Butler Parker 105 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker 105 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Ich hatte mir mehr davon versprochen.“

      „Möglicherweise wartet Miß Porter bereits in der Stadtwohnung auf Myladys Rückkehr.“

      „Rufen Sie von irgendwo an, Mr. Parker!“ Agatha Simpson war nicht mehr ganz bei der Sache. Ihre stille Erwartung, ein Abenteuer zu erleben, hatte sich nicht erfüllt. Sie war ein wenig ärgerlich.

      Parker wendete den Wagen und fuhr zurück in Richtung London. Er erinnerte sich der Feriensiedlung und wollte von dort aus die Stadtwohnung anrufen.

      Er konnte nicht wissen, daß Mylady dadurch doch noch zu ihrem Abenteuer kommen würde …

      *

      Er hatte das Isolierband an ihren Fußgelenken durchgeschnitten und brachte sie zur Tür des Badezimmers. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich, daß er sich in dem kleinen Ferienhaus nicht auskannte. Er hatte nach die-sem Baderaum erst suchen müssen.

      Kathy nahm an, daß die beiden Kidnapper gewaltsam in dieses leerstehende Haus eingedrungen waren. Daher hatten sie auch wohl darauf verzichtet, die Deckenbeleuchtung einzuschalten. Im Wohnraum brannte nur eine kleine Lampe, die auf einem fast leeren Bücherbord stand.

      „Mach bloß keinen Ärger“, sagte der Breitschultrige. Er öffnete die Tür, sah sich prüfend in dem kleinen Baderaum um und schob sie dann durch die Tür. Er war beruhigt, das kleine quadratische Fenster war kaum groß genug, selbst für einen schlanken Körper als Durchschlupf. Zudem war es sehr hoch angebracht.

      Kathy atmete auf, als sie allein war.

      Jetzt hatte sie eine echte Chance, den Kidnappern doch noch zu entwischen.

      Die Zeit reichte natürlich nicht, das stramm sitzende Isolierband auch von den Handgelenken zu entfer-nen.

      Kathy stieg geschmeidig hinauf auf den Toilettensitz und sperrte das kleine quadratische Fenster auf. Wenn man die Tür öffnete, mußte man es sofort sehen.

      Dann baute sie sich hinter der Tür auf und wartete ab. Sie hielt in beiden Händen den Griff einer langstie-ligen Rückenbürste, eine improvisierte Waffe, die erst mal Verwirrung stiften sollte.

      „Na, was is’?“ Der Breitschultrige vor der Tür wurde bereits unruhig und klopfte.

      Kathy Porter antwortete nicht, hob die Rückenbürste aber bereits an.

      „Was is’ denn? Ich komm’ jetzt rein!“ Der Kerl wurde ungeduldig, klopfte noch mal an und drückte dann die Tür schwungvoll auf.

      „Verdammt!“ sagte er, als er das geöffnete Fenster sah. Er nahm an, daß sein Opfer die Flucht ergriffen hatte, machte einen großen Schritt ins Badezimmer und drehte dabei ganz automatisch Kathy den Rücken zu.

      Sie ließ sich nicht lange bitten.

      Mit aller Kraft schlug sie zu und traf das linke Ohr des Mannes, der vor Überraschung und Schmerz laut aufheulte. Bevor er sich auf die junge Frau einstellen konnte, benutzte sie ihre gebundenen Hände als weite-re Waffe. Sie verabreichte dem mächtigen Kerl einen gekonnten Karatehieb.

      Er blieb wie angewurzelt stehen, sah sie aus glasig werdenden Augen an, wollte noch an seine Schußwaf-fe, die in einer Schulterhalfter steckte, verlor jedoch die Kontrolle über seine Bewegungen und rutschte dann in sich zusammen.

      Kathy war eine geschulte Sekretärin.

      Sie ergriff nicht gleich die Flucht, sondern zupfte dem Mann erst mal die Schußwaffe aus der Halfter, stieg dann über ihn hinweg, steckte den Türschlüssel um und schloß von außen ab. Dann lief sie in den Wohnraum und blieb in der kleinen Pantry vor einem Küchenbüfett stehen. Sie zog eine Schublade auf, ent-deckte ein Messer und schob es sich in den Mund. Das Messer mit den Zähnen festhaltend, zerschnitt sie dann das stramme Isolierband. Kathy arbeitete konzentriert und ruhig, als lege sie eine Geschicklichkeits-prüfung ab. Nach knapp dreißig Sekunden waren ihre Hände frei.

      Kathy massierte sich gerade die schmerzenden Handgelenke, als sie draußen vor dem Haus Schritte hörte.

      Der zweite Kidnapper!

      Sie lief zur nächsten Tür und drückte sie auf. Der Lichtschein sickerte den Raum hinein, der sich als ein Schlafzimmer entpuppte. Kathy rannte zurück und nahm gleich neben der Haustür hinter einem bis zum Fußboden reichenden Vorhang Deckung.

      In einem bestimmten Rhythmus wurde leise gegen die Tür geklopft.

      Da die junge Dame darauf selbstverständlich nicht reagierte und auch der Breitschultrige sich außerstande sah, einen Laut von sich zu geben, wurde der nächtliche Besucher sehr ungeduldig. Er trat oder warf sich gegen die Tür, die daraufhin aufsprang.

      Es handelte sich um den schlanken Mann mit den kalten, sadistischen Augen.

      Er war mißtrauischer als sein großer Partner, hielt bereits einen kurzläufigen 38er in der rechten Hand und rief verhalten den Namen „Jack“. Als keine Antwort kam, entschied er sich für das Schlafzimmer und pirschte sich an die halb geöffnete Tür heran. Dabei wurde er von Schritt zu Schritt immer schneller, wahr-scheinlich war er ärgerlich und glaubte, sein Partner vertreibe sich die Zeit mit gewissen Spielereien.

      Diesen Augenblick nutzte Kathy.

      Sie huschte geräuschlos hinaus in die nasse Nacht, verließ sofort den mit Steinplatten ausgelegten Weg und schlug sich seitwärts in die Sträucher und Büsche. Sie erreichte ein benachbartes Grundstück, rannte über glitschigen Rasen, erreichte die Straße und sah dann knapp vor sich einen dunklen Kastenlieferwagen, in dem sie wohl transportiert worden war.

      Nur zu gern hätte sie sich ans Steuer gesetzt und wäre losgefahren. Doch sie riskierte es nicht. Sie wußte nicht, wo der zweite Kidnapper sich befand. Kathy blieb im Schutz der Büsche und Sträucher stehen, prägte sich aber das beleuchtete Nummernschild genau ein.

      Da kamen auch schon die beiden Kidnapper.

      Der Breitschultrige litt augenscheinlich unter Konditionsmängeln, denn er ging nur langsam und torkelte wie betrunken. Er mußte von seinem schmaleren Partner nachdrücklich gestützt werden. Nur eine halbe Se-kunde lang spielte Kathy mit dem Gedanken, alles auf eine Karte zu setzen und die beiden Männer anzugrei-fen.

      Dann aber dachte sie an den kurzläufigen 38er. Eine tödliche Waffe in der Hand eines Killers!

      Sie ließ die beiden Kidnapper ziehen.

      Nach wenigen Minuten verschwand der dunkle Kastenlieferwagen hinter dichten Regenschleiern. Kathy Porter atmete auf und wußte, daß sie dem Tod gerade noch einmal entwischt war. Jetzt ging es darum, heil und sicher nach London zurückzukommen Sie durfte diesen beiden Männern nicht noch mal in die Hände fallen.

      Als Kathy Scheinwerferlicht auf der Straße entdeckte, verließ sie ihre Deckung, winkte und hoffte auf Mitnahme. Als der Wagen neben ihr hielt, schluckte Kathy vor Überraschung.

      „Ich möchte meiner ehrlichen Freude darüber Ausdruck verleihen, Miß Porter, Sie hier zu sehen“, sagte eine ihr mehr als wohlbekannte Stimme.

      „Mr. Parker!“ Sie jubelte innerlich auf.

      „Wo, zum Henker, treiben Sie sich denn eigentlich herum, Kindchen!?“ dröhnte Myladys Stimme aus dem Wagen, knurrig, aber erleichtert zugleich.

      „Hoffentlich bringen Sie eine gute Geschichte mit“, sagte Agatha Simpson, als Kathy neben ihr im Fond von Parkers hochbeinigem Wagen saß, „sonst wäre Ihr Benehmen nämlich unentschuldbar.“

      „Ich glaube, Mylady, Sie werden zufrieden sein“, deutete Kathy an.

      „Sie begeistern mich, Kindchen. Eine Geschichte für meinen ersten Roman?“

      „Sie hätten sie nicht besser erfinden können, Mylady“, gab Kathy zurück, „geheimnisvoll und mörderisch. Ich bin nämlich gekidnappt worden.“

      „Ist das nicht wunderbar, Mr. Parker?“ freute sich die angehende Autorin sichtlich. „Kindchen, Sie sind ein Schatz! Kidnapping ist ja auch ein schönes Thema!“

      „Sehr


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