Butler Parker Box 9 – Kriminalroman. Günter Dönges
Читать онлайн книгу.auch hier nicht gespart. Als Parker an der Kombüse vorbeikam, die mit allen technischen Einrichtungen ausgestattet war, steckte der Koch seinen Kopf durch die Tür.
»Ich suche den Matrosen Clark«, sagte Parker. »Haben Sie eine Ahnung, wo ich ihn finden kann?«
»Clark ist gerade in die Unterkunft gegangen«, erwiderte der Koch. »Gehen Sie den Gang runter, dann kommt eine Biegung nach rechts, dann die zweite Tür links, dort ist der Aufenthaltsraum.«
»Wie schaffen Sie das Essen eigentlich in den Salon?« fragte Parker, der sich ja bekanntlich für alles interessierte.
»Für die Gäste haben wir eine Extraküche«, sagte der Koch. »Sie befindet sich hinter dem Salon …«
»Allen Respekt vor Ihrer Arbeit«, meinte Parker, »übrigens, die Soße heute abend war delikat … Ich habe selten eine ähnliche geschmeckt, nur einmal vielleicht, als ich …, aber das gehört wohl nicht hierher … Sagen Sie, wie heißt noch der Freund dieses Mister Clark …? Mir ist der Name doch völlig entfallen.«
»Meinen Sie Jerry Manners?«
»Richtig …, der Name war mir doch tatsächlich entfallen … Sagen Sie, Manners hat wohl ebenfalls Freiwache, nicht wahr?«
»Das kann ich nicht sagen, Sir …«
»Nun, das ist jetzt auch nicht so wichtig«, meinte Parker freundlich. Er nickte dem Koch in einer Art zu, daß sich der Mann geradezu beschenkt fühlte.
Parker erreichte nach kurzer Wanderung den Aufenthaltsraum des seemännischen Personals. Er öffnete langsam die Tür und sah sich in dem behaglich eingerichteten Raum um. In einer Leseecke saß ein vierschrötiger Mann, der in einem Magazin blätterte.
Als Parker absichtlich in der Tür stehen blieb, sah der Mann automatisch hoch, ließ das Magazin sinken und starrte Parker entgeistert an.
Der Butler sagte immer noch nichts.
»Was wollen Sie …?« fragte ihn Clark kurz angebunden. »Suchen Sie jemand?«
»Habe ich die Ehre mit Mister Clark …?« erkundigte sich Parker und lüftete seine Melone.
»Klar, ich bin Clark …«
Der Mann stand sicherheitshalber auf. Er wußte Parker nicht einzuordnen und wollte wohl später keinen Ärger mit seinem Chef haben.
»Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen«, sagte Parker. »Offen wie ich bin, möchte ich Ihnen gestehen, daß mich eine fürchterliche Neugier hierher zu Ihnen getrieben hat …«
»Wie bitte?« fragte Clark und legte seine Hand hinter das rechte Ohr, als habe er nicht recht gehört. »Was ist …?«
»Ich möchte mich kurz vorstellen«, erwiderte Parker. »Ich bin seit einigen Stunden Gast von Mister Strander … Nun hörte ich da von einem Unfall, der, ich will es ehrlich sagen, auf mich einen recht merkwürdigen Eindruck gemacht hat …«
»Es war ein Unfall«, sagte Clark in einem Ton, als sei er bereits öffentlich beschuldigt worden.
»Sind Sie wirklich sicher, Mister Clark …?« erkundigte sich der Butler. »Ich habe mir sagen lassen, daß Mister Trotters ein vorzüglicher Schwimmer war.«
»Was wollen Sie eigentlich von mir?« fragte Clark aufgebracht. Seine Hände umklammerten die Tischplatte. »Ist es ein Verbrechen, ›Mann über Bord‹ zu rufen?«
»Aber nein …, dafür gebührt Ihnen eines Tages eine Medaille«, antwortete der Butler schnell. »Ich würde mir nur gern erzählen lassen, wie sich alles abgespielt hat … Ich möchte betonen, daß Sie mir selbstverständlich nicht zu antworten brauchen. Ich hätte doch nicht einmal das Recht, daraus Schlüsse zu ziehen.«
»Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?« fragte Clark mit belegter Stimme.
»Das ist schnell erklärt, mein lieber Clark … Ich will nichts anderes als einen Mord aufklären. Dazu brauche ich die Hilfe eines jeden hier an Bord.«
»Mord …?« echote Clark, und in seinen Augen stand die nackte Angst …
*
Es war Nacht geworden.
Über dem Wasser lag ein trüber Schein. Der Mond hatte sich hinter einer dichten Wolkendecke versteckt, aber sonst war der größte Teil des Sternenhimmels klar.
Wenn man hinauf zur Brücke schaute, sah man den inzwischen abgelösten Rudergänger, dessen Gesicht im Schein der Grünbeleuchtung der Instrumente unheimlich und grauenerregend aussah.
Durch die Fenster des Salons fielen Lichtquadrate auf das Deck. Gedämpfte Tanzmusik war zu hören. Das Geräusch der Schraube war wie durch Watte zu vernehmen. Irgendwo weit hinten unter dem Sonnensegel lachte eine Frau amüsiert auf. Dem Klang nach mußte es Miss Talbot, die Drehbuchautorin, sein.
Butler Josuah Parker nahm das alles in sich auf, sein Interesse war auf den Niedergang konzentriert, der in die Mannschaftsräume führte.
Parker hatte sich einen günstigen Platz ausgesucht, wo er nach menschlichem Ermessen kaum entdeckt werden konnte. Er saß hinter einem Lüfterkopf und bedauerte es nur, keine seiner Zigarren rauchen zu können. Er hoffte, recht bald eine bekannte Gestalt zu sehen.
Parker schien wieder einmal gewittert zu haben, daß etwas in der Luft lag. Nach knapp einer halben Stunde erschien ein Matrose an Deck, zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich über die Reling. Mit sichtlichem Genuß spuckte der Mann ins Wasser, drehte sich dann um und vergewisserte sich, ob die Luft rein war. Parker konnte zu seinem Bedauern den Mann nicht namentlich ausmachen. Er nahm sich aber vor, sich an die Fersen des Matrosen zu heften, wohin er auch ging.
Nach wenigen Minuten warf der Mann seine Zigarette ins Wasser und schlenderte zu den Brückenaufbauten hinüber. Er achtete sorgfältig darauf, daß man ihn von der Brücke aus nicht sah. Dann lief er plötzlich sehr schnell seitlich an der Kommandobrücke vorbei und verschwand aus Parkers Sicht.
Der Butler runzelte mißbilligend die Stirn.
Hatte der Mann geahnt, daß er beobachtet wurde? Ihm blieb jetzt nichts anderes übrig, als aufzustehen und dem Seemann nachzugehen. Parker legte die Krücke des Regenschirms über den linken Unterarm und folgte dem Mann.
Was hatte er wohl hinten am Heck zu suchen, das doch ausschließlich den Gästen Vorbehalten war? Parker erreichte das Achterdeck und sah sich nach dem Mann um, der vom Erdboden verschwunden zu sein schien.
War er hinunter zu den Kabinen der Gäste gegangen?
Blitzartig erinnerte sich der Butler Trotters Kabine, für die sich bereits der Steward sehr interessiert hatte. Parker ging unhörbar die Treppen hinunter und schlich sich auf leisen Sohlen bis zu der Kabine des Ermordeten.
Er legte sein Ohr gegen die Türfüllung. Nein, zu hören war nichts, aber das hatte nicht viel zu besagen. Parker drückte die Klinke herunter, rechnete im Grunde damit, daß die Tür verschlossen war. Überrascht hob er die linke Augenbraue, als die Tür sofort nachgab und aufschwang.
Parker ließ seinen Arm durch den Türspalt schlüpfen und suchte nach dem Lichtschalter. Im gleichen Moment wurde seine Hand von einer fremden erfaßt. Bevor Parker eine Abwehrbewegung machen konnte, befand sich sein Arm in einer Hebeldrehung, gegen die er nichts einzusetzen hatte.
Unwiderstehlich fiel er gegen die Tür, die noch weiter aufschwang. Parker erkannte gerade noch die Umrisse einer Gestalt, erhielt einen harten Schlag gegen den Hals und verlor augenblicklich das Bewußtsein.
Er sah leider nicht mehr den Mann, der vorsichtig über ihn hinwegtrat, einen Moment zögerte und dann schnell auf dem Gang verschwand.
Parkers Natur ließ sich allerdings nicht so leicht unterkriegen. Schon nach wenigen Minuten kam er wieder zu sich und fand sich sofort wieder zurecht. Er. massierte sich seinen mißhandelten Hals, stand auf und machte sich Vorwürfe. Er hatte diese Verfolgung etwas zu sehr auf die leichte Schulter genommen.
Er schaltete jetzt endlich