Leni Behrendt Classic 61 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Classic 61 – Liebesroman - Leni Behrendt


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sah, ging ein tiefes Erschrecken über sein Gesicht, was Hans Heinrich nicht entging.

      »Der Korb ist für Baby«, flüsterte er dem Diener beruhigend zu.

      »Für Baby?« stammelte der verdutzt, so daß Brandler hellauf lachte.

      Dieses fröhliche Lachen hörte Jobst Oluf, und er trat auf den Korridor hinaus, um den Gast zu begrüßen. Doch der hatte schon den Korb ergriffen, Spielsachen und Rosen obendrein und kam, mit dem allen bepackt in das Zimmer, wo die Hausfrau ihm mit großen Augen entgegensah.

      »Wo ist Didi?« fragte er.

      »Sie schläft, wie immer um diese Stunde«, entgegnete Frau Hortense.

      »Schade – Baby wird heute nämlich ein halbes Jahr. Daher habe ich auch die Blumen, die Spielsachen und den Korb mitgebracht«, erklärte er und schleppte sein Angebinde der Hausfrau vor die Füße.

      »Ja, aber was soll Baby denn damit?«

      »Soll zuschauen – wenn wir – essen«, stotterte Brandler plötzlich sehr verlegen. Als er jedoch hinter sich das dunkle, frohe Lachen Jobst Olufs hörte, atmete er auf und lachte jungenhaft fröhlich mit.

      Und was blieb Frau Hortense anders übrig, als mit einzustimmen?

      Bald saß man in fröhlichster Stimmung um den Tisch und ließ sich die delikaten Dinge gut schmecken. Und während des Verspeisens einer köstlich zubereiteten Pastete, fragte Hans Heinrich scheinheilig: »Ihr Beruf läßt Ihnen sehr viel Zeit, Herr Rave, nicht wahr? Da sind Sie eigentlich zu beneiden.«

      Er hielt beklommen inne, denn Mutter und Sohn wurden auf einmal seltsam still.

      Frau Hortense war zuerst erblaßt. Jedoch sie antwortete tapfer: »Der Beruf meines Sohnes läßt ihm im Gegensatz zu Ihrer Annahme wenig Zeit – wenn er ihn ausübt. Er ist jedoch schon fast seit einem Jahr stellungslos.«

      »Ah!« Es würgte Hans Heinrich etwas im Hals, und das Herz klopfte ihm wie ein Hammer in der Brust.

      »Darf man den Beruf erfahren?« erkundigte er sich unsicher.

      »Landwirt.«

      »Aber da gibt es doch noch Stellen, Herr Rave!«

      »Ich habe mich vom Gegenteil überzeugen müssen, Herr Brandler«, widersprach Jobst Oluf. »Es liegt vielleicht auch weniger an dem Mangel an Stellen, als an meiner Unzulänglichkeit als Inspektor.«

      »Das verstehe ich nicht«, tat Hans Heinrich harmlos. »In Groß-Löschen zum Beispiel ist eine Stelle zu besetzen, und ich wäre froh, wenn Sie sie annehmen würden.«

      »Sie haben eine Stelle zu vergeben, Herr Brandler?« fragte Jobst Oluf mißtrauisch.

      »Allerdings, Herr Rave. Mein Oberinspektor ist ein Juwel, der Inspektor auch, desgleichen die beiden Volontäre. Doch es ist ein bißchen viel Arbeit für sie, es wäre noch eine Kraft nötig. Es ist allerdings kein leitender Posten, den ich zu vergeben habe, doch ich glaube, daß er trotzdem ganz angenehm ist. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Herr Rave, wenn Sie ihn annehmen wollten. Gerade heute ist es schwer, einen brauchbaren Beamten zu finden.«

      »Und wer sagt Ihnen, daß gerade ich mich für den Posten eignen könnte, Herr Brandler?«

      »Mein Gefühl und meine Menschenkenntnis.«

      »Ich habe allerdings Zeugnisse…«

      »Später, bitte«, winkte Brandler ab. »Zuerst muß ich einmal wissen, ob Sie den Posten überhaupt annehmen möchten?«

      »Wenn Sie es mit mir versuchen wollen…«

      »Aber, Herr Rave!« rief Hans Heinrich lachend. »Ich erzähle Ihnen ununterbrochen, wie gern ich Sie mit dem Posten auf Groß-Löschen betrauen möchte. Sie tun mir einen Gefallen damit, wirklich!«

      So wurde denn wohl eine Stunde lang geschäftlich gesprochen, und als Brandler aus der kleinen Wohnung schied, hatte Groß-Löschen einen Inspektor mehr.

      *

      »Guten Tag, Hans-Heini! Ich habe zwar noch nie angenommen, daß ich Luft bin, für dich scheine ich es jedoch zu sein.«

      Brandler, der, in tiefe Gedanken verloren, dahinritt, fuhr herum und sah in das schöne, stolze Antlitz seiner Base Manuela, der jungen Herrin von Hohenweiden.

      »Verzeih, Manuela – dich dürfte man allerdings nicht als Luft gelten lassen. Und wenn es schon sein muß, dann schon als süße, sinnbetörende Luft.«

      »Du bist ein Schmeichler, Hans-Heini«, entgegnete die junge Dame, und ein mattes Lächeln huschte um ihren herben Mund.

      »Wie geht es dir, schönes Bäschen?«

      »Danke, mir geht es wie immer. Bei dir wäre die Frage nach deinem Ergehen viel berechtigter.«

      »Mir geht es geradezu glänzend, glänzender denn je.«

      »Und das sagt ein Mann, der seit drei Monaten von seiner Frau geschieden ist, die er vor einem Jahr so rasend zu lieben vorgab.«

      »Dein Spott rührt mich gar nicht, liebe Base Manuela«, entgegnete er gelassen. »Diese gescheiterte Ehe gibt dir doch wieder einen Anlaß mehr, die Männer für Kreaturen zu halten, an die man nicht einen einzigen Gedanken verschwenden darf.«

      »Hast recht, Hans-Heini«, gab sie ebenso gelassen zurück. »Wie war eigentlich der Abschied von Grace?«

      Der Vetter berichtete dann vom Kampf um seine kleine Tochter.

      »Unglaublich!« Die junge Dame schüttelte den Kopf. »Und wo ist Baby nun?«

      »Vorläufig noch in dem Hause, in dem sich mir damals hilfsbereite Arme entgegenstreckten. In den nächsten Tagen kommt Kleinchen allerdings unter der Obhut einer zuverlässigen Pflegerin nach Hause zurück.«

      »So hast du das Kind bei ganz fremden Leuten gelassen, Hans-Heini? Dein Leichtsinn ist wirklich bewunderungswürdig.«

      »Was du nicht sagst«, spottete er. »Doch zu deiner Beruhigung will ich dir sagen, daß die, bei denen Didi augenblicklich weilt, die prachtvollsten Menschen sind, denen ich jemals begegnete.«

      »Hm, na ja – deinen Enthusiasmus in Ehren, doch entschuldige mich, ich muß hier abbiegen, um die Leute zu kontrollieren. Laß dich doch mal wieder in Hohenweiden sehen.«

      »Danke, zuviel Ehre. Doch wo steckt denn der jeweilige Oberinspektor, daß du die Leute kontrollieren mußt?«

      »Der Oberinspektor weilt seit einer Woche nicht mehr auf Hohenweiden.«

      »Ah – interessant! Wollte er dich wieder heiraten, schöne Manuela?«

      »Auch das. Nebenbei hat er auch noch Unterschlagungen gemacht.«

      »Und was machst du nun?«

      »Ich suche mir einen neuen Oberinspektor«, meinte sie sehr gelassen.

      Nun lachte Brandler hellauf.

      »Manuela, du bist einfach köstlich! Ist es dir nicht entsetzlich, immer wieder gerade den wichtigsten Wirtschaftsbeamten wechseln zu müssen?«

      »Ach nein«, meinte sie, nun schon reichlich gelangweilt. »Man lernt auf diese Weise eine Menge Menschen kennen, hauptsächlich Männer.«

      »Himmel, da reiße ich aus!« rief er jetzt in komischem Entsetzen.

      Sie versetzte ihm einen leichten Schlag mit der Hand, die er haschte und an die Lippen zog. Dann zog er die Mütze, verharrte noch eine Weile und schaute ihr nach, wie sie auf ihrem Gaul davontrabte.

      Wie schön dieses Stückchen Erde gerade um Hohenweiden herum doch war! Schade, daß mit der Zeit vieles hier verwahrlosen mußte; denn jeden zweiten Monat ungefähr ein neuer Verwalter – das vertrug kein Gut.

      Ganz gewiß war unter den vielen, die als Oberinspektoren in Hohenweiden fungiert hatten, mehr als ein tüchtiger Mann gewesen. Ein Jammer nur, daß sie sich alle in die schöne junge Herrin verlieben mußten.


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