Echt jetzt?!. Jana Wieduwilt
Читать онлайн книгу.zum Beispiel das unterschiedliche Wahrnehmen von Gerüchen, die Sauberkeit implizieren. In Spanien zum Beispiel gilt es als sauber, wenn es ordentlich nach Chlor riecht.
Bei uns in Deutschland ist eher Zitrus angesagt und wir empfinden so riechende Räume als sauber. Beides wohlgemerkt unabhängig vom tatsächlichen Sauberkeitsgrad. Interessant, oder? Und wiedermal ein klares Indiz dafür, wie sehr uns unser Unterbewusstsein im Griff hat.
Daher hier in diesem Kapitel der heftige und ungebremste Ausruf an dich: Break the fake rules! Auch im Marketing.
Nur weil „alle“ auf Facebook sind, macht das dein Marketing kein bisschen besser, wenn deine Kunden Facebook gar nicht nutzen. Passend dazu finde ich den Spruch: „Alle haben gesagt, das geht nicht. Bis einer kam, der das nicht wusste – und der hat es einfach gemacht.“
Mein Impuls heute an dich: Tu öfter mal so, als hättest du es nicht gewusst.
Was bedeutet für dich Erfolg?
Was ist das, was dein Erfolg ist – und was tust du für dein Ego, deine Verwandtschaft, aus falschem Pflichtgefühl oder einfach so, weil es „alle“ machen?
Wie oft sagst du: „Das macht MAN eben so?“
1.8 DAS WICHTIGSTE BEIM MARKETING
Neulich war ich aus mehreren Gründen mal wieder in Dresden-Pillnitz. Ich war pilgern und ich habe eine alte Wirkungsstätte von mir wieder besucht. Meinen Studienort. Die Stätte meiner beginnenden Erwachsenheit. Dabei wurde ich daran erinnert, dass ich in Pillnitz etwas ganz Besonderes gelernt habe. Das, was ich lernte, hat damit was zu tun, was alle Menschen jeden Tag brauchen. Nicht nur fürs Marketing, sondern fürs Leben allgemein.
Ich habe in Dresden-Pillnitz Landespflege studiert. Sperriger Begriff, andere nennen es Landschafts- oder Freiraumarchitektur. Stadtplanung, Gartenplanung, Grünraumplanung, generell alles, was draußen ist und der Mensch zur freien Nutzung gestaltet, nennt man Landespflege.
Jetzt fragst du dich, was ich dann mit Marketing mache? Vor diesem 2. Studium habe ich auch was „Ordentliches“ studiert, nämlich Betriebswirtschaftslehre. Als ich das Studium 1996 abschloss, fühlte ich mich mit 23 Jahren zu jung, um schon ins 9-to-5-Arbeitsleben einzusteigen.
Da ich nichts andere kannte, habe ich das „Problem“ des Berufseinstieges erst mal vertagt und ein weiteres Studium gemacht. Na klar, habe ich auch das Pillnitzer Studium abgeschlossen. Wenn ich heute so darüber nachdenke, war mir das Business-Pilgern damals schon angetragen worden – aber ich habe es irgendwie seinerzeit noch nicht begriffen.
In einer der ersten Vorlesungen, am 8. Oktober 1996, hatten wir Darstellungslehre. Man könnte es auch Zeichnen nennen. Wir trafen das erste Mal auf die Kunstprofessorin. Sie war, wie es im Buche steht und entsprach allen, wirklich allen Klischees: sehr ernst, zurückgekämmte, schwarze Haare, Pferdeschwanz, strenge Stimme. Sie schritt in den Raum, einen kleinen Hörsaal, und sprach:
„Liebe Studenten, wir gehen heute raus.“
Dann knallte sie uns einen Stapel A3 Blöcke hin und sagte erneut:
„So, bitte zeichnet jetzt eine Baum-Hausbeziehung.“
Das taten wir dann auch, am Schloss Pillnitz. Das ist übrigens ein wunderschöner Ort, wenn ihr mal pilgern geht. Schaut euch das unbedingt an, wenn ihr in Dresden seid.
Die Kriterien des Auftrages waren klar: „Ihr könnt euch einen beliebigen Platz aussuchen. Wichtig ist, dass Pflanzen dabei sein müssen und wenigstens ein Teil eines Hauses. Verteilt euch im Park.“ Ich dachte damals: „Meine Güte, zeichnen kann ich doch gar nicht so besonders gut.“
Natürlich habe ich die Aufgabe so wie immer angenommen. Bin raus. Habe mich da hingesetzt. Ich habe mir einen schönen Platz gesucht und geguckt.
Und habe das erste Mal in meinem Leben bewusst wahrgenommen, wie ein Baum aufgebaut ist. Das klingt jetzt komplett komisch, ich weiß. Jeder hat schon mal einen Baum gesehen. Aber weißt du wirklich, wie die Äste eines Kastanienbaumes verlaufen – im Gegensatz vielleicht zu denen einer Eiche?
Das war der Moment, in dem ich, mit 23 Jahren das erste Mal bewusst sehen lernte. Sehen im Sinne von gut beobachten. Seither nehme ich die Linien von Pflanzen, Häusern, Plätzen und dem Raum und Menschen und ihr Miteinander anders war.
Wenn du zeichnen müsstest, was du wahrnimmst, würdest du dann anders hinsehen? Augen meines Gegenübers? Traurig, müde, leuchtend, lächelnd? Haare? Hände: sicher oder nervös? Feingliedrig oder „Wurstfinger“? Das ist DU-Modus und das geht auch online.
Und das hilft mir bei meinen täglichen Arbeiten, beim Marketing mit Menschen. Denn Marketing und Kommunikation hat was mit Menschen zu tun, mit Beobachtung. Du kannst SEHEN, ob Menschen echt sind, authentisch. In ihrer angestrengt einstudierten Rolle oder zu Hause in dem, was sie tun. Du kannst so ergründen, wie die Menschen auf die ein oder andere Tatsache reagieren. Und irgendwann kannst du vorwegnehmen, welche Kausalkette wann in Gang gesetzt wird.
Durch das Simpelste, was es gibt: Genau beobachten. Und still sein. Beim Gegenüber sein.
Manche nennen es messen. Ich nenne es erstmal beobachten und reinhören in die Sache und mal dem „Volk aufs Maul“ schauen. Wer zuhört, was die Kunden sagen, erfährt viel. Vor allem darüber, was sie wirklich lieben an deinem Produkt – und was sie noch kaufen würden, wenn es sowas denn gäbe. Und was ihr Nachbar kaufen würde.
Das Zusammenbringen von Elementen habe ich in Pillnitz gelernt.
Schau mal ganz genau hin. Und dann nutze die erworbene oder erinnerte Fähigkeit, um deinen Kunden zuzuhören.
Mein Impuls heute für dich: Nimm doch bewusst wahr, was um dich ist.
Was siehst du wirklich, wenn du aus dem Fenster blickst?
Erkennst du die feine Textur des Strauches?
Was siehst du, wenn du durch die Stadt gehst?
Wie sieht das Gesicht deines Gegenübers aus?
Sind seine Mundwinkel nach oben oder nach unten?
Gibt es viele Lachfältchen?
1.9 LIEBE ALS ANTWORT DES MARKETINGS UND WARUM DER BLICK ÜBER DEN TELLERRAND HILFT
So geht beeindrucken. Ich komme an, da gibt es ein Schwätzchen, persönliche Tipps fürs Abendessen, eine genaue Beschreibung des Weges dahin und auf dem Zimmer eine Karte mit den besten Touren durch Landshut. Ich fühlte mich gleich wie bei Freunden. Ja, richtig. Du bist mit mir im Hotelzimmer im Freischütz in Landshut. Ein Hotel. Es gibt ein bequemes Bett, einen Balkon und ein paar nette Sessel. Dazu interessante Kunstwerke an den Wänden und alte Möbel. Ja.
Doch hat mich die authentische und natürliche Art, wie hier mit den Gästen umgegangen wird, schwer beeindruckt. Wie gelingt es, in einem Hotel, eine authentische und geborgene Atmosphäre zu schaffen?
Hier in Landshut im Freischütz war es eine Notsituation. Sehr schnell musste das Hotel übernommen und weitergeführt werden. Mit einem Team, das anfangs nicht vom Fach war.
Das „nicht vom Fach“ ist durch viel Liebe zum Detail und vor allem zum Gast, mehr als wettgemacht. Das gesamte Team hat sich in den DU-Modus begeben und sich in die Schuhe des Kunden gestellt. Was braucht jemand, der erschöpft von einer Reise ankommt? Genau: Eine freundliche Begrüßung, wie bei Freunden. Einen Tipp, wo es was Leckeres zum Abendessen gibt. Ein gemütliches Zimmer, das nicht allzu sehr nach Hotelzimmer aussieht. Einfache Dinge – und selbstverständlich. Eigentlich. Hier in Landshut habe ich ein Hotel gefunden – das all diese Dinge so umgesetzt hat, wie ich es immer erzähle. Mit Liebe und zu 100 % aus Sicht des Gastes.
Wie drückt sich deine Liebe zu dem, was du im Business tust, aus?
1.10 WARUM DU DIE NATUR GROSSARTIG NUTZEN KANNST, UM DEIN MARKETING AUFZUBAUEN.
Du weißt ja, ich gehe super mega gern pilgern. Immer wenn mein Kopf verstopft ist,