Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang. Оноре де Бальзак

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Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang - Оноре де Бальзак


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      »Bin ich etwa ein Wucherer?« erwiderte Birotteau vorwurfsvoll.

      »Mein Gott, lieber Herr, ich war schon bei Ihrem früheren Kommis du Tillet; er wollte sie um keinen Preis nehmen, wahrscheinlich wollte er herausbekommen, wieviel ich von dem Betrage ablassen würde.«

      »Die Namen hier sind mir ganz unbekannt«, sagte der Parfümhändler.

      »Ach, wir haben beim Schirm- und Stockhandel so merkwürdige Namen, das sind Kolporteure!«

      »Nun, ich werde zwar nicht alle nehmen, aber mit den kurzfristigen wird es sich machen lassen.«

      »Ach, lassen Sie mich doch nicht wegen der tausend Franken mit vier Monat Sicht hinter den Blutsaugern herlaufen, die uns das Letzte von unserm Nutzen wegnehmen, nehmen Sie doch alle, lieber Herr Birotteau. Ich kann so wenig diskontieren, ich habe keinen Kredit, das ruiniert uns Kleinhändler.«

      »Also gut, ich nehme sie, Cölestin wird die Abrechnung machen. Also auf elf Uhr, halten Sie sich bereit. Da kommt ja mein Architekt, Herr Grindot«, fügte der Parfümhändler hinzu, als er den jungen Mann erscheinen sah, mit dem er sich am Abend vorher bei Herrn von Billardiere verabredet hatte. »Sie sind, gegen die Gewohnheit genialer Menschen, pünktlich, Herr Grindot«, sagte Cäsar zu ihm, indem er seine höchste kaufmännische Liebenswürdigkeit entfaltete. »Wenn die Pünktlichkeit, nach dem Worte jenes Königs, der ein ebenso geistvoller Mann wie ein großer Politiker war, die Höflichkeit der Könige ist, so bedeutet sie auch für die Kaufleute ein Vermögen. Zeit ist Geld, das gilt besonders für euch Künstler. Die Architektur ist die Vereinigung aller Künste, habe ich mir sagen lassen. Wir wollen nicht durch den Laden gehen«, sagte er und zeigte auf einen Nebeneingang.

      Herr Grindot, der vor vier Jahren den Grand Prix der Architektur davongetragen hatte, war eben aus Rom, nach dreijährigem Aufenthalt auf Staatskosten, zurückgekehrt. In Italien hatte der junge Künstler nur an die Kunst gedacht, jetzt, in Paris, dachte er daran, wie er zu Vermögen kommen könne. Die Regierung allein ist in der Lage, einem Architekten, der durch einen Monumentalbau berühmt werden will, die erforderlichen Millionen zuzuweisen; wenn man aus Rom kommt, hält man sich natürlich für einen Fontaine oder Percier, und deshalb sucht jeder ehrgeizige Architekt Fühlung mit dem Ministerium zu bekommen; der als Liberaler nach Rom Geschickte war Royalist geworden und versuchte nun, die Protektion einflussreicher Leute zu erlangen. Wenn ein »Grand Prix« so handelt, dann nennen ihn seine Kameraden einen Intriganten. Der junge Architekt sah hier zwei Wege vor sich: er konnte den Parfümhändler ohne Übervorteilung bedienen, oder ihn ausbeuten. Aber Birotteau war Beigeordneter, Birotteau war der künftige Besitzer der Hälfte der Terrains an der Madeleinekirche, wo früher oder später ein schönes Stadtviertel gebaut werden würde, er musste also schonend behandelt werden. Grindot opferte daher den momentanen Gewinn den Vorteilen der Zukunft. Er hörte geduldig den Plänen, dem Geschwätz und den Vorschlägen dieses Mitgliedes der Bourgeoisie zu, die die ständige Zielscheibe des Spottes und Witzes der Künstler, der ewige Gegenstand ihrer Verachtung war, und folgte der Gedankenentwicklung des Parfümhändlers mit beifälligem Kopfnicken. Dann als dieser alles breit auseinandergesetzt hatte, versuchte der junge Architekt, ihm seinen Plan kurz zusammenzufassen.

      »Sie haben an der Straßenfront drei Fenster und das Fenster, das nur die Treppe und den Treppenabsatz erhellt. Zu diesen vier Fenstern wollen Sie die beiden des Nachbarhauses, die das gleiche Niveau haben, hinzunehmen und durch Verschieben der Treppe für die ganze Wohnung nach der Straße hin eine Zimmerflucht herstellen.«

      »Sie haben mich vollkommen verstanden«, sagte der erstaunte Parfümhändler.

      »Wenn man Ihren Plan ausführen will, muss man für die neue Treppe das Licht von oben her beschaffen und unter dem Sockel eine Portierloge aussparen.«

      »Einen Sockel? ...«

      »Ja, das ist die Unterlage ...«

      »Ich verstehe, Herr Grindot.«

      »Was Ihre Wohnung anlangt, so lassen Sie mir mit der Einteilung und Ausstattung freie Hand. Ich will, dass sie würdig ...«

      »Würdig! Sie haben das richtige Wort ausgesprochen, Herr Grindot.«

      »Und wieviel Zeit gewähren Sie mir für diese Ausstattung?«

      »Drei Wochen.«

      »Und welchen Betrag wollen Sie den Arbeitern in den Rachen werfen?« fragte Grindot.

      »Ja, wie teuer wird mir denn die ganze Ausführung zu stehen kommen?«

      »Bei einem Neubau kann ein Architekt die Kosten bis auf einen Centime ausrechnen,« erwiderte der junge Mann; »aber da ich mich nicht darauf verstehe, einen Bourgeois hineinzulegen ... (Verzeihung, Herr Birotteau, das Wort ist mir so entschlüpft...), so muss ich Ihnen sagen, dass es bei Reparatur- und Flickarbeiten unmöglich ist, die Kosten vorher zu fixieren. Ich könnte kaum in acht Tagen annähernd einen Anschlag machen. Schenken Sie mir Vertrauen: Sie sollen eine wunderhübsche Treppe mit Oberlicht bekommen, ein nettes Vestibül nach der Straße zu, und unter dem Sockel ...«

      »Immer dieser Sockel ...«

      »Beunruhigen Sie sich nicht, es wird sich ein Platz für die Portierloge finden. Die Herrichtung Ihrer Wohnräume wird mit liebevoller Sorgfalt überlegt und ausgeführt werden. Ja, Herr Birotteau, mir geht es um die Kunst und nicht ums Geld! Ist es nicht am wichtigsten für mich, dass man von mir redet, wenn ich etwas erreichen will? Und das beste Mittel dazu ist, dass man nicht mit den Lieferanten unter einer Decke steckt und mit wenig Aufwand Schönes erzielt.«

      »Bei solchen Grundsätzen, junger Mann,« sagte Birotteau mit Protektormiene, »werden Sie in die Höhe kommen.«

      »Schließen Sie also«, fuhr Grindot fort, »mit den Maurern, Malern, Zimmerleuten und Tischlern direkt ab. Ich übernehme es, ihre Rechnungen zu prüfen. Gewähren Sie mir nur ein Honorar von zweitausend Franken, das wird wohlangelegtes Geld sein. Übergeben Sie mir die Räume morgen Mittag und bezeichnen Sie mir Ihre Arbeiter.« »Und wie hoch kann die Ausgabe sich annähernd belaufen?« sagte Birotteau.

      »Auf zehn- bis zwölftausend Franken,« erwiderte Grindot. »Nicht gerechnet das Mobiliar, das Sie doch zweifellos erneuern werden. Geben Sie mir die Adresse Ihres Tapezierers, ich muss mich mit ihm wegen der zu wählenden Farben verständigen, damit das Ganze sich einheitlich und geschmackvoll präsentiert.«

      »Herr Braschon, Rue Saint-Antoine, empfängt meine Aufträge«, sagte der Parfümhändler mit der Würde eines Herzogs.

      Der Architekt schrieb sich die Adresse in eins jener kleinen Notizbüchelchen, die immer das Geschenk einer hübschen Frau sind.

      »Also ich verlasse mich auf Sie, Herr Grindot«, sagte Birotteau. »Warten Sie nur noch so lange, bis ich die Mietszession wegen der beiden Nachbarzimmer erledigt und die Erlaubnis zum Durchbrechen der Mauer erhalten habe.«

      »Schreiben Sie mir darüber heute Abend ein paar Zeilen«, sagte der Architekt. »Heute Nacht werde ich die Pläne entwerfen, wir arbeiten doch noch lieber für die Bourgeois als pour le roi de Prusse, das heißt für uns. Ich werde jedenfalls schon die Maße nehmen und die Höhe, die Dimensionen der Bilder und die Entfernungen zwischen den Fenstern feststellen ...«

      »Aber wir müssen an dem festgesetzten Tage fertig sein,« begann Birotteau wieder, »sonst kann nichts daraus werden.«

      »Es wird eben sein müssen«, sagte der Architekt. »Es wird nachts gearbeitet werden, wir werden den Anstrich künstlich trocknen; lassen Sie sich nur nicht von den Unternehmern übervorteilen, machen Sie die Preise vorher ab, und überzeugen Sie sich, dass sie innegehalten werden.«

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