Waco 6 – Western. G.F. Waco
Читать онлайн книгу.Indianer lesen und sie auch so geschickt auslöschen. Wenn nur seine Trunksucht nicht wäre. Er führt ständig einen Wasserschlauch mit sich. Aber in diesem Schlauch ist Brandy, billigster Fusel. Sie haben es erlebt, daß er so lange trank, bis er schrie und Fledermäuse zu sehen glaubte. Dann wird er zu einer unberechenbaren Bestie, die selbst auf die eigene Familie losgeht.
Als er losstampft, winkt er Brian. Sie steigen auf und reiten davon. Zurück bleibt das Tal mit zwei Toten und einem Verwundeten, der vielleicht auch noch sterben wird.
Wie immer setzt sich der Alte an die Spitze und angelt nach seiner Blechflasche. Er trinkt wieder, sieht zu seinem ältesten Sohn und knurrt:
»Die Rinder haben wir, Junge. Jetzt kommt es darauf an, daß diese beiden Galgenstricke, deine Stiefbrüder Hardison und Lemuel, genug Bäume im Wald geschlagen haben. Ich breche ihnen alle Knochen, wenn sie nicht so geschuftet haben, daß es aussieht, als hätten wir mit vier Mann Bauholz geschlagen.«
Bereits seit zwei Wochen sind Hardison und Lemuel Madock in den Animas Bergen. Dorthin hat man auch den Alten und Brian Madock mit dem schweren Wagen und dem Werkzeug fahren sehen. Daß Brian und Dimp Madock aber nur einen Tag in der Waldgegend geblieben sind, weiß niemand außer ihnen. Selbst Claire Madock, Dimps zweite Frau, hat keine blasse Ahnung von Dimps Plan. Was der Alte auch immer unternimmt – es bleibt das Geheimnis seines Sohnes Brian und der beiden Stiefbrüder
Brians.
»Die wissen, worum es geht«, erwiderte Brian mürrisch. »Mir macht nur O’Leary Sorge. Das ist ein sturer Kerl, Dad, der wird wochenlang nach seinen Rindern suchen.«
Der Alte trinkt, fährt sich über den bärtigen Mund und lacht krächzend.
»Hähä, der kann lange suchen, der Narr. Die Hälfte der Rinder kommt gleich nach Arizona hinüber, das besorgen die Daltons schon. Die anderen brennen wir erst um. Ich habe seit Wochen schon die Rinderverkaufsorder unseres Freundes aus Texas in der Tasche. Wir brennen über das L-Brandzeichen O’Learys einfach ein H. Dann ist das verdammte L verschwunden, Junge. Wenn wir den neuen Brand richtig behandeln, sieht er drei Monate alt aus.«
Brian nickt, er weiß, daß Archer Dalton unten in Nordtexas einen Viehhandel hat. Dort sitzt Daltons Partner, und er hat die echte Verkaufsbescheinigung über zwanzig Rinder mit einem H-Brandzeichen beschafft. Sind die gestohlenen Rinder umgebrannt, wird niemand mehr nachprüfen können, woher die Rinder stammen. Nach Dimp Madocks Bescheinigung hat er sie bereits vor Monaten verkauft.
Dalton hält sich nur zwei-, dreimal im Jahr in Texas auf. Die andere Zeit verbringt er in New Mexico und Arizona. Hier stehlen er, sein Bruder Charles und Clyde Molton laufend Rinder und Pferde. Dimp Madock, der das Land genau kennt, sorgt dafür, daß sie nie erwischt werden. In der Nähe von Moltons kleiner Ranch hat die Bande ein raffiniertes Versteck. Dort brennen sie Rinder und Pferde um.
*
Polternd kracht der schwere Baumstamm vom Transporter herunter. Im Hof der in den Hatchetbergen liegenden Madock Ranch stapeln sich die Stämme. Der eine Baumstamm kommt jäh ins Rollen.
»Hardison, Vorsicht!« schreit der schlanke dunkelhaarige Lemuel gellend auf.
Hardison, groß und hager wie seine Mutter, macht einen wilden Satz zur Seite und brüllt vor Schmerz, als ihn der Stamm mit dem oberen Ende doch noch erwischt. Keine vier Zoll neben seinem Bein knallt der Stamm in die Erde, und Hardison bleibt, sich das Kreuz haltend, liegen.
»Oh, verflucht«, knurrt Brian finster. »Der hätte dich beinahe erwischt.«
Claire Madock, die Mutter von Hardison und Lemuel, taucht in der Haustür auf. Als sie sieht, daß nichts passiert ist, humpelt sie wieder ins Haus zurück. Ihr linkes Bein ist seit Jahren steif. Sie hat nur einmal versucht, Dimp Madock aufzuhalten, als er Hardison mit seiner Treiberpeitsche verprügelte. Diese fürchterliche Peitsche hat der Alte ständig bei sich. Damals hatte Hardison versucht auszureißen, aber der Alte fing ihn ein, schleifte ihn am Lasso nach Hause und schlug, im Sattel sitzend, vor den Augen von
Claire, Brian und Lemuel wie ein Rasender auf Hardison ein. Als Claire ihm in den Arm fallen wollte, riß er sein Pferd hoch und ließ es anspringen. Claire Madock stürzte hin, und die Pferdehufe trafen ihr Bein. Seitdem humpelt sie, und Hardison hat den Rücken voller schwerer Narben.
Blaß, verhärmt und mit glanzlosen Augen geht Claire Madock in die Küche zurück. Drei Kinder hat sie in die Ehe mit Dimp Madock gebracht, während er seinen Sohn, Brian, hatte. Clarissa Madock arbeitet in einem
Store in der Stadt. Und da der Alte sein Geld meist versäuft, ist es Clarissa, die ihre Familie versorgt.
Wie die Mutter, so hat auch Clarissa keine Ahnung von Dimp Madocks krummen Geschäften. Angeblich ist Dimp »fromm« geworden, seitdem ihn William Mallings, der größte Rancher der Gegend, vor Jahren beim Pferdediebstahl erwischte. Er war ausgesprochenes Pech für den wilden Dimp Madock, und er verbrachte acht Monate im Jail. Bei der Verhandlung gebärdete er sich wie ein wildes Tier und schwor, er würde Mallings umbringen.
Einige Jahre später fand man William Mallings tot neben seinem Pferd in der Playa. Obgleich der Doc sagte, Mallings hätte einen Herzschlag bekommen und sei friedlich gestorben, geht seitdem das Gerücht um, daß der Teufel Dimp ihn umgebracht hat.
Stöhnend richtet sich Hardison wieder auf und hält sich den Rücken. Er hockt sich auf den Querbalken des Sägegestelles und ächzt:
»Hölle, ich bekomme kaum Luft. Verdammt, war das knapp.«
Lemuel zuckt die Achseln, steigt auf den Wagen und setzt die Wuchtstange an. Hardison aber bleibt drüben sitzen, sieht zu und merkt nicht, daß sich hinter ihm Schritte nähern. Erst Brians starrer Blick warnt hn, aber es ist bereits zu spät.
Durch die Luft pfeift die geflochtene Schnur der schweren Treiberpeitsche heran.
Der Hieb klatscht Hardison über beide Schultern. Mit einem heiseren Schrei saust Hardison in die Höhe. Er macht sofort einen Satz zur Seite, bekommt aber noch einen Hieb über das Gesäß und hört den Alten wild brüllen:
»Das nennst du fauler Galgenstrick arbeiten? Sitzt herum und läßt deine Brüder die Arbeit für dich miterledigen. Komm her, du Hundesohn!«
»Komm du doch«, knirscht Hardison aufsässig und saust hinter das Gestell. »Verdammt, mir ist ein Baum ins Kreuz gedonnert. Ich habe mich nur einen Moment hingesetzt.«
»He, Dad, er hat recht, es ist wahr«, mischt sich Brian brummig ein. »Laß ihn in Ruhe.«
Das Gesicht des Alten verzerrt sich vor Wut. Er flucht vor sich hin, rollt aber seine Peitsche zusammen. Vor Brian hat er etwas wie heimliche Angst. Seitdem seine Söhne groß geworden sind, fürchtet sich der Alte davor, daß sie eines Tages gemeinsam auf ihn losgehen könnten.
»Faules Volk«, flucht er bissig. »Euch zeige ich es noch, Brian – hast du Geld?«
»Geld?« echot Brian zynisch. »Faß mal einem nackten Mann in die Tasche. Ich habe nichts. Woher sollte ich denn auch?«
»Und du Lemuel?« forscht der Alte wild. »Hardison..., eh, ich habe Durst.«
»Den habe ich auch«, erwidert Hardison mürrisch. »Nur würde ich Wasser trinken und mir was zu essen kaufen, hätte ich einen Dollar. Bin abgebrannt.«
»Verfluchtes Hundeleben«, giftet der Alte. »Soll ich trocken liegen, bis wir die Rinder verkauft haben?«
Er schielt zum Haus, aber seine Frau klappert in der Küche mit den Töpfen. Sie ist des festen Glaubens, daß Dimp mit seinen Söhnen in den Bergen wirklich Holz geschlagen hat. Aus den Stämmen müssen Bretter geschnitten werden, denn der Scheunenanbau fällt ohne Flickarbeit in sich zusammen. Es ist ein Wunder, daß Dimp Madock überhaupt etwas an der Ranch tut. Die Ranch gehört im Grunde Hardison, Lemuel und Clarissa Madock. Ihr Vater hat sie einmal aufgebaut. Dennoch bestimmt der Teufel Dimp hier, als sei sie sein Eigentum.
Fluchend wendet sich Dimp um und geht zum Haus.
»Er hat nichts zu saufen«, knurrt Brian finster, als er in der Küche