Der exzellente Butler Parker 3 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Das dritte Rennen war abgeläutet worden. Alle sechs Galopper kamen gut vom Start. Die Distanz waren die traditionellen eineinhalb Meilen. Schon auf der Geraden zog sich das Feld auseinander. Imperator unter Jack Maxwell lag vorn.
Der Jockey stand tief vorgebeugt in den Bügeln. Lady Agatha hielt ihr perlmutt-schimmerndes Fernglas an die Augen und folgte ihrem Favoriten bis zur Gegengeraden.
Im Publikum entstand Erregung. Prognosen wurden laut.
»Das Tempo hält der Gaul nicht durch...«
»Maxwell prügelt die letzten Reserven raus...«
Doch der vierjährige Außenseiter blieb an der Spitze und hatte schon die Zielgerade an den Tribünen vor sich. Lady Agatha geriet in Ekstase. »Gib’s ihm! Zeig’s ihm!« Imperator galoppierte, daß die Fetzen flogen.
Offenbar verstand der durch Myladys Hut bedrängte Nachbar die Anfeuerungsrufe als Anweisung an Parker. Er duckte sich und verpaßte dem Butler einen Hieb in die Magengegend. Sofort war ein Tumult im Gange.
»Verzeihung, Sir«, sagte Parker mit kaum merklicher Luftnot nach dem Schlag, ehe er den Angreifer mit Judo matt setzte.
Die Umstehenden achteten längst nicht mehr auf den Einlauf der Galopper. Lady Agatha wurde angerempelt und hin und her gestoßen, als die allgemeine Rauferei begann.
Josuah Parker schützte seine Herrin nach Kräften. Mylady schien nicht zu bemerken, was um sie herum vorging. Sie ruderte mit beiden Armen und ließ den Pompadour kreisen.
»Betrug...!« rief Agatha Simpson baritonal. »Er hält das Pferd absichtlich zurück!«
Josuah Parker fand im Getümmel einen Lidschlag lang Zeit für die Ziellinie. Imperator lag eine Nasenlänge hinter dem hochfavorisierten Mercy Dream zurück.
Was unmittelbar vor dem Ziel geschah, bekam Parker nicht mit, weil er sich in dem Getümmel wehren mußte. Lady Agatha reagierte, als hätte sich eine Katastrophe ereignet.
Imperator war gestürzt, der Jockey aus dem Sattel geflogen. Auch Mercy Dream schaffte die Ziellinie nicht. Wiehernd brach das Pferd aus, behinderte den Einlauf der restlichen Galopper und steilte mit den Hufen schlagend hoch.
Parker brauchte sich plötzlich nicht mehr zu wehren. Die ganze Aufregung konzentrierte sich auf das Geschehen im Ziel. Durango unter Freddie Winter wurde Erster, gefolgt von Silvermoon und Flabbergast. Auf der Tribüne war es still geworden.
Unten bemühten sich Stallburschen und Helfer, Imperator einzufangen und Mercy Dream zu beruhigen. Jack Maxwell hielt sich die Hüfte und hinkte davon.
»Das Rennen ist ungültig...«, behauptete Agatha Simpson.
»Mit Verlaub, Mylady«, sagte Parker. »Man sollte die Lautsprecherdurchsage abwarten und nicht unnötig Aufmerksamkeit erregen.«
»Mister Parker, ich habe tausend Pfund auf Platz und Sieg gesetzt! Ich habe viel verloren, wenn das Rennen nicht annulliert wird.«
»Geschieht Ihnen recht, Ma’am«, knurrte der Rennplatzbesucher, der Mylady zuvor beleidigt hatte. Er massierte sich diverse Körperpartien, die mit Parkers Judokunst Bekanntschaft gemacht hatten. »Wer sich so aufführt wie Sie, sollte Platzverbot bekommen. Wir sind in Ascot und nicht in einer Stierkampfarena...«
»Halten Sie den Mund!« fuhr ihn Lady Agatha an und warf den Kopf zurück, weil die Durchsagen des dritten Rennens begannen. Wieder wurden einige Zuschauer von Myladys apartem Hut gestreift, doch der Lautsprecher übertönte die ärgerlichen Ausrufe.
»... Durango auf dem ersten Platz und Sieger. Zweiter Silvermoon, Dritter Flabbergast. Vierter Platz für Dogrose. Imperator und Mercy Dream sind disqualifiziert, die Jockeys werden zur Rennleitung gebeten.«
Auf der Tribüne wurde es lebhaft. In den Applaus der glücklichen Gewinner mischten sich Buhrufe und Proteste, allen voran Agatha Simpson wollte das dritte Rennen annulliert haben.
»Mister Parker, ich werde gegen diese Entscheidung aufs schärfste Vorgehen. Die Betrüger stecken alle unter einer Decke ...«
»Sehr wohl, Mylady.« Der Butler bahnte eine Gasse bis zur Treppe. Er und seine Herrin gerieten trotzdem in den Sog der Gewinner, die bei den Schaltern der Buchmacher die ersten sein wollten.
Durangos Sieg kam unerwartet. Es regnete zerrissene Wettscheine, die die enttäuschten Zuschauer in die Luft warfen.
Agatha Simpson brachte ihre imposante Leibesfülle unnachsichtig bis zum Treppenabgang.
Es gelang ihr auch ohne Hilfe des Butlers, bis zum Gitter vorzudringen, hinter dem die Wettscheine geprüft und die Auszahlungen vorgenommen wurden. Lady Agatha präsentierte ihre Kopie.
»Ich verlange mein Geld zurück – sofort und auf der Stelle! Unerhört, wie eine alleinstehende Lady betrogen wird!«
»Imperator wurde disqualifiziert, Madam.«
Josuah Parker hatte sich mit vielen Entschuldigungen zu seiner Herrin durchgedrängt. »Die Entscheidung der Rennleitung ist nur anfechtbar, wenn Beweise für eine Manipulation erbracht werden können.«
»Das weiß ich selbst. Schaffen Sie die Beweise her, Mister Parker! Ich muß mein Geld wiederhaben, sonst bin ich ruiniert.«
Parker hielt dies für übertrieben, denn Agatha Simpsons Vermögen war immens.
»Wenn Mylady befehlen, wird meine bescheidene Wenigkeit mit Mister Maxwell Kontakt aufnehmen. Allerdings dürfte kaum mit befriedigenden Ergebnissen zu rechnen sein.«
»Dann übernehme ich es, den Mann zum Reden zu bringen. Führen Sie mich zum Aufreitplatz, Mister Parker! Ich werde Maxwell vor vollendete Tatsachen stellen. Er wird gestehen ...«
Agatha Simpson schritt hocherhobenen Hauptes davon. Der Angestellte des Buchmachers blickte ihr achselzuckend nach. »So, es geht weiter, Herrschaften. Die Einlaufwetten, aber die richtigen Scheine, wenn ich bitten darf...«
»Eine Unverschämtheit«, wandte sich die Lady an ihren Butler. »Ich hatte den richtigen Wettschein und bin betrogen worden!«
Parkers Miene blieb ungerührt. »Mylady erwähnten einen Tip. Ist es erlaubt zu fragen, von welcher Seite dieser Tip kam?«
Auf den Tribünen und auf dem Platz vor der Rennbahn hatte sich die Lage wieder normalisiert. Es kam häufig vor, daß ein in Führung liegendes Pferd auf der Zielgeraden stürzte. Maxwell hatte zu stark die Peitsche eingesetzt und Imperators Kraft vorzeitig verschlissen. Das größere Pech war aber, daß Mercy Dream, der Favorit, in den Sturz mit verwickelt worden war. Die passionierte Detektivin schritt angriffslustig durch die plaudernden Zuschauer, die auf das vierte Rennen warteten. Der Aufreitplatz war wie üblich dicht belagert, um aus dem aktuellen Zustand der Pferde Rückschlüsse auf den Ausgang des Rennens zu ziehen.
»Ich habe dafür bezahlt, Mister Parker«, erklärte Agatha Simpson. »Der Tip hat mich zwanzig Pfund gekostet. Alles stimmte. Imperator hätte das Rennen gemacht, wenn Mister Maxwell es nicht künstlich verhindert hätte.«
»Dies nachzuweisen wird schwer sein. Wenn Mylady mit dem Jockey sprechen wollen – Mister Maxwell steht dort drüben mit Lord Alfred zusammen.«
»Das schlechte Gewissen steht ihm im Gesicht geschrieben. Als erfahrene Kriminalistin habe ich für so etwas einen Blick.« Lady Agatha beeilte sich, bis zu Lord Alfred und dem Jockey vorzustoßen. Parker konnte kaum Schritt mit ihr halten.
»He!« rief Mylady wenig damenhaft. »Hiergeblieben, Maxwell! Halten Sie den Mann fest, Freddie. Ich werde diesen Betrüger streng verhören.«
»Oh, Agatha, liebe Freundin ...« Seine Lordschaft schien nicht sonderlich entzückt über das Zusammentreffen. »Maxwell arbeitet für mich. Er ist kein Betrüger. Ich war froh, daß ich einen solchen Mann für meinen Stall gewinnen konnte.«
»Soll das heißen, Sie haben Imperator in dieses Rennen geschickt? Sie waren das, Freddie?«
Lord Alfred sah unglücklich drein. »Mein Stallmeister hielt ihn für trainiert genug, das dritte Rennen zu gewinnen, Agatha. Maxwell hätte Imperator