Pistengeier: Berlin Turbo #9. Glenn Stirling

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Pistengeier: Berlin Turbo #9 - Glenn Stirling


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sagte sich Klaus, wird es schon hell, wenn wir durch die Vogesen ziehen. Bei Besancon werden wir rasten, eine gute Tasse Kaffee!

      Aber jetzt erst einmal die Abzweigung für die Lastwagen zur französischen Grenze.

      Runterschalten, Blinker an, und jetzt der Zoll. Hoffentlich dauert’s nicht ewig. Und es ging schneller noch, als Klaus zu hoffen wagte. Eine Zöllnerin fertigte sie ab, und Klaus setzte, als er sie anblickte, sein verführerischstes Lächeln auf.

      Aber dann, ein Stück hinter der Grenze, kam der Hammer. Polizei, dann die Kelle, rote Lampen, anhalten.

      Wo tut’s denn nun weh?, dachte Klaus und beugte sich aus dem Fenster.

      Der Polizist schaute hinauf.

      „Le Disque.“

      „Was?“, fragte Klaus, der schon wusste, was der Polizist meinte.

      „Scheibe“, sagte der Polizist und machte eine kreisende Bewegung mit dem Finger.

      Klaus klappte den Fahrtenschreiber auf, nahm die Scheibe heraus.

      Was wollen die mir denn?, dachte er. Ich bin doch hier auf ihrem Gebiet nur herumgekrochen.

      Der Polizist winkte einen zweiten heran, offenbar ein Elsässer. Der sagte, nachdem der Polizist mit ihm gesprochen hatte, zu Klaus: „Ihr habt nur noch eine halbe Stunde, dann müssen Sie Pause machen.“

      „Ich habe eine Ablösung“, sagte Klaus. „Der schläft noch.“

      „Wir machen bei Besancon Kontrollen. Ich will Ihnen das nur sagen. Wenn Sie dann zu lange am Steuer waren, werden Sie bestraft.“

      „Danke für den Hinweis“, erwiderte Klaus. „Ich werde meinen Kollegen rechtzeitig wecken.“

      Dann ging es weiter. Klaus fuhr noch ein Stückweit, noch nicht mal die halbe Stunde lang, dann fuhr er rechts am Ende einer Steigung auf einen Parkplatz, hielt und weckte Paul, der aufschreckte, als hätte er gerade zwei Minuten die Augen geschlossen gehabt.

      „Was ist? Was ist?“, rief er aufgeregt und schlaftrunken gleichzeitig.

      „Ablösung. Aber bevor du die Kiste in Gang setzt, möchte ich dir drei Takte sagen, Sportsfreund. Nicht, dass wir plötzlich in Paris landen.“

      „Keine Sorge, keine Sorge, Mensch! Ich passe auf, das passiert mir nicht noch mal.“

      „Vor Lyon wirst du mich wecken, hast du verstanden? Du wirst mich vor Lyon wecken, und zwar noch bevor du in den Tunnel kommst. Wenn die Strecke abwärts geht, bist du da schon mal gefahren?“

      „Hunderte Mal.“

      „Sind das auch nicht Hoffmanns Erzählungen? Irgendein Märchen aus Tausendundeiner Nacht?“

      Paul schüttelte voller Überzeugung den Kopf.

      „Aber nein doch! Das mit Nürnberg war Scheiße, das gebe ich zu, das ist mir halt passiert. Ich habe mir eingebildet, über München geht es auch. Weiß selbst nicht warum. Ich hatte wohl die Karte nicht richtig im Kopf.“

      Klaus sagte zunächst nichts, und er dachte: Hoffentlich hat er überhaupt was im Kopf!

      Er ließ Paul weiterfahren. Es war Morgen geworden. Ein rötlicher Schein breitete sich über dem Himmel aus, aber im Westen war er noch pflaumenblau. Aber es versprach, nach dem vielen Regen mal ein schöner Tag zu werden. Kaum Wolken zu sehen.

      Nach der kurzen Rast ging es bergab, dann wieder hinauf und wieder herunter. Klaus blieb noch solange wach, bis er sicher war, dass Paul die Gefällestrecken nicht zu schnell fuhr. Und er beobachtete auch noch, wie Paul auf einer Steigung auf die Kriechspur ging. Es standen zwar überall Schilder auf französisch: Soiez droite, dass man sich rechts halten sollte, aber ob Paul das lesen konnte, war eine andere Frage. Klaus dachte noch, er müsste ihn fragen, ob er französisch kann. Aber wahrscheinlich, sagte er sich, kann er es nicht. Und dann schlief er ein.

      Er wurde etwa zwei Stunden später wach. Und das Erste, was er feststellte: Der Motor lief nicht. Und dann hörte er das Ticken, aber zugleich noch ein anderes Geräusch. Das Ticken war die Warnblinkanlage, und das schreckte ihn vollends auf.

      Dann sah er Paul. Der war mit dem Oberkörper aufs Lenkrad gesunken und schnarchte. Natürlich, das Schnarchen, das war das andere Geräusch gewesen. Und die Warnblinkanlage.

      Erschrocken schaute Klaus nach vorn. Sie standen auf der Standspur. Es war heller Tag, die Sonne schien.

      Mein Gott, was ist denn nun passiert!, dachte Klaus fieberhaft. Hat er was am Motor?

      „Hei, Penner“, rief Klaus, „wieso steht der Zug?“

      Paul brauchte eine ganze Weile, bis er wach wurde. Dann gähnte er und riss dabei den Mund weit auf, blickte schlaftrunken auf Klaus und fragte mürrisch: „Was schreist du herum? Was ist denn nun wieder los?“

      „Wieso steht der Zug? Warum fährst du nicht?“

      „Ich war müde, verdammt noch mal! Soll ich uns die Böschung runterjagen? Ich musste anhalten.“

      „Auf der Standspur? Bist du verrückt geworden? Konntest du nicht wenigstens bis zu einem Parkplatz fahren oder mich wecken?“

      „Ich wollte dich nicht wecken. Ich dachte, dann spielt er wieder verrückt, also lass ich ihn pennen. Wenn ich müde bin, muss ich schlafen. Ich kann nicht fahren, wenn ich müde bin.“

      „Du hast doch die ganze Zeit gepennt. Du hast gesägt, als wolltest du die Wälder von Kanada abholzen, verdammt noch mal! Und jetzt bist du schon wieder müde?“

      „Kann ich was dafür? Es ist eben so.“

      „Super! Weißt du was, wie wäre es, wenn ich dir von dem Geld, das ich habe, so viel gebe, dass du nach Hause fahren kannst? Mit dem Zug natürlich.“

      Paul grinste. „Das meinst du doch nicht wirklich.“

      „Genau das meine ich. Wir haben eine Terminfracht. Erst dieser Wahnsinnsumweg, dann legst du Schwachkopf dich hin und pennst!“

      „Ich habe nicht gelegen, verdammt noch mal, und ich bin müde gewesen. Ich frage dich noch mal, ob es dir lieber ist, die Böschung heruntergejagt zu werden.“

      „Ist das vielleicht ein Standpunkt“, entfuhr es Klaus. „Mensch, was bist du für ein Heini!“

      „Nun reiß bloß das Maul nicht so weit auf. Du bist hier nicht in Deutschland, wir sind in Frankreich.“

      „Und, was macht den Unterschied?“

      „Ganz einfach“, sagte Paul. „In Deutschland, da kann ich mir nichts zuschulden kommen lassen, verstehst du? Aber hier, hier könnte ich dir auch ein paar in die Fresse hauen, das, was du mir angedroht hast. Denk bloß nicht, dass ich vor dir Angst habe!“

      „Und das auf meinem Bock“, meinte Klaus kopfschüttelnd. „Weißt du, noch habe ich das Sagen hier. Wir fahren jetzt bis Besancon oder wo immer wir sind. Ich nehme an, du bist nicht mehr weit gefahren. Wie lange stehen wir hier schon?“

      „Weiß ich doch nicht.“

      „Und wo sind wir? Wir sind doch noch mitten in den Vogesen.“

      „Kann ich dafür? Ich hab’ sie nicht dahin gepflanzt“, meinte Paul aufsässig.

      „Gut. Ganz einfach, nächste Abfahrt ist unsere. Und irgendwo ist eine Stadt, da steigst du aus, Bruder! Und dann kannst du, ganz gleich wie, nach Hause fahren, zurück nach Berlin. Ich will dich jedenfalls nicht mehr auf dem Bock haben.“

      Paul grinste ihn an.

      „Meinst du wirklich, dass ich da mitspiele?“

      „Ich bin sogar fest überzeugt davon, dass du mitspielst“, versicherte ihm Klaus.

      „Vertu dich mal bloß nicht!“, erwiderte Paul. Dann schob er sich den Ärmel am rechten Unterarm hoch. Da war eine Tätowierung. „Weißt du, was das ist?“, fragte er. Klaus schaute


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