Killer in Texas: Western Sammelband 7 Romane und eine Kurzgeschichte. Pete Hackett
Читать онлайн книгу.drangen an Harrisons Gehör. Was die beiden sich zuriefen, konnte er jedoch nicht verstehen. Beim Brunnen trafen sie sich. Einer ließ den Eimer in die Tiefe, dann hievte er ihn mit der Winde nach oben.
Aus dem Schornstein des Haupthauses stieg plötzlich Rauch. Und dann kam auch der dritte Mann der Ranchbesatzung in den Hof. Er verließ das Ranchhaus und gesellte sich zu den beiden anderen Burschen beim Brunnen.
Harrison erhob sich, lief zu seinem Pferd und schwang sich in den Sattel. Mit einem Zungenschnalzen setzte er das Pferd in Bewegung. Es stapfte den Hang hinunter auf die Ranch zu.
Böse Erinnerungen wurden in Harrison geweckt. Er dachte an seine beiden Cowboys, die mit ihm auf der Ranch gelebt hatten und die ums Leben gekommen waren. Ihr Tod ging auch auf das Konto Big Johns. Big John war überhaupt für alles Unglück, das über das Land hinweggefegt war wie ein Tornado, verantwortlich.
Die drei Männer beim Brunnen hatten sich dem Reiter zugewandt. Sie waren waffenlos. Sicherlich dachten sie nichts Schlimmes.
Zwei Pferdelängen vor ihnen hielt Harrison an. Er verschränkte die Hände über dem Sattelhorn und verlagerte das Gewicht seines Oberkörpers auf die durchgestreckten Arme. "Howdy."
Die drei erwiderten seinen Gruß und fixierten ihn aufmerksam. "Wer bist du?", fragte einer. "Was führt dich her?"
"Mein Name ist Harrison McQuinn."
Mehr sagte Harrison nicht.
Die drei wussten Bescheid. Sie nahmen eine sprungbereite, lauernde Haltung an. "Was willst du hier?", brach es über die Lippen eines der Cowboys. Seine Hände öffneten und schlossen sich.
"Ich werde meine Ranch wieder übernehmen", versetzte Harrison. "Ihr hingegen habt hier nichts verloren. Also haut ab. Sofort. Setzt euch in Bewegung. Oder ich mache euch Beine."
Mit seinem letzten Wort griff Harrison nach dem Colt. Er flirrte aus dem Holster. Harrison ließ die Hand mit dem Eisen über die drei Burschen pendeln. "Abmarsch!"
"Lass uns wenigsten unsere Hemden..."
"Keine Chance. Ihr verschwindet, wie ihr seid."
"Was ist mit unseren Pferden. Dürfen wir..."
Wieder schnitt Harrison dem Sprecher brüsk das Wort ab. "Nein!"
"Die Pest an deinen Hals, McQuinn!", knirschte einer der Cowboys. "Denkst du denn im Ernst, dass du deine Ranch wieder übernehmen kannst? Ein flüchtiger Mörder, auf dessen Kopf 1000 Dollar Belohnung ausgesetzt sind? Du wirst nicht nur die Mannschaft der Brazos River Ranch auf dem Hals haben, sondern auch Jim Hickock und ein Aufgebot aus Stamford. Welcher Teufel reitet dich, McQuinn?"
"Ich bin unschuldig. Und ich werde es beweisen. Und jetzt haut ab. Ich wiederhole mich nicht gern."
Den drei Kerlen blieb nicht verborgen, dass Harrison es höllisch ernst meinte. Ein Blick in sein Gesicht verriet es ihnen. Da war nichts von Entgegenkommen oder Versöhnlichkeit zu lesen. Seine Züge muteten an wie aus Granit gemeißelt.
Sie ließen die Handtücher fallen. Dann marschierten sie los. Einer spuckte aus, dann zischte er böse: "Wir werden mit dem Rest der Brazos River Mannschaft zurückkommen. Und dann wird es schlimm für dich, McQuinn. Du wirst die Stunde noch verfluchen, in der du dich entschlossen hast, in diesen Landstrich zurückzukehren."
"Spar dir deinen Atem für den Marsch zur Brazos River Ranch, mein Freund", versetzte Harrison ohne die Spur einer Gemütsregung. "Ich schätze mal, dass du keine großen Töne mehr spuckst, wenn du den Weg hinter dich gebracht hast."
Die drei Männer stapften davon. Sie blickten nicht mehr zurück. Harrison holsterte den Colt, ritt bis vor das Haupthaus und glitt dort vom Pferd. Er schnappte sich die Winchester aus dem Scabbard, hielt noch einmal Ausschau nach den drei Cowboys, dann ging er ins Haus.
Hier hatte sich kaum etwas verändert. Etwas heruntergekommener wirkte alles. Im Ofen brannte ein Feuer. Ein rußgeschwärzter Krug mit Kaffee stand auf der Herdplatte. Harrison schaute in sein Schlafzimmer. In seinem Bett hatte einer der Kerle geschlafen. Er verließ das Haupthaus und ging in das kleine, flache Gebäude, das einst seine Cowboys bewohnten. Die beiden Bunks waren zerwühlt. Harrison sah die Revolvergurte der Brazos River-Cowboys und ihre Gewehre. Die Gurte hingen über Stühlen. Die Gewehre lehnten an der Wand.
Harrison kehrte ins Haupthaus zurück. Er schenkte sich einen Becher voll Kaffee ein. Mit dem Becher in der Hand ging er zum Fenster. Die drei Cowboys waren verschwunden.
Das Warten begann...
*
Am Abend kam Flint Dexter mit einem halben Dutzend Reitern. Die Horde ritt in den Ranchhof. Staub wallte unter den Hufen. Sie zerrten auf die Pferde in den Stand, Dexter ließ seine Stimme erklingen: "McQuinn!"
Harrison stand neben dem Fenster in der Küche. Mit beiden Händen hielt er das Gewehr schräg vor seiner Brust. Sein Kinn war eckig. Er rief: "Ich bin hier, Dexter. Ich habe schon auf dich gewartet. Wenn du denkst, dass ich mich euch ergebe, bist du auf dem Holzweg."
"Wir sind nicht hier, um mit dir zu verhandeln, McQuinn. Du bist ein steckbrieflich gesuchter Mörder. Auf dich wartet der Galgen."
"Du vergisst, dass ich dich vor der Mündung habe."
"Du wirst nicht schießen, McQuinn. Meine Männer würden dich in Stücke reißen."
"Was habe ich schon zu verlieren?"
Dexter gab seinem Pferd die Sporen und riss gleichzeitig an den Zügeln. Das Tier brach zur Seite aus. Der Vormann der Brazos River Ranch sprang vom Pferd und rannte in den Schutz eines Schuppens. Seine Männer ritten auseinander, saßen ebenfalls ab und liefen in Deckung. Sekundenlang herrschte ziemliches Durcheinander auf dem Ranchhof.
Von Harrisons Seite fiel jedoch kein Schuss.
Dexter brüllte: "Auf deinem Steckbrief steht tot oder lebendig, McQuinn. Sieht so aus, als würden wir dich tot bei Hickock abliefern."
"Natürlich, Dexter. Du warst schon immer für die sichere Methode. Wie war das denn bei Ben Walker, nachdem deine Drohungen auf keinen fruchtbaren Boden fielen. Bei Ben bist du doch auch auf Nummer Sicher gegangen. Allerdings hast du versäumt, auch Kath umzubringen. Sie ist nämlich Bens Erbin. Und sie wird das Land der Walker-Ranch von der Brazos River Ranch zurückfordern, ebenso wie ich meines zurückfordere."
"Du bist so gut wie tot, McQuinn. Walker war ein Narr. Ihr wart alle Narren. Habt ihr denn geglaubt, die Brazos River Ranch schluckt es, dass ihr euch am Fluss breit macht und unseren Rindern den Weg zum Wasser abschneidet?"
"Nein, Dexter. Das haben wir nicht geglaubt. Zumindest Walker und ich nicht. Bancroft hat versucht, sich auf eure Seite zu schlagen. Ihr habt ihn benutzt, Dexter. Und als er seine Schuldigkeit getan hatte, wurde er erschossen. Als Mörder konntet ihr ja mich präsentieren. Großer Gott, Dexter, es war eine niederträchtige Inszenierung, die ihr - du und Big John - aufgezogen habt. Doch eure Rechnung geht nicht auf."
"Als Bancrofts Mörders bist du verurteilt worden, McQuinn", rief Dexter. "Und jetzt holen wir dich. Fang an zu beten, Hombre. Dir bleibt nicht mehr viel Zeit."
Kaum, dass das letzte Wort über seine Lippen war, begann Dexter zu schießen. Die Reiter der Brazos River Ranch ließen ebenfalls ihre Waffen sprechen. Der Lärm steigerte sich zu einem höllischen Choral. Querschläger wimmerten durchdringend. Es krachte, knirschte und splitterte.
Harrison McQuinn gab keinen einzigen Schuss ab.
Die Brazos River-Mannschaft deckte das Haupthaus der Ranch mit Kugeln ein. Dexter brüllte mit überschnappender Stimme: "Es war ein Fehler, zurückzukehren, McQuinn. Du wirst genauso tot sein wie Bancroft und Walker."
Unter dem Feuerschutz ihrer Gefährten stürmten drei Cowboys das Ranchhaus. Ungeschoren gelangten sie ins Innere. Einer brüllte: "Hört zu schießen auf! Aufhören! McQuinn hat sich abgesetzt! Der verdammte Hund ist abgehauen! Er ist wahrscheinlich durch eines der rückwärtigen Fenster geflohen..."
Das hämmernde Stakkato endete. Die Gewehre im Anschlag kamen