Manchmal hat's mit Zucker Nichts zu tun. Katja Schaaf

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Manchmal hat's mit Zucker Nichts zu tun - Katja Schaaf


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oder gelesen hast. Mein Anliegen ist es nicht, dich fachlich zum Diabetesexperten zu machen. Das bist du in der Praxis sowieso schon, auch wenn es dir an manchen Tagen und in manchen Situationen vielleicht nicht so vorkommt. In diesen Situationen findest du Unterstützung bei Freunden, Bekannten, deinem Diabetesteam oder anderen Foren, die sich über ihre Fragen austauschen. Mein Anliegen ist es noch einmal, die besondere Form des Diabetes bei Kindern und Jugendlichen hervorzuheben, denn leider kommt es immer wieder vor, dass die verschiedenen Diabetesformen zusammen genannt werden.

      Wozu führt das? Es führt nicht selten zu Unwissenheit, zu Vorwürfen (teilweise auch aus dem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis). Denn kennst du das vielleicht auch? Jemand sagt: „War ja klar bei dem ungesunden Essen …“ oder „Musste ja so kommen bei den ganzen Süßigkeiten …“ oder „Wir haben ja schon immer gesagt, dass Kind ist zu dick und isst zu viel …“ Man könnte das beliebig fortführen. Dein Kind hört das übrigens auch immer mal wieder. Wichtig ist: Es ist QUATSCH! Dazu aber später im Buch mehr.

      Der Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselstörung mit unterschiedlichen Ursachen. Man unterscheidet daher verschiedene Diabetestypen. Ein Typ-1-Diabetes ist die häufigste Diabetesform im Kindes- und Jugendalter. Daran trägt keiner die Schuld. Die Erkrankung tritt auf, wenn in der Bauchspeicheldrüse die sogenannten ß-Zellen zerstört werden. Diese sind für die Produktion von Insulin, dem blutzuckersenkenden Hormon, verantwortlich. Die Zerstörung wird in den meisten Fällen (90 %) durch einen Autoimmunprozess ausgelöst. Das bedeutet, dass im Körper Auto-Antikörper gebildet werden die das Organ angreifen. Nachweisen lassen sich die Antikörper dann im Blut. In 10 % der Fälle lassen sich diese Antikörper jedoch nicht nachweisen. Entscheidend für die Diagnose ist ein hoher Blutzuckerwert mit gleichzeitiger Ketoseneigung. Dabei handelt es sich um die Bildung von Ketonkörpern, die sich ebenfalls im Blut oder im Urin nachweisen lassen. Typische Symptome des Diabetes mellitus sind häufiges Wasserlassen (Polyurie), starker Durst (Polydipsie), Gewichtsverlust und ein reduzierter Allgemeinzustand. Durch die Zerstörung der ß-Zellen kommt es zur verminderten Insulinproduktion. Das Insulin wirkt in unserem Körper wie eine Art Schlüssel. Nur mit ihm kann der aufgenommene Zucker (in Form von Kohlenhydraten) in die Zellen gelangen, in denen er zur Energieproduktion erforderlich ist. Stellt euch vor, jede Zelle besitzt eine verschlossene Tür. Ohne den Schlüssel sammelt sich der Zucker im Blut oder, um im Bild zu bleiben, auf dem Weg vor der Tür. Um den überflüssigen Zucker zu entfernen, wird er über die Niere nicht mehr zurückgefiltert, sondern mit dem Urin ausgeschieden. Dadurch verliert der Körper, dem Gesetz der Osmose folgend, auch Wasser. Man muss viel zur Toilette und alles was verloren geht, muss ersetzt werden – daher soviel Durst. Der Körper verliert zuerst viel Wasser, später kommt es zur Fettverbrennung, um Energiedefizite auszugleichen. Dies führt zu einem weiteren Gewichtsverlust und zur Bildung der Ketonkörper. Vielleicht kannst du diese in der Ausatemluft sogar riechen. Einige sagen es rieche ein wenig wie Nagellackentferner (nach Aceton). Mit der Zeit übersäuert der Körper und er versucht die Säure loszuwerden. Das kann er auf zwei Wegen: durch Erbrechen oder schnelle Atmung. Vielleicht kennst du das von der Diabetesmanifestation. Die Ursachen für diese Erkrankung sind jedoch noch weitgehend unbekannt. Vermutet werden Virusinfekte oder eine genetische Veranlagung. Es handelt sich jedoch nicht um eine Erbkrankheit. Zur Veranlagung bedarf es zusätzlicher Faktoren bevor der Diabetes manifestiert. Zu diesem Zeitpunkt sind dann bereits ca. 80 % der ß-Zell-Funktion zerstört.

      Zum Ausgleich der hohen Blutzuckerwerte ist die Gabe von Insulin erforderlich. Die Therapie und deren Verlauf hängen ab diesem Zeitpunkt wesentlich von der Insulindosis und der Kohlenhydrataufnahme ab. Zusätzlich beeinflussen Bewegung, Stress oder andere Situationen (Wachstum, Pubertät Aufregung, Freude oder die Periode), in denen es zur Ausschüttung von dem Insulin entgegenwirkenden Hormonen kommt den Glukoseverlauf. Es gibt Tage, da kannst du dir den Verlauf nicht erklären. Augenscheinlich ist alles wie immer und dennoch schwanken die Werte. Diese Situationen führen häufig zu Resignation, Stress, Ärger oder anderen negativen Gefühlen. Nicht nur bei dir auch bei deinem Kind. Der Teufelskreis beginnt, denn negative Gefühle und Stress führen zur Ausschüttung von Stresshormonen die wiederum Einfluss auf den Glukoseverlauf nehmen. Gelingt es dir gelassener mit den unvorhersehbaren Schwankungen umzugehen, kann dies rückwirkend auch den Glukoseverlauf positiv beeinflussen – nicht immer, aber immer öfter.

      Kapitel 3

      MANIFESTATION. DAS LEBEN HAT SICH VERÄNDERT

      Erinnerst du dich an die Geburt deines ersten Kindes und die erste Zeit mit dem Neugeborenen zu Hause? Du hattest bestimmt viele Fragen, mögliche Sorgen und hast dich gefragt ob du alles richtig machst. Ein bisschen vergleichbar ist das mit der Diabetesmanifestation. Je nachdem wie alt dein Kind ist, war es gerade schon sehr selbständig und schlagartig hat sich alles verändert. Besonders deutlich wird dies, wenn Jugendliche Diabetes bekommen. Sie waren bereits dabei ihre eigenen Wege zu gehen und plötzlich unterliegen sie wieder mehr der Kontrolle. Diese Situation ist, egal wie alt dein Kind ist, wieder völlig neu. Es ist tatsächlich damit vergleichbar wieder ein Neugeborenes mit nach Hause zu nehmen und viele Dinge neu lernen zu müssen. Das ist herausfordernd und jedes Gefühl ist dabei erlaubt. Wahrscheinlich erinnerst du dich noch gut an den Moment, als dir gesagt wurde, dass dein Kind Diabetes hat. Wie war das für dich? Welche Gedanken und Gefühle sind aufgetaucht? Hättest du dir mehr Unterstützung gewünscht? Vielleicht war es ein Zufallsbefund und ihr seid wegen etwas ganz anderem beim Arzt gewesen. Vielleicht war dein Kind aber auch bereits sehr krank und musste sogar auf einer Intensivstation behandelt werden. Hast du dir Vorwürfe gemacht? Hast du dir oder irgendjemandem die Schuld gegeben? Welchen Einfluss hatte die Diagnose auf dein Privat- oder Berufsleben? Vor welche Herausforderungen wurdest du von einer auf die andere Minute gestellt? Egal wie die Situation war du hast sie gemeistert. Dein Kind hat es überlebt und mit jedem Tag, der vergeht lernt ihr zusammen dazu. Wenn es einmal nicht so läuft, wie ihr es Euch vorstellt, dann erinnert euch daran, was ihr schon alles gemeinsam geschafft habt und wie oft es gut funktioniert. Hättest du dir das vorstellen können, dass dein Kind diese Diagnose bekommen würde? Vielleicht kanntest du jemanden der Diabetes hat, aber hättest du gedacht, dass es dein Kind trifft? Von einer Minute auf die andere hat sich dein Leben verändert. Außenstehende kommentieren das Ereignis möglicherweise mit: „Ihr schafft das schon.“ Oder: „Zum Glück nichts Schlimmeres, nur Diabetes.“ Für dich aber, hat sich die Welt verändert. Nichts ist mehr, wie es vorher war. Vielleicht hast du sogar das Gefühl niemand könne dich verstehen. In meinen Augen ist die Diabetesmanifestation eine posttraumatische Belastungssituation, mit der jeder anders umgeht. Wir alle haben jedoch die Fähigkeit, unsere Welt sprichwörtlich wieder neu zu erschaffen. Viele Abläufe in deinem Leben haben sich verändert, aber du hast es gemeistert. Am Anfang dreht sich der Tagesablauf wahrscheinlich fast ausschließlich um die neuen Glukosewerte. Es treten viele neue Situationen auf, doch nach und nach hast du dir Wissen und Erfahrung angeeignet und es wird leichter, auch wenn es eine Herausforderung bleibt. Versuche einmal, auch wenn das jetzt möglicherweise erst einmal völlig absurd klingt, nach positiven Aspekten der Erkrankung zu suchen. Habt ihr möglicherweise eine bessere Tagesstruktur? Gesündere Essgewohnheiten? Mehr familiären Austausch? Mehr Nähe? Versuche ganz bewusst das Positive zu sehen.

      Ich habe einmal einen Achtsamkeitsworkshop für Jugendliche veranstaltet. Zum Abschluss war es eine Aufgabe zu sagen wofür man dem Diabetes dankbar ist. Du hast richtig gelesen: dankbar. Von den Jugendlichen kamen unter anderem folgende Antworten: „Ich bin dankbar dafür, dass ich jetzt weiß, wer meine wahren Freunde sind.“, „Ich bin dankbar dafür, dass ich weiß, wie sehr meine Eltern mich lieben.“, „Ich bin dankbar dafür, dass ich ein gutes Körpergefühl entwickelt habe.“ oder „Ich bin dankbar dafür, dass ich mich auf meine Familie verlassen kann.“

      Wenn Kinder das können, kannst du das auch. Schau genau hin! Vielleicht nimmst du dir sogar ein Blatt und schreibst es auf, um dich in herausfordernden Momenten daran zu erinnern. Kurz nach der Diagnose ist das möglicherweise herausfordernd, aber vielleicht gelingt es dir auch in dieser Phase dankbar zu sein. Bist du schnell in der Klinik gewesen? Dein Kind lebt und du weißt jetzt was los ist. Dein Partner ist an deiner Seite usw. Was auch immer dir einfällt, sei dankbar dafür, denn unsere Gedanken beeinflussen unsere Bewertungen und Gefühle. Keine Frage, wenn das Kind krank wird, ist das erst einmal etwas, das in unseren Augen nicht passieren sollte. Wir würden die Erkrankung lieber selbst


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