Killer in Texas: Western Sammelband 7 Romane und eine Kurzgeschichte. Pete Hackett

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Killer in Texas: Western Sammelband 7 Romane und eine Kurzgeschichte - Pete Hackett


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bot tausend Möglichkeiten, sich anzupirschen und ihn in die Zange zu nehmen.

      Es stand vier zu eins. Ein schlechtes Verhältnis, wenn man bedachte, dass es ums nackte Überleben ging. Harrisons Blick wanderte in die Höhe. Er fragte sich, wo Kathy steckte. Die beiden Kerle, die keine Pferde mehr besaßen, konnten ihr gefährlich werden, wenn sie nicht ihre Flucht fortgesetzt hatte.

      Harrison ließ seinen Instinkten freien Lauf. Du hat nichts mehr zu verlieren, Amigo!, durchfuhr es ihn. Und eigentlich solltest du seit etwa zwei Stunden schon tot sein, wenn es nach dem Willen des Gesetzes gegangen wäre. Gestorben am Ende eines soliden Hanfseiles ...

      Der Hals trocknete ihm aus, als er daran dachte. Im letzten Moment war er dem Tod von der Schippe gesprungen. Aber nun, so schien es, streckte der Sensenmann die knöcherne Klaue auf das Neue nach ihm aus. Einen Unterschied jedoch gab es: Er stand dem Untergang dieses mal nicht hilflos gegenüber. Und solange ein Tropfen Blut durch seine Adern pulsierte, würde er sich zur Wehr setzen. Er war bereit, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen ...

      *

      Die Minuten reihten sich in zäher Lang­samkeit aneinander. Und plötzlich vernahm Harrison ein klirrendes Ge­räusch, als Metall gegen Gestein stieß. Es hing sekundenlang in der Luft und versank wieder in der Stille. Harrison nahm eine flüchtige Bewegung am Fuß der südli­chen Felswand wahr, starrte auf das Gestrüpp, durch dessen Äste eine Er­schütterung ging, die niemals von dem lauen Wind herrühren konnte, der durch den Canyon zog. Der Lauf der Winchester wanderte etwas herum, Harrison legte sie auf den Stein­brocken und visierte den Busch an.

      Aber er schoss nicht. Er wartete nur ab, war angespannte Aufmerksam­keit. Und für ein paar Momente lang sah er aus den Augenwinkeln an der Nordwand ebenfalls eine geduckte Gestalt entlanghuschen. Er reagierte nicht schnell genug. Ehe er das Ge­wehr in die neue Richtung anschlagen konnte, war sie in einer Felsnische verschwunden. Er richtete sein Au­genmerk wieder auf das Gestrüpp. Wenn er sich nicht getäuscht hatte, dann musste der Bursche ja irgend­wann wieder zum Vorschein kom­men.

      In der Tat. Ein Mann schob sich vor­sichtig hinter dem Strauchwerk her­vor. Harrison kannte ihn nur vom Sehen. Es war einer der Kerle, mit denen sich ständig Flint Dexter umgab, und so rechnete ihn Harrison der Revolvergarde Big Johns zu. Der Bursche hielt sich eng an der Felswand, ließ seine suchenden Blicke in die Runde schnel­len. Schritt für Schritt tastete er sich voran, und er hatte sicherlich nicht den Hauch einer Ahnung, dass er über Kimme und Korn einer Winchester beobachtet wurde. Er reckte den Hals, hob den Arm und gab dem Mi­ster auf der gegenüberliegenden Canyonseite ein Zeichen. Harrison nahm den Kopf herum und sah den anderen Burschen aus der Felsnische gleiten. Er bewegte sich mit lautloser Ge­schmeidigkeit, und Harrison vermutete, dass Flint Dexter die zwei Kerle vorausge­schickt hatte, um die Lage zu erkun­den.

      Der Bursche an der Nordwand be­wegte sich dicht am Fels entlang. Im Gegensatz zum anderen auf der anderen Seite hatte er sei­nen Colt in der Faust. Er nutzte den Schatten und die Felsvorsprünge ge­schickt aus. Sein Kumpan näherte sich Harrisons Stellung auf ähnliche Weise. Sie verschwanden aus seinem Blick­feld, tauchten wieder auf, verschwan­den aufs neue...

      Harrisons Vermutung wurde zur Ge­wissheit. Dexter ging kein Risiko ein. Diese beiden Figu­ren sollten auskundschaften, wie groß die Gefahr war, die von ihm ausging.

      All right, Freunde, ich werde euch ei­nen gehörigen Strich durch die Rech­nung machen!, versprach er den Kerlen in Gedanken. Denn wenn er die beiden Burschen geräuschlos un­schädlich machen konnte, dann eröff­nete sich ihm noch einmal eine Chance zur Flucht.

      Sein Körper beschrieb eine halbe Drehung. Er nahm die Winchester herunter und schätzte die Entfernun­gen. Der Bursche, der an der Südwand entlangpirschte, würde ihn zuerst erreichen. Er sah ihn gerade wieder hinter einem Felsbrocken her­vorgleiten. In grimmigem Entschluss zog Harrison sich zurück. Der Felsen, der ihm Schutz geboten hatte, verbarg ihn auch weiterhin vor ihren Blicken. Bei einer Gruppe übereinandergelagerte Felsbrocken legte er sich flach auf den Bauch und robbte unter einen überspringenden Felsen. Er bewegte sich schlangengleich nach links. Einmal verharrte er um zu lauschen, konnte aber nichts hören, was eine unmittelbare Gefahr schließen ließ. Er kroch weiter. Noch ver­bargen ihn die Felsen vor unliebsa­men Blicken. Aber dann erreichte er das Ende der Felsengruppe. Sein Blick suchte den Burschen, der an der Südwand heranschlich. Der war noch etwa fünfzig Yards von ihm entfernt. Er schien etwas in seiner Wachsamkeit nachgelassen zu haben, denn er bewegte sich jetzt ziemlich schnell und ließ viele Deckungen aus.

      Der andere Brazos River-Schießer befand sich ungefähr auf der Höhe seines Komplizen, und da sich Harrison ziemlich auf der Südweise des Canyons verschanzt hatte, war er von Harrison mehr als dop­pelt so weit entfernt als der Bursche an der Südwand.

      Sie verständigten sich wieder durch Handzeichen. Jetzt hatte auch der Bursche, der Harrison ziemlich nahe war, den Revolver gezogen. Gleich musste er wieder hinter einem Felsvorsprung, vor dem dichtes Dornengebüsch wucherte, verschwinden. Es reichte bis an die Felswand heran.

      Es war soweit. Der Mister verschwand aus Harrisons Sichtkreis. Wie von Furien ge­hetzt robbte er los, kroch im Schutze von Felsen und Sträuchern zur südlichen Wand, wo der Bursche von der B.R. jeden Moment wieder auftauchen konnte.

      Atemlos hielt Harrison an. Seine Lun­gen pumpten. Sein Herz schlug einen aufgeregten Takt. Es hätte auch ins Auge gehen können. Er presste sich in einen engen Felsspalt und atmete nur noch ganz flach.

      Der Bursche kam. Zuerst war es nur das Schaben von rauem Hosenstoff, das ihn ankündete. Dann zer­brach mit leisem Knacken ein dürrer Ast unter seinem Tritt, und dann ver­nahm Harrison seinen gepressten Atem. Er bewegte sich direkt auf Harrison zu und hatte das Gesicht zur anderen Schluchtseite gerichtet, als suchte er Sichtkontakt mit seinem Kumpanen.

      Harrison lachte boshaft und spöttisch in sich hinein. Der Bursche schob sich in sein Blickfeld. Harrison trat auf ihn zu und ließ ihn in die Mündung der Winchester blicken. Der Mann wurde steif wie ein Brett, der Schock ließ ihn den Mund aufklappen, und seine Pupillen weiteten sich vor Be­troffenheit und Überraschung. Einen schrecklichen Augenblick lang starrte er in die Mündung, und ehe er zur Be­sinnung kommen konnte, schlug Harrison mit dem Lauf zu. Ohne einen Ton von sich zu geben sackte der Kerl zu­sammen. Harrison entwaffnete ihn und schob sich den Colt in den Hosen­bund. Dann zog er dem Cowboy den Leibriemen aus der Hose und fesselte ihm die Hände, zuletzt schob er ihn sein eigenes Halstuch als Knebel in den Mund.

      Dann tauchte Harrison ab und kehrte zurück zu der Gruppe ineinander verkeilter Felsen. Er schmiegte seinen Körper hart gegen das raue Gestein und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Nordwand. Dort schnellte der B.R.-Reiter gerade hinter der Deckung eines Felsens hervor und lief wie ein Hase in Zickzacklinie auf einige dürre Büsche zu, die ihm als einzige Schutz versprachen. Mit einem Hechtsprung warf er sich dahinter. Harrison feuerte in rasender Folge. Die Kugeln peitschten durchs Gebüsch, konnten seinem Gegner aber nichts anhaben, denn er lag in einer Felsmulde, und so strichen die Geschosse nur dicht und bösartig über ihn hinweg.

      Er erwiderte das Feuer. Und in das Hämmern seiner Schüsse hinein prasselte Hufschlag durch die Schlucht. Flint Dexter und der vierte Mann kamen. Plötzlich aber richtete sich der Bursche auf. Er taumelte zwei Schritte nach vorn, machte das Kreuz hohl, kippte über seine Absätze nach hinten und schlug lang hin.

      Harrison richtete den Blick nach oben. Über dem Canyonrand stieg eine Pulverdampfwolke empor. Um einen Knick des Canyons jagten in diesem Moment die beiden Reiter. Wieder peitschte ein Schuss, und wieder wolkte ein Rauchball über dem Rand des Canyons in die Höhe.

      Dexter und sein Begleiter rissen die Pferde herum und drehten ab. Oben trat Kathy hinter einem Felsen hervor und winkte mit dem Gewehr. Harrison erhob sich, winkte zurück und lief zu seinem Pferd. In der Schlucht verhallte der Hufschlag der B.R.-Pferde. Zurück konnte Harrison nicht. Denn irgendwo zwischen hier und dem Ende des Canyons würden seine Feinde auf der Lauer liegen. Der Bursche, den Kathy getroffen hatte, war ausgeschaltet. Aber da waren noch Dexter und drei weitere Kerle, die ihm die Hölle heißmachen konnten, und der Bursche, der gefesselt an der Südwand lag, würde auch wieder mitmischen, sobald sie ihn gefunden und befreit hatten.


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