Der Frosch mit der Maske. Edgar Wallace

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Der Frosch mit der Maske - Edgar  Wallace


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mir überhaupt klar wurde, was geschehen war. Ich bin nicht besorgt um ihn, denn Genter hat einen Revolver, und er ist ein zäher Bursche in schweren Unternehmungen, aber ...«

      Gordon blickte nach dem Mann und durch ihn hindurch. »Ich glaube, Sie hätten auf das Auto vorbereitet sein müssen«, sagte er. »Wenn Sie Genters Botschaft für wohlbegründet hielten und er den Fröschen auf der Spur war, wie Sie sagten, so hätten Sie das Auto erwarten müssen. Nehmen Sie Platz, Wellingdale.«

      Der grauhaarige Mann gehorchte. »Ich versuche nicht, mich zu entschuldigen«, sagte er. »Die Frösche haben mich überrumpelt. Früher habe ich sie als einen Spaß betrachtet.«

      »Es mag sein, daß wir klüger wären, wenn wir sie auch jetzt noch als einen Spaß betrachteten«, meinte Dick und, biß das Ende seiner Zigarre ab. »Sie mögen nichts sein als ein verrückter geheimer Verein. Schließlich dürfen sogar Stromer ihre Vereinslokale haben, ihre Losungsworte, Griffe und Zeichen.«

      Wellingdale schüttelte den Kopf. »Sie kommen über das Fazit der letzten sieben Jahre nicht hinweg«, sagte er. »Es ist nicht nur die Tatsache, daß jeder zweite Straßenräuber, den wir einfingen, den Frosch auf das Handgelenk tätowiert hatte, das mag bloße Nachahmung sein, und auf jeden Fall haben alle Gauner von niedriger Mentalität Tätowierungszeichen. Aber in diesen sieben Jahren hatten wir eine Serie der unangenehmsten Verbrechen. Zuerst den Angriff auf den Chargé d'affaires von der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten, den sie im Hyde-Park niederschlugen. Dann den Fall des Präsidenten der Northern Trading Co., der mit einer Keule getötet wurde, als er aus seinem Auto in Park-Lane ausstieg. Dann das große Feuer, das Rohgummi im Werte von vier Millionen Pfund in Rauch aufgehen ließ. Es war sicherlich das Werk von etwa einem Dutzend Bomben, denn die Lagerhäuser bestanden aus sechs großen Wagenschuppen, und jeder einzelne wurde gleichzeitig an beiden Enden angezündet. Wir fingen zwei Leute aus der Gummiaffäre. Beide waren Frösche, beide trugen das Totem ihres Stammes. Sie waren Ex-Sträflinge, und einer von ihnen gab zu, daß er Instruktionen gehabt hätte, um diese Arbeit auszuführen, aber er nahm seine Worte am nächsten Tag sogleich wieder zurück. Ich habe nie einen geängstigteren Mann gesehen als ihn. Ich könnte Ihnen noch Dutzende von Fällen anführen. Sie wissen, daß Genter jetzt seit zwei Jahren auf ihrer Spur ist. Aber was er in diesen zwei Jahren hat erdulden müssen, das wissen auch Sie nicht. Er hat im Lande herumvagabundiert, hat hinter Hekken geschlafen, hat sich mit jeder Art von Landstreichern befreundet und hat mit ihnen gestohlen und geraubt. Als er mir schrieb, daß er mit der Organisation in Verbindung getreten sei und eingeweiht zu werden hoffe, dachte ich, er wäre jetzt nahe daran, sie zu haben. Aber der heutige Morgen hat mich ganz krank gemacht.«

      Dick Gordon öffnete eine Schublade seines Pultes, entnahm ihr eine Ledermappe und wendete die Blätter um, die sie enthielt. Er studierte sie sorgfältig, als sähe er sie zum ersten Male. In Wahrheit hatte er diese Gefangenenprotokolle durch Jahre hindurch fast Tag um Tag geprüft. Es waren Handgelenksfotografien vieler Männer. Er schloß nachdenklich die Ledermappe und legte sie in die Schublade zurück. Ein paar Minuten lang saß er still und trommelte mit den Fingern auf den Rand seines Schreibtisches. Ein Schatten zog über seine Stirn. »Der Frosch ist immer auf das linke Handgelenk tätowiert, immer ein wenig schief, und immer ist ein kleiner Punkt darunter gesetzt«, sagte er. »Scheint Ihnen das irgendwie bemerkenswert?« Aber der Polizeichef fand keineswegs etwas Merkwürdiges daran.

      3

      Es dunkelte bereits, als zwei Landstreicher, die das Dorf Morby umgangen hatten, wieder auf die Poststraße kamen. Die Umgehung des Ortes war für sie ein mühevolles und anstrengendes Unternehmen gewesen, denn der Regen, der den ganzen Tag hindurch gefallen war, hatte die gepflügten Felder in zähe braune Moorstrecken verwandelt, wodurch die Fußwanderung zu einer Geduldsprobe wurde.

      Der eine der Landstreicher war groß, unrasiert, schäbig. Er trug den verschossenen braunen Rock bis zum Kinn zugeknöpft, den niederhängenden, eingedrückten Hut auf den Hinterkopf zurückgeschoben. Mit ihm verglichen, schien sein Gefährte nur von kleinem Wuchs, obgleich er übermittelgroß und ein wohlgewachsener breitschultriger Mann war. Während sie so auf der lehmigen Landstraße dahinstapften, sprachen sie kein Wort. Der kleinere Mann blieb zweimal stehen und sah in der zunehmenden Dunkelheit umher, als ob er nach einem Verfolger ausspähe. Und einmal ergriff er des großen Mannes Arm und zog ihn hinter die Büsche, die die Landstraße begrenzten. Dies geschah, als unter Getöse und Aufspritzen des nassen Schlammes ein Auto an ihnen vorbeiraste. Nach einer Weile bogen sie von der Straße ab, überquerten ein Feld und kamen an den Rand eines unbebauten Landstrichs, über den eine alte Wagenspur hinführte.

      »Jetzt sind wir gleich da«, brummte der kleinere Mann, und der andere grunzte seine Zustimmung. Trotz all seiner anscheinenden Gleichgültigkeit nahmen seine Augen jede Einzelheit der Szenerie auf: Ein einsames Gebäude am Horizont, das wie eine Scheune aussah ... Grafschaft Essex ... wie er nach der Nummerbezeichnung des Autos vermuten mußte, die er vermerkt hatte, als der Wagen an ihm vorbeisauste. Unbebautes Land ... wahrscheinlich zu einer nicht mehr in Betrieb stehenden Lehmgrube führend ...oder war es ein Steinbruch? Nahe dem Tor, durch das die Wagenspur lief, war an einem wackligen Pfosten ein altes Ankündigungsbrett befestigt. Es war zu finster, um die verwischte Inschrift zu lesen, aber er erkannte das Wort: »Kalk«. »Kalkstein?« Es würde ein leichtes sein, dies später zu ergründen. Die einzige Gefahr für ihn bestand nur in der möglichen Überzahl der Frösche. Unter dem Schutz seines Überrockes fühlte er nach dem Browning und ließ ihn in seine äußere Tasche gleiten. Hilfe gab es nicht, und er erwartete sie auch nicht. Carlo hatte ihn im Weichbild der City in sein elendes Auto aufgenommen und hatte ihn kreuz und quer durch den Regen gefahren, indem er Nebenstraßen folgte und Städte und Dörfer vermied, so daß Genter, wäre sein Platz auch an der Seite des Fahrers gewesen, sich nicht hätte zurechtfinden können. Aber er war in die Finsternis des kleinen Wagens gesetzt worden und hatte nichts gesehen. Wellingdale und dessen Beobachter, die ihn bewacht hatten, waren auf das Auto nicht vorbereitet gewesen. Ein Vagabund mit einem Auto war eine Ungeheuerlichkeit. Er selbst, Genter, war zurückgezuckt, als der Wagen beim Gehsteig anhielt, wo er wartend gestanden hatte, und Carlos Stimme zischelte: »Steig ein!« Unter sich sah Genter verrostete Eisenkarren, durcheinandergeworfene Eisenbahnschienen, dazwischen tiefe, regengefüllte Sprenglöcher. Jenseits, auf der scharfen Linie des Steinbruchrandes, stand eine winzige Holzhütte. Und zu dieser lenkte Carlo seine Schritte.

      »Nervös, was?« fragte er, und es klang wie Spott in seiner Stimme.

      »Nicht sehr«, sagte der andere kühl. »Vermutlich sind die Frösche in der Bude da drunten?« Carlo lachte leise.

      »Es sind keine da«, sagte er. »Nur der Frosch allein. Er kommt vom Steinbruch herauf. Es ist da eine Treppe unter der Hütte. Guter Einfall, was? Die Hütte hängt gerade über dem Abgrund, und die Stufen kann man nicht einmal sehen, wenn man sich auf dem Bauch vorschiebt und über den Rand hinunterschaut. Ich habe es einmal versucht. Die werden ihn nie fangen, nicht, wenn sie Millionen von Spitzeln schicken!«

      »Nun, und wenn sie den Steinbruch umstellen würden?«

      »Du glaubst doch nicht, daß er es nicht weiß, wenn er gefangen werden soll? Er weiß alles, der Frosch.« Er sah auf des anderen Mannes Hand herab. »Weh wird's nicht sehr tun«, sagte er. »Und es lohnt sich. Du wirst nie mehr ohne Kollegen sein, Harry. Wenn du in eine Patsche kommst, zieht dich der beste Advokat 'raus. Wir suchen solche Burschen wie du einer bist, es gibt so massenhaft kleine Halunken, die wegen so ganz kleiner Sachen sich schon einbilden, daß sie zu uns gehören. Aber du wirst große Arbeit machen, und wenn du für ihn etwas Besonderes zu tun hast, setzt er Hunderte und Hunderte von Pfunden für dich. Wenn du krank wirst, oder du bist hungrig oder so, so werden die Frösche zu dir kommen und dir helfen.«

      Genter schwieg. Sie waren jetzt etwa zwölf Schritte von der Hütte entfernt, einem starken Gebäude, aus kräftigem Bauholz gezimmert, mit einer Tür und einem geschlossenen Fensterladen. Der Mann, der sich Carlo nannte, machte Genter ein Zeichen, zu verweilen. Er selber ging vorwärts und klopfte an die Tür. Genter sah, wie der Mann zum Fenster trat und dessen Laden um eines Zolles Breite sich öffnete. Es schien ein Gespräch im Flüsterton zu folgen, dann kam Carlo zurück.

      »Er hat gesagt, daß er Arbeit für dich


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