Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke. Osho

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Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke - Osho


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dass man durch unbeteiligtes Beobachten draußen ist, wird man sozusagen kopflos. Dann zieht man ohne Kopf über die Erde. Was für ein wunderschönes Phänomen, ein Mensch, der ohne Kopf einhergeht … Das meine ich, wenn ich sage: „Werdet weiße Wolken, werdet kopflose Erscheinungen.“ Ihr könnt euch überhaupt nicht vorstellen, welche Stille über euch kommt, wenn der Kopf verschwunden ist. Euer physischer Kopf wird natürlich noch da sein, aber die Verstrickung, die Besessenheit damit ist verschwunden. Der Kopf ist kein Problem, er ist wunderschön, ein herrliches Mittel zum Zweck, der größte Computer, der bis heute erfunden wurde. Ein komplexer, leistungsfähiger Mechanismus – wunderbar. Man kann ihn genießen und benutzen. Aber woher habt ihr die Idee, dass ihr selbst im Kopf seid?

      Wahrscheinlich habt ihr noch nicht gehört, dass im alten Japan die Leute auf ihren Bauch zeigten, wenn man sie fragte, wo sie denken. In Japan wurde den Leuten beigebracht, dass der Bauch das Denkzentrum ist.

      Als die Europäer in Japan ankamen, konnten sie nicht fassen, dass dort alle dachten, dass der Kopf im Bauch ist und nicht im Kopf. Es ist eine westliche Einstellung, zu glauben, dass man im Kopf sitzt. Im alten Japan hat das Denken aus dem Bauch prächtig funktioniert, aber jetzt leben die Japaner auch mehr im Kopf. Es gibt noch andere Traditionen, die das Denkzentrum in anderen Körperteilen ansiedeln. Laotse behauptete, dass man von den Fußsohlen aus denkt. Es gibt tatsächlich taoistische Yoga-Techniken, die einem helfen sollen, aus den Fußsohlen herauszukommen. Sie denken, dass dort das Denkzentrum sitzt.

      Was ist nun die Wahrheit? Die Wahrheit ist, dass ihr immer jenseits seid. Man kann sich mit jedem beliebigen Körperteil identifizieren. Im Westen sind die Leute mit ihrem Kopf identifiziert und im Orient mit ihrem Bauch.

      Ihr habt vielleicht von D.H. Lawrence gehört. Der glaubte, dass man vom Geschlechtszentrum her denkt, und von nirgends sonst. Alle haben gleich recht und unrecht, und man muss sich für nichts entscheiden, denn der unbeteiligte Beobachter ist immer jenseits. Man kann sich mit jedem Körperteil identifizieren und denken, dass das Denken von dort kommt. Das Denkzentrum umgibt den ganzen Körper und ist doch jenseits des Körpers.

      Ihr müsst also nicht herauskommen, denn ihr wart nie drinnen. Die Gans ist draußen, schon längst draußen!

      Beobachtet, und wenn ihr beobachtet, urteilt nicht. Gebt keine Kommentare ab. Wenn ihr kommentiert, verfehlt ihr den Punkt, um den es geht. Beobachtet einfach, wie alles überall ineinander fließt. Betrachtet den Strom des Bewusstseins, die atomischen Gedankenblasen, die überall herumschweben, und ihr sitzt am Ufer des Flusses in Betrachtung. Der Fluss der Gedanken fließt und fließt; sagt nicht, das ist gut oder das ist schlecht, sagt nicht, dies sollte sein oder jenes sollte nicht sein, sagt gar nichts und betrachtet nur. Ihr werdet nicht um eure Meinung gebeten.

      Ihr seid keine Richter, sondern nur Betrachter. Und dann seht, was geschieht: Wenn ihr den Fluss des Bewusstseins in dieser Weise betrachtet, seid ihr plötzlich jenseits davon … die Gans ist draußen. Wenn ihr einmal begriffen habt, dass ihr draußen seid, könnt ihr für immer jenseits bleiben. Und dann könnt ihr kopflos über diese Erde ziehen.

      So werdet ihr also eure Köpfe los. Alle sind viel mehr daran interessiert, die anderen aus ihren Köpfen herauszubringen, als sich selbst. Aber das nützt nichts, das habt ihr schon zu lange gemacht. Werdet euren eigenen Kopflos!

      Kopflos sein bedeutet, in tiefer Meditation sein.

      Genug für heute.

      4. Kapitel

       Alle Hoffnungen sind falsch

      Du hast uns immer gesagt, wie leicht es sei, unsere Egos fallen zu lassen und eins zu werden mit den weißen Wolken. Du sagst, dass wir alle Millionen von Leben gelebt haben, und in vielen Leben waren wir mit Buddhas, Krishnas und Christussen zusammen und trotzdem haben wir unsere Egos noch nicht aufgegeben. Erweckst du nicht falsche Hoffnungen in uns?

      ALLE HOFFNUNGEN SIND FALSCH. Zu hoffen bedeutet, in Falschheit zu leben. Es ist keine Frage von falschen Hoffnungen, alles was du hoffen kannst, ist falsch. Hoffnung kommt aus der Falschheit eures Wesens. Wenn man echt ist, braucht man keine Hoffnungen. Dann denkt man nicht an die Zukunft und an das, was geschehen könnte. Wenn man echt und wahrhaftig ist, verschwindet die Zukunft. Wenn man unecht ist, wird die Zukunft bedeutend, und man lebt darin. Dann ist eure Wirklichkeit nicht hier und jetzt – eure Realität liegt irgendwo in den Träumen von der Zukunft. Und ihr gestaltet eure Träume so realistisch wie möglich, um euren Träumen den Anstrich der Wirklichkeit zu geben.

      So wie ihr seid, seid ihr nicht real. Darum habt ihr immer so viele Hoffnungen, und alle Hoffnungen sind falsch. Meine ganze Arbeit besteht darin, euch auf euch selbst zurückzuwerfen. Das Ego existiert nicht wirklich. Es ist die gesamte Anballung eurer Träume, aller Unechtheiten, aller Unwirklichkeiten. Das Ego kann nicht in der Gegenwart existieren.

      Seht dieses Phänomen: Das Ego lebt immer in der Vergangenheit oder in der Zukunft, nie hier und jetzt – niemals, das ist unmöglich. Wenn ihr über die Vergangenheit oder die Zukunft nachdenkt, ist das Ego da, das Ichgefühl. Aber wenn ihr hier seid und nicht über die Vergangenheit oder die Zukunft nachdenkt, wo ist dann das Ich?

      Wenn du unter einem Baum sitzt und nicht über die Vergangenheit oder die Zukunft nachdenkst, einfach nur da bist, wo ist das Ich? Man fühlt es nicht mehr, es ist nicht mehr da – das Ego kann in der Gegenwart nicht existieren. Die Vergangenheit ist verflossen, die Zukunft ist noch nicht geboren, beide sind nicht. Die Vergangenheit ist vergangen und die Zukunft ist noch nicht entstanden, beide gibt es nicht. Es gibt nur die Gegenwart, und in der Gegenwart konnte noch kein Ego gesichtet werden.

      Wenn ich also sage: „Lasst das Ego fallen“. Was meine ich? Ich gebe euch keine neuen Hoffnungen, ich nehme euch all eure Hoffnungen. Und das ist die Schwierigkeit, weil ihr von euren Hoffnungen lebt und meint, sterben zu müssen, wenn es keine mehr gibt. Ihr fragt euch nun, wofür ihr lebt … wofür? Warum soll man sich von einem Augenblick zum anderen begeben? Wofür?

      Das Ziel ist mit den Hoffnungen verschwunden. Und ihr fragt nun, warum soll ich immer weitermachen, wenn es nichts zu erreichen gibt? Ihr könnt nicht ohne Hoffnungen leben – darum ist es so schwer, das Ego fallen zu lassen. Hoffnung bedeutet Leben für euch. Wenn ein Mensch Hoffnungen hat, erscheint er uns vitaler und lebendiger, wir denken, er sei stark. Wenn jemand keine Hoffnungen hat, erscheint er uns hilflos und deprimiert und auf sich selbst zurückgeworfen. Dann weiß er nicht, was er machen soll und wohin er sich wenden soll. Ohne Hoffnungen beschleicht euch ein Gefühl der Sinnlosigkeit, und ihr erfindet sofort eine neue Hoffnung als Ersatz.

      Wenn eine Hoffnung zunichte ist, wird sofort Nachschub geleistet, weil ihr den leeren Zwischenraum nicht ertragen könnt. Ihr könnt nicht hoffnungslos leben. Aber ich sage euch, dass das die einzige Lebensart ist. Das Leben wird zum ersten Mal authentisch und wirklich, wenn keine Hoffnungen mehr da sind.

      Der zweite wichtige Punkt, den ihr verstehen müsst, wenn ich sage, dass es leicht ist, das Ego fallen zu lassen, ist der, dass die ganze Erscheinung des Egos unrealistisch und unwirklich ist. Aber damit meine ich nicht, dass es leicht für euch ist, es fallen zu lassen. Wenn das Ego unecht ist, wie kann es schwierig sein, aus einem Traum aufzuwachen, wenn es doch nur ein Traum ist? Wenn es Wirklichkeit wäre, gäbe es Schwierigkeiten, aber wo liegt das Problem, wenn ein Traum nur ein Traum ist? Ihr könnt heraus. Träume können euch nicht gefangen halten, euch von nichts abhalten und keine Hindernisse werden. Träume haben keine Kraft – darum nenne ich sie Träume. Es ist leicht, aus einem Traum herauszukommen, deshalb sage ich, dass es leicht ist, das Ego fallen zu lassen. Aber ich rede nicht von euch, für die der Traum immer noch Wirklichkeit ist. Euch kommt das Ego nicht wie ein Traum vor, es scheint euch nicht falsch zu sein – es ist eure einzige Realität. Alles andere sieht dagegen falsch aus.

      Wir leben durch das Ego. Wir sind alle auf der Suche nach größeren Ego-Trips, der eine mit Hilfe von Reichtümern, der andere durch Macht, Ansehen, Ruhm; einer in der Politik, der nächste als Priester in der Religion. Es gibt Millionen Wege, aber das Endziel ist immer das Gleiche – mehr Ich-Bestätigung, mehr Ego-Befriedigung zu finden. Für euch ist das die einzige Realität. Das Unechte ist das Echte geworden. Das Falsche real.


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