Hausarrest die ersten 30 Tage. Melanie Gerhardt
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Auch schaute ich, was sonst gar nicht so meine Art ist, regelmäßig bei Facebook u.s.w. rein. Hier bekam ich auch so manche wichtige Information.
Jochen und ich versuchten uns auch mit notwendigen Dingen etwas abzulenken. Wir räumten die Kühlschränke auf und versuchten alles soweit es ging zusammen zu stellen um einige aus zu schalten und damit Strom zu sparen.
Trotz, dass wir die Nacht davor wenig bis gar nicht geschlafen haben und schon müde waren, saßen wir auch diesen Abend wieder bis in die Nacht zusammen.
Dienstag 17.03.2020 Tag 3
Bis in die Morgenstunden versuchte ich mich mit dem Fernsehen etwas abzulenken, doch so wirklich hat es nicht geklappt. Immer wieder saß ich auf unserer Terrasse, rauchte eine Zigarette und sah in die Nacht. Die Gedanken überschlugen sich und die Tränen liefen mir über das Gesicht. Angst, Hilflosigkeit und Verzweiflung kamen immer mehr in mir auf. Ich machte die Augen zu wollte nur noch, dass dieses Leben zu ende ist. Ich hatte in meinem Leben so viel durch gemacht und bin immer wieder aufgestanden, habe positiv gedacht, doch jetzt hatte ich das Gefühl es nicht mehr zu schaffen. Wie lange ich mit diesen Gedanken da saß, weiß ich nicht mehr, doch ich bin dann um halb sechs in der Früh wieder aufs Sofa gegangen. Kurze Zeit später schlief ich ein.
Nach zwei Stunden war ich wieder wach, machte mich fertig und ging ins Büro. Wieder versuchte ich so viele Informationen wie möglich zu bekommen. Ach mit Paula und Paul tauschte man sich aus und es tat gut mit Ihnen zu sprechen.
Jochen und ich fingen wieder an uns zu beschäftigen…es gibt ja immer etwas auf der Finca zu tun…..
Paula und Paul hatten es sich bei uns im Gastraum gemütlich gemacht und haben Karten gespielt. Ab und zu gingen Sie über die Finca oder zu sich ins Haus.
Die Stunden verliefen ohne neue Ereignisse.
Abends saßen Jochen und ich wieder zusammen und wir beschlossen, dass wir am nächsten Abend etwas kochen und die Beiden zum Essen einladen. In unseren Kühlschränken war noch genug und ein bisschen erzählen ist in so einer Zeit ja auch Balsam für die Selle.
Mit diesem Vorsatz gingen wir ins Bett.
Mittwoch 18.03.2020 Tag 4
Wieder verbrachte ich Stunden ohne schlaf auf dem Sofa. Jochen konnte Gott sei Dank etwas schlafen und auch ich schlief um 6 Uhr in der Früh ein.
Um 9 Uhr holte mich das Telefon aus dem Schlaf, mein Sohn war am Telefon und sehr aufgelöst. Meine Mama konnte nicht so ganz verstehen, dass mein Sohn nicht zu Ihr kommt. Also versuchte ich Sie sofort anzurufen, doch Sie ging nicht ans Telefon. Meine Mama hat durch Ihr hohes Alter Herzprobleme und kann auch nicht mehr operiert werden, so ist jede Aufregung für Sie natürlich Gift. Wenn Sie etwas nicht versteht, steigert Sie sich da herein und bekommt mit dem Herzen Probleme. Nach zwei Stunden bekam ich Sie endlich ans Telefon. Wir sprachen eine ganze Weile, Sie beruhigte Sich wieder und versicherte mir, dass Sie es jetzt wirklich verstanden hat und dass es hier nur um Ihre Gesundheit geht. Nach dem Gespräch sprach ich noch mit meinem Sohn, der natürlich auch sehr froh war, dass Oma sich wieder beruhigt hat. Er hängt sehr an seiner Oma und er hat erst letztes Jahr seinen geliebten Onkel verloren. Wir vereinbarten, das einen Tag mein Sohn und ich den nächsten Tag Oma anrufen, sodass Sie jeden Tag mindestens einen Anruf erhält.
Nach dieser Aufregung machte ich das was ich schon die Tage davor gemacht habe, ran an den Pc und sehen was es Neues gibt. Leider musste ich feststellen, dass gerade auf Facebook immer mehr Kommentare kamen, die von Menschen mit Hirn nicht geschrieben worden sein konnten. Es machte mich wüten und ich beschloss nicht mehr so viel hier herein zu schauen.
Ansonsten keine neuen Infos und von Hilfen keine Spur.
Wie geplant kochten wir abends etwas und aßen mit Paula und Paul zusammen. Danach saßen wir gemütlich, aber mit einem gewissen Abstand (wir nahmen uns nicht in den Arm oder gaben uns die Hand) noch einige Stunden zusammen. Klar waren die Themen alle schon sehr bewegend, gerade Paul ging es nicht gut, ein lieber Angehöriger lag im Sterben. Doch wir versuchten uns auch gegenseitig aufzubauen. Gerade jetzt merkte man, wie wichtig Gespräche sind und dass es für alle Menschen nicht so einfach ist, sich nicht frei zu bewegen. Doch wir sollten uns darauf auch besinnen, dass alle die zu zwei oder mehr in einem Haushalt sind, die große Chance haben, nun mal über Dinge zu sprechen, die sonst vielleicht nicht ausgesprochen werden. Wir haben jetzt die Möglichkeit. Wie viele Menschen leben allein und haben nun nur noch Ihren Fernseher oder Radio was mit Ihnen spricht. Ist allein wohnen wirklich so erstrebenswert? Oder ist es viel lebenswerter Kompromisse ein zu gehen und nicht allein zu sein? Für mich, und ich bin gern mal allein, ist völlig klar, ich gehe gern Kompromisse ein, und bin froh das Jochen an meiner Seite ist. Für uns vier tat es gut, hier zusammen zu sein und so unsere Gedanken aus zu tauschen. Wie saßen ja gerade im gleichen Boot.
So kam es auch dazu das wir mit der Redewendung von den Beiden „Egal“ etwas Neues und Lustiges kennen lernten. Sie fragten uns ob wir den Wendler (Michael Wendler Schlagersänger) kennen. Ja schon von gehört, aber nicht so wirklich. Sie zeigten uns ein Video auf You Tube von dem Wendler in dem er das Lied EGAL singt. Ok wir haben nur kurz reingeschaut, weil ist nicht so unser Ding. Danach zeigten Sie uns das Video von Oliver Pocher der das Lied EGAL von Michael Wendler sehr auf die Schippe nimmt. Wir mussten so lachen und können es nur empfehlen…hört genau auf den Text…seit dieser Stunde hatte das Wort EGAL eine neue Bedeutung, was uns in so schwierigen Zeiten wohl immer wieder ein lächeln ins Gesicht zaubert. Bei zwei Flaschen Wein, ein paar Bieren, einer Flasche Rum wurden noch so manche schöne Geschichte erzählt und die Idee für dieses Buch entstand. Bis spät in die Nacht saßen wir zusammen und gingen dann doch mit dem Gefühl „wir schaffen das “ins Bett.
Donnerstag 19.03.2020 Tag 5
Diesmal schlief ich sehr schnell ein, war ja ein langer Tag und sehr spät bis ich im Bett lag.
Doch auch nach wenigen Stunden, war ich wieder wach und ging an meinen Rechner um zu sehen ob es was Neues gibt.
Leider nichts, außer die traurige Nachricht, dass immer mehr Menschen auf der Welt krank werden. Irgendwie war ich froh, dass wir hier auf den Kanaren, wie in ganz Spanien, schon unter Hausarrest stehen. Leider sehen in Deutschland immer noch viele Menschen so etwas für nicht notwendig. Ganz im Gegenteil, da wird sich noch drüber lustig gemacht und Corona-Partys gefeiert. Wenn man dann noch so dumme Kommentare liest „die wollen mir nur die Demonstrationsfreiheit klauen oder das ist alles nur erfunden um eine Diktatur wieder zu erlangen “ kommt bei mir nur Wut auf. Was diese Menschen wohl schreien, wenn Sie am Corona Virus schwer erkranken und die Kapazitäten in den Krankenhäusern total überlastet sind und so Sie nicht gleich ein Bett bekommen, auf dem Boden im Flur liegen müssen und kurz vor dem Tot sind. Aber ich glaube, dann würde denen auch nur Sche….. aus dem Mund kommen. Da die Hoffnung zuletzt stirbt, hoffe ich, dass auch Deutschland bald zum Hausarrest kommt und nicht in so eine schwere Notlage wie Italien kommt.
Aber es ärgert mich auch, dass noch einige Menschen, die sich zu mindestens keine finanziellen Sorgen machen müssen, noch darüber aufregen, dass Sie sich zurzeit hier nicht so bewegen können wie sonst.
Ich habe viele liebe Anrufe die letzten Tage von Gästen bekommen, die einem sehr guttaten, aber auch solche, die nur am jammern waren, weil Sie nicht mehr so einkaufen können wie gewohnt und nicht in Ihrer Lieblings- Bar/ Cafeteria dürfen. Ich habe mich da schon gefragt, warum Sie gerade mich anrufen? Sorry aber ich habe zurzeit wirklich schwerwiegende Probleme, wo es nicht nur um mich, sondern auch um meine Mitarbeiter geht, denen ich eine Verantwortung gegenüber habe, die ich sehr ernst nehme.
Um mich nicht weiter zu ärgern, ist auch nicht so gut für die Selle, habe ich mich Dingen wie Wäsche waschen, aufräumen und putzen gewidmet.
Dazu kam dann auch noch etwas Regen, den wir die letzten Tage schon sehr oft hatten. Ja ich hatte das Gefühl, als würde die Natur aufatmen. Seit Woche / Monaten hatten wir auf Regen gehofft, doch stattdessen hatten wir ein Kalima (Sandstürme mit sehr warmen Temperaturen) nach dem anderen. Nun wo fast alle zu Hause sind und so viel weniger Autos unterwegs, ist der