The Trial and Death of Socrates. Plato

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The Trial and Death of Socrates - Plato


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zusammensank. Ein langer, hagerer Indianer trat in demselben Augenblicke in die Stube, warf einen durchdringenden Blick auf die Anwesenden und ließ sich dann auf einen Stuhl nieder. Seinem Anzüge nach zu schließen, war er ein Häuptling ersten Ranges. Seine Gestalt, obwohl sichtlich abgemagert, war kolossal und verriet ungemeine Stärke. An seinen Schläfen und nackten Armen lagen Muskeln beinahe fingerdick, die seinem Wesen mehr das Ansehen einer bronzenen Statue, als eines Lebenden gaben. Das merkwürdigste an diesem imposanten Manne war jedoch das, nach der alten Weise der Mikos oder Könige der Oconees, mit einem Diadem von Federn gekrönte Haupt. Seine Stirne war äußerst schmal, endete jedoch zu beiden Seiten in zwei ungeheuren Backenknochen, die zwischen dem dünnen Kinne und den äußerst schmalen Lippen zwei tiefe Höhlen bildeten, die den trockenen, beinahe verwitterten Zügen des fleischlosen Gesichtes einen unnennbaren Ausdruck von Tücke, Starrsinn und Intelligenz gaben. Der Anzug dieses merkwürdigen Mannes bestand in einer Weste von gegerbter Hirschhaut, die seine ungemein breite Brust vollkommen bedeckte, einem Jagdhemde von Kaliko, welches darüber geworfen war, und dem Lendentuche, das in bunten Farben gewirkt vom Wampumgürtel herabhing und die Schenkel und Knie entblößt ließ. Seine Mokassins waren reichlich verziert. In seiner Rechten hielt er einen Karabiner und in seinem Gürtel stak ein Schlachtmesser, reichlich mit Silber eingelegt.

      »Tokeah!« rief der Missionär aus, den seine Wanderungen im Gebiete der Indianer mehr mit den verschiedenen Stämmen und ihren Häuptlingen bekannt gemacht hatten, als der stationäre Schenkwirt zum Indianischen König es werden konnte.

      Der letztere wollte soeben sein Glas zum Munde bringen; aber seine Trinklust schien plötzlich verschwunden, als ein Name genannt wurde, der mit dem des tödlichsten Feindes seiner Landsleute gleichlautend geworden war. Er setzte das Glas auf den Tisch und überblickte den Häuptling vom Kopf bis zu den Füßen.

      »Sechs Sommer und sechs Winter«, sprach dieser nach einer langen Pause, »sind gegangen und wiedergekommen, seit der Miko der Oconees seine Tochter bei seinem weißen Bruder gelassen hat. Er ist nun gekommen, sie in sein Wigwam aufzunehmen.«

      »So seid Ihr es denn, der uns in jener bangen Nacht die arme Rosa hinterlassen hat, wie sie unser Prediger hier nennt? Warum habt Ihr mir jedoch Euern Namen nicht wissen lassen, oder das Kind abgeholt? Es hat uns manche bange Stunde verursacht. Wenn es nun abhanden gekommen wäre?«

      »Die weißen Männer verlangen bloß nach den Tierfellen und den Ländereien des roten Mannes; wenig ist ihnen an einem Häuptlinge und seinem Wohlgefallen gelegen«, erwiderte der Indianer mit einem bittern, verachtungsvollen Lachen. »Wenn das Kind verloren gegangen wäre, so würden Eure Kinder mit ihren Schöpfen dafür bezahlt haben. – Und nun will der rote Häuptling nehmen, was ihm gehört.«

      »Ihr nennt doch nicht Rosa, deren Eltern Ihr wahrscheinlich gemordet, Euer eigen?« sprach der Prediger mit einem Mute, der selbst den Hinterwäldler staunen machte.

      Der Indianer warf einen Blick der tiefsten Verachtung auf den Redner. »Wo würde nun die weiße Rose, wie du sie nennst, sein, wenn die Hand Tokeahs nicht den Arm aufgehalten hätte, der ihren Schädel an einem Baumstamme zerschmettern wollte? Wer hat für sie gejagt, als sie noch auf ihren Händen und Füßen herumkroch? Wer hat für sie die Biberfelle gesandt und hat selbst Wasser getrunken? Geh,« fuhr er mit steigendem Abscheu fort; »Ihr seid Hunde! Eure Zunge spricht von Dingen, von denen Euer Herz nichts weiß. Ihr sagt uns, wir sollen unsere Nächsten lieben, während diese uns unsre Felle, unser Vieh, unser Land nehmen, uns in die Wüste treiben.«

      »Der Miko der Oconees«, erwiderte unerschrocken der Missionär, »wird sicherlich eine arme christliche Waise nicht von ihren Pflegeeltern reißen wollen? Der weiße Vater würde böse sein, und er wird gern bezahlen.«

      »Nicht nötig,« rief Mistreß Copeland; »wir wollen sie gerne umsonst behalten. Wo zwölf Mäuler essen, wird auch das dreizehnte nicht verhungern.«

      »Ja, sicher nicht«, fügte Kapitän Copeland etwas langsamer hinzu; – hielt jedoch inne, als er bemerkte, daß der Indianer ihm stolz ein Zeichen des Stillschweigens gab.

      »Der Miko der Oconees,« sprach dieser mit würdevollem Tone, »wird nie wieder den weißen Vater sehen. Sein Pfad ist lang, sein Herz sehnt sich nach Freiheit; er will sie suchen, da wo der Weiße noch nie seinen Fuß hingesetzt hat. Er braucht seine Tochter, sein Wild zu kochen, und sein Jagdhemde und seine Mokassins zu nähen.« Nach diesen Worten öffnete er die Türe und eine Anzahl Indianer mit zwei Mädchen traten in die Stube.

      »Canondah!« rief der Missionär, seine Hand dem indianischen Mädchen darreichend. Die Indianerin näherte sich dem Prediger, kreuzte ihre beiden Hände über ihrem Busen und senkte demütig das Haupt.

      »Und so willst du uns denn wirklich verlassen?« fuhr der Missionär fort.

      Das Mädchen gab keinen Laut von sich. Der Häuptling machte ein Zeichen, worauf das zweite Mädchen die bebende Rosa in ihre Arme hob und ihr einen Teppich umwarf, dessen untere Zipfel sie dem erstern Mädchen in die Hand gab, während sie die obern über ihre Schultern zog und dann verknüpfte. Zugleich wand sie ein breites Band um die Hüften des Kindes, das so, höher gehoben, seine Arme um den Hals seiner Trägerin zu winden genötigt und zum Aufbruche bereit war.

      Der Missionär und das Weib des Kapitäns hatten mit tränendem Auge zugesehen, wie die von Schrecken erstarrte Kleine gleich einem Schlachtopfer lautlos sich binden ließ. Ersterer trat nun zur Trägerin heran und sprach im milden, zitternden Tone:

      »Canondah, du bist immer ein edles Mädchen gewesen; eine Perle. – So empfehle ich denn deiner schwesterlichen Liebe und Sorgfalt diese zarte Pflanze. – Willst du ihr Mutter sein?«

      Die Indianerin nickte.

      »Und dieses Buch«, fuhr der Prediger fort, ihr eine Taschenbibel einhändigend, »sei dir und Rosen ein Andenken an euern Lehrer. Trage ihn, der dich erlöset hat, stets in deinem Herzen.« Dann, seine Hände auf beider Mädchen Häupter legend, gab er ihnen den Segen.

      Beide verließen mit ihrer Bürde und den Indianern nun die Stube; der Häuptling war allein zurückgeblieben.

      »Der Miko der Oconees«, sprach er mit Würde, sich von seinem Sitze erhebend, »hat bezahlt für die Milch, die das weiße Weib seiner Tochter gegeben. Er geht nun. – Sein Pfad ist lang, sein Weg rauh; aber sein Herz ist müde der Weißen. Möge er sie nie wiedersehen.«

      Nachdem er diese Worte gesprochen, wandte er den Anwesenden den Rücken und verließ die Stube.

      Ein langer Atemzug entfuhr gleichzeitig den Gästen. Kapitän Copeland war der erste, der den Gebrauch seiner Zunge wiederfand und sich von seinem Erstaunen wieder erholte. Es ergab sich aus seinen Äußerungen, daß er, im ganzen genommen, nicht ganz unzufrieden war, sich einer Sorge überhoben zu sehen, die ihm, nach seiner Versicherung, mehr schlaflose Nächte verursacht hatte, als irgend etwas in seinem Leben.

      Wir selbst verlassen nun Georgien und die Familie unseres Tauschhändlers, um den Faden unserer Geschichte in einem fernen Lande, und nach Verlauf von mehreren Jahren, wieder anzuknüpfen.

      Drittes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Am nördlichen Ende des Sabinersees und mitten aus den Rohr- und Zypressensümpfen, die sich von dieser Seite her dem See zusenken, erhebt sich zwischen den beiden Flüssen Sabine und Natchez eine schmale Landzunge, die, in demselben Maße, als die beiden Flüsse sich voneinander entfernen, anschwellend, eine sanft aufsteigende Anhöhe bildet, zu deren beiden Seiten die zwei Flüsse ihre klaren und lieblichen Gewässer dem dunkelgrünen Verstecke der Zypressen und des Palmetto und dann dem oberwähnten See zuführen, der selbst wieder dem Busen von Mexiko sich öffnet.

      Beinahe scheint es, als ob die Natur in ihrer Laune den Einfall gehabt hätte, die Grenzscheidung der beiden mächtigen Staaten, die der erstgenannte dieser Flüsse bildet, recht augenscheinlich zu setzen. Ein schwarzer, undurchdringlicher Wald bedeckt das rechte Ufer des Sabine, so dicht verwachsen von ungeheuern Dornen, daß selbst der verfolgte


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