserfahrungen gemacht hatte – dann beginnt zwischen einundzwanzig und achtundzwanzig die Suche, also in den nächsten sieben Jahren. Denn der sexuelle Orgasmus ist biologisch: bald versiegt die Energie, und man bekommt keinen Orgasmus mehr. Zweitens braucht man dazu einen anderen Menschen, eine Frau, einen Mann. Das macht euch unfrei, was ein sehr hoher Preis dafür ist.

      Wenn ein Mensch also ganz natürlich weiterwächst, ganz natürlich aufwachsen darf, dann wird er zwischen dem einundzwanzigsten und dem achtundzwanzigsten Jahr nach Mitteln und Wegen forschen und suchen, wie er die Physiologie, die Biologie überwinden und doch in der Lage bleiben kann, zu immer tieferen orgasmischen Erfahrungen vorzudringen.

      Zwischen achtundzwanzig und fünfunddreißig sind all diese Leute – Gautam Buddha, Zarathustra, Laotse, Tschuangtse, Jesus – zu höheren Seinsebenen vorgestoßen. Und um nicht belästigt zu werden, um nicht von anderen abgehalten zu werden, um nicht abgelenkt zu werden, haben sie sich als Einsiedler in die Berge zurückgezogen. So wie ich es sehe, taten sie das nicht aus Lebensfeindlichkeit, sondern suchten einfach nur einen stillen Ort, wo es keine Ablenkungen gab und wo sie die größte orgasmische Erfahrung machen konnten, die es gibt … das, was William James den „ozeanischen Orgasmus“ genannt hat, bei dem du dich völlig im Ozean der Existenz auflöst, so wie ein Tautropfen, der vom Lotusblatt in den See gleitet.

      Das dreißigste Jahr hat es also in sich. Alle großen Sucher sind zwischen achtundzwanzig und fünfunddreißig als ihre Suche begann. Das ist der Zeitpunkt des Suchens und Forschens, des Forschens nach einer Dimension, die nicht körperlicher, sondern geistiger Natur ist.

      Hier genoss er seines Geistes und seiner Einsamkeit und wurde dessen zehn Jahre nicht müde.

      Er blieb zehn Jahre im Gebirge. Seine Einsamkeit, seine Stille, sein Friede vertiefte sich zusehends, und er war voller Seligkeit. Obgleich er allein war, konnte er gar nicht genug davon bekommen.

      Endlich aber verwandelte sich sein Herz –, und eines Morgens stand er mit der Morgenröte auf, trat vor die Sonne hin und sprach zu ihr also …

      An diesem Punkt schlägt Zarathustra einen neuen Weg ein. Mahavira verharrte in seiner Abgeschiedenheit, Buddha verharrte in seinem Alleinsein, und wer immer auch Zeuge davon wurde, erkannte, dass etwas geschehen war – etwas, das über alle Begriffe ging: Diese Menschen waren Verwandelte. Sie waren strahlend geworden. Sie strahlten vor Freude. Ein gewisses Flair umgab sie. Sie hatten etwas erkannt. Ihre Augen hatten eine Tiefe, wie nie zuvor, und ihre Gesichter hatten eine Anmut, die etwas ganz Neues war. Und auf diese Weise kam ganz unmerklich ein Missverständnis auf. Alle, die Zeuge davon wurden, meinten, diese Menschen hätten, weil sie in die Berge gezogen waren, dem Leben entsagt. Und so wurde der Verzicht auf das Leben zu einem Grundstein aller Religionen. Dabei hatten sie dem Leben durchaus nicht entsagt.

      Ich würde gern die Geschichte der Welt von A bis Z neu schreiben, vor allem was diese Menschen betrifft. Denn ich kenne sie, aufgrund meiner eigenen Erkenntnis. Ich brauche mich nicht um Fakten zu scheren. Ich weiß die Wahrheit. Diese Menschen hatten sich nicht vom Leben abgewandt – sie hatten einfach nur die Abgeschiedenheit gesucht. Sie wollten doch nur allein sein. Sie hatten sich nur allen Ablenkungen entzogen. Aber der Unterschied zwischen Gautam Buddha und Zarathustra kommt dort zum Vorschein, wo Gautam Buddha, nachdem er zu sich gefunden hat, nicht erklärt: „Jetzt brauche ich kein Einsiedler, kein Mönch mehr zu sein, ich kann zurückkehren und ein einfacher Mensch unter Menschen sein, mitten im Trubel der Welt.“

      Vielleicht gehört dazu noch mehr Mut, als zum Rückzug aus der Welt. Zur Welt zurückzukehren erfordert mehr Mut. Bergauf zu steigen ist hart, aber sehr befriedigend. Du steigst höher und höher und höher, und wenn du erst mal am höchsten Gipfelpunkt angelangt bist, gehört enorm viel Mut dazu, wieder abzusteigen, zurück in die dunklen Täler, die du verlassen hast – einfach nur, um den Menschen die Botschaft zu bringen: „Ihr braucht nicht ewig im Dunkeln zu bleiben, ihr braucht nicht immer Leid und Hölle zu ertragen.“

      Denn vielleicht werden gerade diejenigen diesen Abstieg verdammen, denen du helfen möchtest. Solange du aufsteigst, bist du ein großer Heiliger, aber wenn du nach unten zurückkehrst, hält man dich vielleicht für einen Gefallenen – du bist von deiner Größe, von deiner Höhe gefallen.

      Es gehört zweifellos der größte Mut auf Erden dazu, wieder ganz gewöhnlich zu werden, nachdem du an die Höhen des Absoluten gerührt hast. Zarathustra beweist diesen Mut. Es ist ihm egal, was die Leute sagen werden – dass man ihn verdammen wird, dass man glauben wird, er wäre von seinen Gipfeln gestürzt und sei nun kein Heiliger mehr. Ihm ist es wichtiger, seine Erfahrung mit allen zu teilen, die dafür vielleicht bereit, empfänglich und offen sind, und mögen es auch noch so Wenige sein.

      Und eines Morgens stand er mit der Morgenröte auf, trat vor die Sonne hin und sprach zu ihr also: „Du großes Gestirn! Was wäre dein Glück, wenn du nicht die hättest, welchen du leuchtest!

      Die Tragweite dieser Worte ist ungeheuer. Zarathustra sagt hier: Die Vögel jubeln, denn die Sonne ist aufgegangen. Der ganze Planet scheint sich zu freuen, wach und voller Energie zu sein, voller Hoffnung auf den kommenden Tag. Die Sonne ist aufgegangen …

      Aber er will mit diesen Worten auch sagen, dass die Sonne ebenfalls erfreut sein muss, weil so viele Blumen aufgeblüht sind, so viele Vögel singen. Wären keine Vögel da und keine Blumen, und würde niemand auf sie warten – die Sonne wäre traurig. Was damit gemeint ist, ist klar: Wir alle hängen zusammen. Selbst der kleinste Grashalm hängt mit dem größten Stern am Himmel zusammen. Diese Zusammenhänge sind nur nicht sichtbar. Wir wissen, dass mit der Sonne, falls sie eines Tages nicht aufgehen sollte, alles Leben von diesem Planeten verschwinden würde. Ohne die Wärme und lebensspendende Energie der Sonne kann hier nichts mehr leben.

      Aber die Mystiker haben seit jeher auch den Umkehrschluss betont: Würde alles Leben von der Erde verschwinden, dann würde die Sonne nicht mehr aufgehen. Für wen denn?

      Zarathustra will damit Folgendes sagen: „Ich ströme über von Freude, von Frieden. Jetzt brauche ich jemanden, der es mir abnimmt. Ich bin übervoll. Ich muss es mit anderen teilen, sonst wird mir selbst das Glück zu schwer.“ Selbst das Glück kann schmerzvoll werden, wenn man es nicht mit anderen


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