Granero. Hans-Jürgen Döpp

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Granero - Hans-Jürgen Döpp


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      Torodora Gorges (Hg.)

      Granero

      Leben – Lieben und Tod eines Toreros

      „Ein Torero stirbt,

      und ein Engel wird geboren“

      edition de l`oeil

       Impressum:

      © edition de l`oeil, Hans-Jürgen Döpp, Frankfurt am Main 2020

      www.aspasia.de

      © ÜBERSETZUNG ins Deutsche: Torodora Gorges, Frankfurt am Main

      Frankfurt am Main 2019

      © Illustrationen: Sammlung Hans-J.Döpp, Frankfurt am Main

      Titelvignette: Willi Geiger

      © Fotos der künstlerischen Arbeiten: Alexander Beck, Frankfurt am Main

      Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

      ISBN: 978-3-347-07341-8 (Paperback)

      978-3-347-07342-5 (Hardcover)

      978-3-347-07343-2 (e-Book)

      Inhalt:

      -Torodora Gorges: Wer war Manuel Granero?

      -Audaz y Ferragut: Granero, El Ídolo

      Vida, amores y muerte del gladiador

      -Hans-J.Döpp: Graneros Tod bei Bataille und Hemingway

      -Graneros Tod in der Kunst

      -Zeitgenössische Fotographien

      -Zur Herausgeberin

      Das Büchlein von Audaz und Ferragut: „Granero, El Ídolo, Vida, amores y muerte del gladiador“, Madrid 1922, wurde von Torodora Gorges ins Deutsche übersetzt. Die das Büchlein illustrierenden Fotos wurden durch andere, damals als Postkarten zirkulierende Fotos ersetzt.

      Torodora Gorges

       Wer war Manuel Granero?

      Der Torero Manuel Granero starb als junger Mann. Am 4. April 1902 in Valencia geboren, wurde er am 7. Mai 1922 von einem Stier in der Plaza de Toros in Madrid getötet. Er war bei seinem Tod zwanzig Jahre, einen Monat und drei Tage alt. Ein Jugendlicher, fast noch ein Kind - zum Sterben zu jung! Auf den alten Porträt-Fotos sieht man ein blasses Kindergesicht mit weichen Zügen und freundlich-scheuem Lächeln, dem jede Spur von „Draufgängertum“ oder gar Aggressivität fehlt.

      Der Tod jedoch stellte für den jungen Mann keine unbekannte Größe dar, denn er war Matador de Toros, „Stiertöter“, durch dessen Degen der Stier sein Leben verliert. Allerdings setzt ein Torero bei der Begegnung mit dem Toro immer auch sein eigenes Leben aufs Spiel. Manuel Granero hatte sich, wie die meisten Toreros, schon sehr früh dafür entschieden, diesen Beruf zu ergreifen. Einen „Brotberuf“, gar eine lukrative Einnahmequelle verstand er darunter nicht. Für ihn kam die Wahl dieses Berufes einer Berufung gleich, sie war bestimmt von Tradition und Mythos, getragen von Leidenschaft – Passion. Ein „berufener“ Torero erlebt sich als Künstler in einem feierlichen Hochamt, einem Priester vergleichbar, der ein Opferritual zelebriert.

      Diese ritualisierte Auseinandersetzung zwischen Mensch und Tier mit dem deutschen Begriff „Stierkampf“ („bullfight“ im Englischen) zu definieren, ist völlig unangebracht, ja irreführend. Im Herkunftsland der Tauromachie, in Spanien, sowie in Ländern romanischer Sprache findet sich keine Entsprechung dafür. Synonyme im Spanischen sind: el toreo (nicht zu verwechseln mit torero, dem Akteur) – la corrida de torosla fiesta de toros – la fiesta brava, und – obwohl es schon längst eine breite internationale Anhängerschaft gibt - wird das Fest zur Feier der Stiere von den konservativen spanischen Aficionados weiterhin gerne als fiesta nacional bezeichnet. Aber immer geht es im toreo um den toro, ihn gilt es zu feiern. Denn es geht um Kunst, nicht um Kampf . „El toreo es un arte, no una lucha…“, lautet das von der Afición immer wieder neu beschworene Credo.

      Manuel Granero verkörperte bereits als Heranwachsender das Idealbild eines sensiblen, hoch begabten Künstlers. Er war ein beliebter und gefragter Novillero, er war auf dem Weg nach oben, hatte potente Förderer. In der gehobenen Gesellschaft war er kein Unbekannter. Das Publikum verehrte ihn, Frauen verliebten sich in den schüchternen jungen Mann aus gutem Hause. Er galt als kultiviert und gebildet, spielte Geige und hätte sich unter anderen Vorzeichen auch ein Leben als Geigenkünstler vorstellen können. All das ist nachzulesen in einem Text, der 1922 in Spanien als kleines schmales Buch im Oktavheft-Format erschienen ist. Dieser von mir ins Deutsche übertragene Text befindet sich auf den folgenden Seiten.

      Sein Titel lautet Granero, el Ídolo – Granero, das Idol. Mit dem Untertitel Vida, Amores y muerte del gladiadorLeben, Amouren und Tod des Gladiators bedienen die Verfasser die Neugier des Boulevard. Tendenziell auf dem Niveau eines Groschenheftes beschreiben die beiden Journalisten El Caballero Audaz und Juan Ferragut das kurze Leben Graneros. Sie berichten von ersten Erfahrungen in Liebesangelegenheiten und den wenigen „Liebschaften“ mit Frauen, die seine Unerfahrenheit und unschuldige Naivität auszunutzen verstanden. Berichtet wird aber auch von der rührenden Liebesbeziehung zu einer gleichaltrigen jungen Frau, einem „gefallenen Mädchen“, die der Torero beim Aufbau eines neuen Lebens in dezenter Sicherheit unterstützte.

      Bei der Schilderung der dramatischen Umstände seines Todes in der Plaza von Madrid - an einem sonnigen Sonntag im Mai - sparen die Autoren nicht mit eindrucksvollen Details des Grauens. Wie ein Naturereignis traf das brutale Geschehen die Zuschauer. Die Reaktionen des Publikums bewegten sich zwischen gellendem Entsetzen und stummer Fassungslosigkeit. Panische Erregung hatte die Menschen ergriffen. Die Berichte der beiden Journalisten vermitteln eine Ahnung davon. Diese Corrida de Toros, an einem heiteren Maientag in entspannter Atmosphäre, kippte von einem Augenblick zum nächsten in eine Tragödie um.

      Zeitgenössische Schriftsteller setzten sich in der Folgezeit literarisch mit den verstörenden Gefühlen und Phantasien auseinander, von denen die Augenzeugen dieses Grauens verfolgt wurden. Unbewusste Assoziationen von bizarr irritierender Qualität löste insbesondere das Detail vom Verlust des Auges durch das Eindringen des Stierhorns aus. Hemingway, der Graneros Tod als Zuschauer miterlebt hatte, beschreibt in seinem Buch „Tod am Nachmittag“ diese Szenen. Das in höchste Erregung gesteigerte Erleben von Furcht und Schrecken hat der Franzose George Bataille in seinem Roman „Die Geschichte des Auges“ zum Thema gemacht. Darüber erfahren wir später im Zusammenhang mit den Illustrationen mehr.

      Im oben erwähnten Text, „Granero, das Idol“, beschreiben die beiden Autoren die nächtliche Totenwache für den Verstorbenen. Freunde und Vertraute hatten sich in der zur Trauerhalle umgerüsteten Kapelle der Plaza eingefunden. Am offenen Sarg trauerten sie in der Stille und bei Kerzenschein. Der Tote wurde von ihm nahestehenden Menschen im geschützten Raum der Kapelle, mit Blick auf den leidenden Christus am Kreuz, beweint. - Am nächsten Tag waren die Straßen Madrids auf dem Weg zum Bahnhof schwarz von zahllosen trauernden Menschen. Feierlich nahmen sie Abschied von Manuel Granero, der in seine Heimatstadt Valencia überführt wurde. Respektvoll, die Köpfe gesenkt, den Hut in der Hand, erwiesen sie dem toten Torero, der in einer imposanten Trauerkarosse aufgebahrt an ihnen vorbeifuhr, die letzte Ehre.

      Die Ähnlichkeit mit den Prozessionen innerhalb der Karwoche im katholischen Spanien drängt sich auf. Besonders in Andalusien wird während der Semana Santa die teilnehmende Identifikation mit dem Leiden Christi – in einer Form leidenschaftlicher Passion - feierlich zelebriert.

      Das Phänomen kollektiven Trauerns und Mitleidens beim Tod einer prominenten Kultfigur

      - aus dem Bereich von Kunst, Politik, Sport etc. - ist immer wieder aufs neue unter anderen Bedingungen und zu allen Zeiten zu beobachten. Allerdings wären vergleichbare Demonstrationen massenhafter Anteilnahme am Tod eines Toreros in der breiten Öffentlichkeit heute nicht mehr denkbar. Während sie früher als Künstler und Helden mit hohem


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