Der kleine Fürst Classic 37 – Adelsroman. Viola Maybach

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Der kleine Fürst Classic 37 – Adelsroman - Viola Maybach


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war ...

      »Ich treffe mich jedenfalls heute mit Jo«, sagte Ludovica in ihre Gedanken hinein.

      Alinas Herz machte einen Satz. »Mit welchem Jo denn?«, fragte sie, obwohl sie die Antwort wusste.

      »Johannes von Brahms. Er ist immerhin klug und langweilt mich nicht mit irgendwelchen Geschichten von seiner letzten Reise. Ich mag ihn.«

      »Und er betet dich wahrscheinlich an und landet bald da, wo all deine Verehrer über kurz oder lang landen«, stellte Alina fest. Sie hoffte, dass ihr nicht anzumerken war, wie sehr es sie traf, dass auch der Mann, den sie von Anfang an attraktiv gefunden hatte, zu den Verehrern ihrer Cousine zählte.

      »Ja, sicher«, bemerkte Ludovica gelangweilt. »Verlieben könnte ich mich nie in ihn.«

      »Warum gehst du dann mit ihm aus und machst ihm Hoffnungen, Vicky? Man spielt nicht mit den Gefühlen anderer Menschen!« Alina war unversehens heftig geworden, das hatte sie nicht unbedingt vorgehabt. Erschrocken verstummte sie.

      Ludovicas Blick war voll grenzenloser Überraschung. »Ich spiele doch überhaupt nicht!«, sagte sie. »Ich finde den Mann nett, also gehe ich mit ihm aus. Mehr hat das nicht zu bedeuten.«

      »Weiß er das auch?«

      »Ich kann nicht in seinen Kopf sehen«, erklärte Ludovica und stand auf zum Zeichen dafür, dass sie das Gespräch nicht fortzusetzen wünschte. Kritik war sie nicht gewohnt. Sie ließ sich von Alina zwar einiges sagen, aber es gab Grenzen. Dennoch fühlte sie sich genötigt, noch einen Satz zu ihrer Verteidigung anzufügen: »Die Männer sind alle erwachsen, Alina, ich zwinge ja niemanden, mit mir auszugehen – und ich spiele auch niemandem Gefühle vor, die ich nicht habe.«

      Alina biss sich auf die Lippen, sie wollte nichts mehr erwidern. Jede Fortsetzung ihres Gesprächs hätte unweigerlich zu einem Streit geführt – zu einem fruchtlosen Streit. Ludovica würde sich niemals ändern. Entweder sie akzeptierte das oder sie musste ihr die Freundschaft kündigen – doch dafür hatte sie ihre Cousine viel zu gern, all ihren Fehlern zum Trotz.

      *

      »Ich höre, man sieht dich mit Gräfin Ludovica«, sagte Olga von Brahms, als ihr Enkel Johannes sie eines Sonntags besuchte.

      »Ja, ich war einige Male mit ihr essen«, erwiderte er. Als sie daraufhin schwieg, beugte er sich vor und griff nach ihren Händen. »Großmama, was ist los? Du hast doch etwas auf dem Herzen. Heraus damit.«

      »Ich mache mir Sorgen um dich, das ist alles«, erklärte sie. »Die Gräfin hat einen ... gewissen Ruf, das weißt du hoffentlich?«

      Er lächelte. »Du meinst den Ruf, dass sie alle Männerherzen bricht?«

      »Ja«, antwortete sie mit Nachdruck. »Ich will nicht, dass sie dich unglücklich macht. Natürlich ist sie sehr schön, und ich verstehe, warum sie eine so große Anziehungskraft auf Männer ausübt, aber …«

      Er unterbrach sie. »Ich habe nicht die Absicht, mich in sie zu verlieben, Großmama.«

      Ihr Blick hätte erstaunter nicht sein können. »Du bist noch gar nicht in sie verliebt?«

      »Nein, bin ich nicht. Ich finde sie attraktiv, das ist richtig, aber wenn ich ehrlich sein soll: Ich mag ihre Arroganz nicht. Sie denkt, dass sie allen überlegen ist – und Männer nimmt sie sowieso nicht ernst. Aber sie kann sehr amüsant sein, und deshalb habe ich die Abende mit ihr in guter Erinnerung.«

      »Ach«, sagte Olga, »und ich dachte, ich müsste dich warnen.«

      »Nein, musst du nicht. Außerdem werden wir uns nicht mehr treffen, es ist nämlich ein neuer Verehrer am Horizont aufgetaucht, der sich mächtig ins Zeug legt, und ich habe deshalb beschlossen, mich unauffällig zu­rückzuziehen. Sie wird es gar nicht merken, schätze ich.«

      »Da bin ich aber froh!«, rief Olga. »Wenn du wüsstest, wie beunruhigt ich war, als ich las, dass man euch zusammen gesehen hat.«

      »Das ist auch so ein Punkt«, sagte Johannes. »Wo sie geht und steht, wird sie fotografiert – das wäre nichts für mich, Großmama. Du weißt, ich brauche meine Ruhe.«

      Sie sah ihn forschend an. »Warum bist du denn überhaupt mit ihr ausgegangen, Jo?«

      Er zuckte mit den Schultern. »Es hat sich eher so ergeben«, antwortete er nach kurzem Nachdenken. »Ich glaube, sie hatte gerade nichts Besseres vor, und ich war in der Nähe – so ähnlich war das. Und ich hatte auch gerade nichts Besseres vor, außerdem war ich neugierig, wie sie wirklich ist. Man erzählt sich ja viele Geschichten über sie. Also, vergiss Ludovica, ja?«

      »Gern«, antwortete Olga und fügte dann beiläufig hinzu: »Sie hat eine ganz reizende Cousine, hast du die auch kennengelernt?«

      »Nein, nicht dass ich wüsste«, erklärte Johannes.

      »Alina heißt sie.«

      »Warte mal, warte mal – da war eine Alina, jetzt erinnere ich mich. So eine Zierliche mit einem runden Gesicht. Auch dunkelhaarig, aber sonst hatte sie überhaupt keine Ähnlichkeit mit Ludovica.«

      »Das war sie! Ihr seid also nicht miteinander ins Gespräch gekommen?«

      »Nein, irgendwie hatte ich plötzlich Ludovica neben mir, und dann habe ich mich nur noch mit ihr unterhalten. Aber ich erinnere mich jetzt wieder an Alina.« Sie hatte ihn angelächelt, auf eine scheue, aber auch ein wenig spöttische Weise – und dann war sie verschwunden. Fragend sah er seine Großmutter an. »Wenn ich mit Alina ausginge, hättest du also nichts dagegen – obwohl es dieselbe Familie ist?«

      »Das ist doch keine Frage der Familie!«, rief Olga. »Es ist eine Frage des einzelnen Menschen, Jo.«

      Als er auf dem Heimweg war, nahm er sich fest vor, seine Bekanntschaft mit Alina von Schönbrunn beim nächsten Mal zu vertiefen. Es kam selten genug vor, dass seine Großmutter Sympathie für eine junge Frau äußerte – wenn sie es dann doch einmal tat, musste das ja seine Gründe haben.

      *

      »Alle fertig?«, fragte Baron Friedrich von Kant. »Können wir abfahren?«

      »Konny fehlt noch«, antwortete Baronin Sofia nervös. »Dabei habe ich ihm gesagt, dass wir uns pünktlich auf den Weg machen müssen.«

      »Konny ist doch immer unpünktlich«, stellte die dreizehnjährige Anna von Kant fest. »Das wisst ihr doch, Mama und Papa!«

      Christian von Sternberg, Sofias Neffe und zugleich Cousin von Anna und ihrem älteren Bruder Konrad, ging zurück zum Hauptportal von Schloss Sternberg. »Ich sehe mal nach, wo er bleibt.«

      »Ich bitte Sie, Prinz Christian, das kann ich doch übernehmen«, sagte Eberhard Hagedorn, lang­jähriger Butler auf Sternberg – und einer der besten Butler der Welt.

      »Nein, nein, ich mache das schon, Herr Hagedorn.«

      Mit diesen Worten betrat Christian das Schloss und lief dann, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, nach oben in den ersten Stock, wo die Privaträume der Familie lagen. »Konny, wir warten alle auf dich!«

      Konrad erschien in der Tür seines Zimmers, hochrot im Gesicht. »Ist es schon so spät? Mist, verdammter! Ich habe mich mit Laura gestritten, und jetzt geht sie nicht ans Telefon. Mir ist die ganze Reise nach München verdorben, wenn wir uns nicht versöhnen. Es war alles meine Schuld, ich …«

      Christian unterbrach ihn. »Du schreibst ihr im Auto eine SMS und entschuldigst dich«, sagte er. »Die SMS wird sie schon lesen – und jetzt komm endlich, Onkel Fritz ist kurz vorm Platzen.«

      Konrad nickte und folgte seinem Cousin.

      »Na, endlich!«, rief der Baron. »Was war denn los?«

      Christian warf seinem Cousin einen schnellen Blick zu und entschloss sich, ihm zu helfen. »Probleme mit der Fliege«, sagte er. »Aber jetzt ist alles in Ordnung.«

      »Das nächste Mal überlege ich es mir drei Mal, ob ich euch mitnehme, wenn wir in die Oper fahren«, brummte der Baron und


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