Ein Sattel zuviel. Larry Lash
Читать онлайн книгу.er plötzlich hellwach.
Du musst fliehen!, sagte er erregt zu mir.
Ich erwiderte, dass ich das nicht ohne ihn tun würde.
Ich habe dir nur Kummer bereitet, Schwester, sagte er zu mir und ergriff meine Rechte. Ich bin ein Versager. Ich habe mich in eine Sache eingelassen, die mehr als übel ist. Ich kann daraus nicht entkommen. Es ist wie ein Morast; je mehr man sich müht, desto tiefer zieht er einen hinab.
Ich sagte ihm, dass er so nicht sprechen solle. Er habe seinen Fehler erkannt, und nur das allein zähle. Mit einem traurigen Lächeln winkte er ab.
Es ist viel zu spät, Susan. Novelle wird hierherkommen, um nach mir zu sehen. Er darf dich nicht sehen, Schwester. Ich will nicht, dass er dich sieht.
Ich fragte meinen Bruder, warum er Novelle so sehr fürchte. Er gab zu, dass er Furcht vor ihm habe, beharrte aber darauf, ihn allein zu empfangen. Ich gab zu bedenken, dass die beiden Kerle, die Rod gebracht hatten, Novelle bestimmt von mir erzählt hätten.
Sie halten dich für meine Geliebte, erwiderte Rod scharf. Ich habe ihnen das erzählt, um dich zu schützen.
Ich bat Rod, mir das Versteck der Papiere zu verraten, aber er lehnte das ab. Es sei besser für mich, wenn ich nichts wüsste. Die Männer würden auch vor mir nicht haltmachen. Es sei besser für mich, sofort zu packen und zu verschwinden. Aber daran dachte ich nicht. Ich konnte Rod in dieser Lage nicht allein lassen.“
Susan schwieg und schaute ihren Mann und ihren Schwiegervater an.
„Das war recht von dir gehandelt“, sagte Sam. „Du konntest deinen Bruder nicht im Stich lassen. Erzähl weiter, rede dir alles vom Herzen, das wird dich erleichtern.“
„Ja, das tut es“, erwiderte Susan mit zuckenden Lippen.
Nach einer Weile fuhr sie fort: „Mein Bruder verfiel in einen Zustand, der sich schwer beschreiben lässt. Einige Male glaubte ich, er sei tot. Er schien es aufgegeben zu haben, mich weiter zur Flucht zu bewegen. Ich zweifelte schließlich daran, ob ich es nicht falsch gemacht hatte, indem ich ihm die Kugel aus dem Oberschenkel holte. Ich machte mir solche Vorwürfe, dass ich einem Zusammenbruch nahe war. Jedes noch so kleine Geräusch ließ mich zusammenfahren und steigerte meine Nervosität ins Unerträgliche. Ich versuchte, mich zu beruhigen, und trank einige Whiskys, was ich sonst nie tat. Ich hatte das Gefühl, dass sich mein Zustand besserte, und wusste nicht, dass der Alkohol eine gewisse Gleichgültigkeit in mir erzeugte. Als Rod wieder nach mir rief, drehte sich das Zimmer um mich, und ich fiel zu Boden. Als ich mich wieder erheben konnte, hörte ich ein dröhnendes Lachen, und jemand sagte mit dunkler Stimme: Freund, du solltest deinen Whisky besser einschließen. – Wer ist das Mädchen?
Ich erkannte Lester Novelle. Die Beschreibung, die mein Bruder von ihm gegeben hatte, traf auf ihn zu. Er hockte auf dem Bett meines Bruders und starrte ihn an wie eine Schlange, die ihr Opfer belauert.
Sie ist verlässlich, Boss, erwiderte Rod. Sie ist meine Schwester.
Es ist gut, dass du die Wahrheit sagst, erwiderte Novelle. Ich habe mir doch gleich gedacht, dass sie deine Schwester ist. Wenn sie es nicht wäre, müsste sie die lange Reise noch heute antreten. Ich dulde keine Mitwisser!
Sie weiß gar nichts, Boss.
Wirklich nicht?, höhnte Novelle. Ich halte nicht viel von der Mitarbeit von Frauen. Frauen sind dazu da, Männern angenehme Stunden zu schaffen und sich schön zu machen.
Ich schloss die Augen, als Lester Novelle mich scharf ansah.
Du hältst dich sehr gerade, hörte ich Novelle zu meinem Bruder sagen. Er machte sich an dem
Krankenlager zu schaffen. Hat sie die Kugel herausgeholt?
Ja, Boss, gab Rod zu.
Gute Arbeit! Ich kann das beurteilen. Ein Doc hätte es nicht besser machen können. Deine Schwester kann unserem Verein noch eine wertvolle Hilfe werden. Wenn es ihr Spaß macht, kann sie noch öfter einige Unzen Blei herausschneiden.
Mir wurde fast übel, als ich Novelle so sprechen hörte. Mir kam der Gedanke, mich schlafend und betrunken zu stellen.
Was ist mit meiner Schwester?, fragte Rod.
Sie ist betrunken wie ein Hafenarbeiter, erwiderte Novelle lachend. Sie hat wohl noch nie getrunken?
Sie wollte sich nach der Operation stärken, Boss.
Nun, das ist ihre Sache. Ich mag keine betrunkenen Frauen, sagte er abfällig, auch dann nicht, wenn sie so hübsch sind wie deine Schwester. By Gosh, bei ihr könnte ich fast eine Ausnahme machen.
In Novelles Stimme klang jetzt etwas mit, was mir Sorgen bereitete. Auch mein Bruder schien das herausgehört zu haben, denn er lenkte ab:
Du wolltest doch das Versteck wissen, Boss. Er beschrieb genau die Gasse und den Riss in der Wand, in den er die Papiere gesteckt hatte.
Ich kann jetzt niemanden hinschicken, um sie zu holen, sagte Novelle. Die ganze Gegend wimmelt von Polizei. Wir müssen bis zur nächsten Nacht warten, dann wirst du mich dorthin führen. Deine Schwester wird mit von der Partie sein. Ich glaube, sie wird das erste weibliche Mitglied unseres Vereins werden. Sie gefällt mir ausgezeichnet. Das habe ich noch von keiner Frau sagen können.
Ich hörte Schritte, Novelle ergriff mich und zerrte mich hoch.
Schau mich an!, forderte er mich auf. Ich blickte ihm ins Gesicht, das dicht vor mir war. Ja, du gefällst mir, sagte er und presste mich so eng an sich, dass sein heißer Atem mein Gesicht streifte. Wir werden uns prächtig verstehen. Der Alkohol hat dich zur toten Puppe gemacht, aber das wird sich ändern. In meinen Armen wirst du zum Leben erwachen, das Eis wird schmelzen. – Verdammt, reiß dich zusammen!
Ich tat es nicht, ich wehrte mich nicht. Ich stemmte mich nicht gegen ihn, und das schien ihn wütend zu machen. Er schlug zu, meine Wangen brannten. Ich hätte schreien und weglaufen sollen, doch ich war wie gelähmt, und das sicherlich zu meinem Glück. Er schüttelte mich noch einige Male, und ich murmelte Unverständliches. Wütend schleuderte er mich zu Boden.
Bleib liegen, Rod!, herrschte er meinen Bruder an. Es würde mir leid tun, wenn sie in diesem Zustand noch eine Kugel aus deinem Fleisch schneiden müsste.
Rod atmete schwer. Er hatte sich von seinem Lager erhoben und lehnte am Schrank. Seinen Revolver hatte er nicht erreichen können.
Versuch nicht, den Helden und Beschützer zu spielen, sagte Novelle verächtlich. Niemand hat mich bezwingen können, keiner aus meinen Reihen hat sich gegen mich zu erheben versucht. Du bist wohl lebensmüde?
Lass meine Schwester in Ruhe, Boss!
Ich kann deine dummen Gedanken lesen. Du möchtest mir an den Kragen, dabei kannst du dich nicht einmal auf den Beinen halten. Lass das sein, Freund, ich habe dich in der Hand. Ich brauche nicht einmal meine Leute gegen dich einzusetzen. Es genügt, wenn ich dem nächsten Polizeiposten deine Adresse gebe. Man wird dir die drei Toten ankreiden, die beim Überfall zurückblieben.
Ich habe niemanden getötet.
Ich weiß, aber was macht das schon? Man wird mir glauben.
Man weiß, wer du bist.
Nicht, wenn man etwas Maske macht, grinste Novelle. Ich kenne tausend Tricks, um mein Äußeres zu verwandeln. Es gibt genug Leute, die schwören werden, dass du die drei Männer getötet hast.
Du bist ein Teufel!
Bin ich das? Nun, mir macht es nichts aus, ich betrachte es als Kompliment. – Dir möchte ich raten, jeden Fluchtgedanken aufzugeben. Ich werde das Haus bewachen lassen, denn noch brauche ich dich. Du sollst dafür sorgen, dass ich bei