Ende offen. Peter Strauß
Читать онлайн книгу.dass unsere menschlichen Eigenarten keinen Schaden anrichten können. Das beinhaltet, dass wir jede Neuerung daraufhin prüfen, ob sie materiellen, moralischen, psychologischen oder soziologischen Schaden nach sich ziehen kann. Täten wir das konsequent, so würden wir vollständige Nachhaltigkeit erreichen. In Romanen und Filmen wird die ferne Zukunft häufig derart dargestellt und erscheint uns glaubwürdig.
Mein Eindruck ist, dass einerseits vielen von uns bewusst ist, dass wir etwas ändern müssen, wenn wir langfristig als Menschheit überleben und den Planeten erhalten wollen. Ich denke, viele stellen sich die ferne Zukunft so vor, dass wir dann alle Abfälle vollständig recyceln, keine Rohstoffe mehr abbauen müssen und vollständig mit regenerativer Energie leben. Vermutlich glauben auch viele, dass Hunger und Armut spätestens in einigen Jahrhunderten abgeschafft sein werden und wir langfristig den ärmeren Ländern zu mehr Wohlstand verhelfen können. All das halte auch ich für möglich. Andererseits besteht kein direkter Bezug zwischen dieser Annahme und unserem Handeln in der heutigen Zeit. Die von uns erhofften Veränderungen werden nicht „einfach so“ kommen, wenn wir weiterleben wie bisher. Wenn wir an eine bessere Zukunft glauben, müssten wir jetzt anfangen, die Weichen dafür zu stellen.
1.4 Zusammenfassung des Buches
Der Umfang des vorliegenden Buches rührt von dem ehrgeizigen Anliegen her, die komplexen Zusammenhänge zu schildern, die unser Leben und unsere Zukunft bestimmen. Diese wollte ich nicht unzulässig vereinfachen. Damit Sie immer den „roten Faden“ behalten, nenne ich Ihnen im Folgenden die zentralen Gedanken der einzelnen Abschnitte.
Kapitel 2.1: Unsere Vorherrschaft auf dem Planeten ist eine Tatsache, aber nicht zu rechtfertigen. Wir sollten danach streben, unseren „Fußabdruck“ zu minimieren.
Kapitel 2.2: Die Suche nach Glück und die Vermeidung von unangenehmen Gefühlen lenkten uns in der Vorzeit im Sinne der Arterhaltung. Unsere Eigenschaften, die wir heute negativ oder positiv bewerten, sind von der Evolution erzeugt worden und in ihrem Sinne richtig. Den Erfordernissen unseres heutigen Zusammenlebens sind sie allerdings oft nicht mehr angemessen.
Kapitel 2.3: Gier ist natürlich, doch ihre Wirkung hat sich durch die Veränderung unserer Lebensgewohnheiten, unsere Kultur und Gesellschaft stark gewandelt. Durch die Möglichkeit des Besitzes führt Gier zu Macht. Diese wird früher oder später immer missbraucht – in der Politik wie in der Wirtschaft.
Kapitel 2.4: Mangelndes Urvertrauen, Rastlosigkeit und Unverbundenheit sind typische Merkmale vieler Menschen in der westlichen Zivilisation. Dies ist Resultat einer gewachsenen „Erziehungs“kultur, die bereits im Kleinkindalter vieles von dem zerstört, was wir zum Leben brauchen.
Kapitel 2.5: Unsere stark ausgeprägte Aggressivität ist nicht „böse“, sondern hat den Zweck der Arterhaltung. Liebesfähigkeit und Aggressivität sind untrennbar miteinander verbunden. Dennoch kann unsere hohe Aggressivität zu einer Sackgasse der Evolution werden.
Kapitel 2.6: Rechtsradikalismus, Ausgrenzung und die Suche nach Sündenböcken sind Ausdruck eines fehlgeleiteten Revierverhaltens und sind vielfach instrumentalisiert worden. Was können wir als Gesellschaft tun, um diesen Tendenzen Einhalt zu gebieten?
Kapitel 2.7: Gewalt sät Gewalt. Ein Krieg ist nicht vorbei, wenn der Friedensvertrag geschlossen wird. Die Folgen wirken nicht über Jahrzehnte nach, sondern über Jahrhunderte. Traumatisierungen werden dabei mittels „Erziehung“ auf die nächsten Generationen übertragen. Aggressivität und Gewalt dienen in Krisenzeiten der Arterhaltung, aber sie verhindern Differenzierung und damit das Erreichen einer höheren Entwicklungsstufe.
Kapitel 2.8: Unsere geistige Entwicklung hat uns Bewusstsein und Individualität gebracht, aber auch das Mitgefühl gestärkt. Der letzte große Entwicklungsschub begann mit der Renaissance und hat zu unserer heutigen Gesellschaft geführt. Grundlage war die Verbreitung der Erkenntnis von Ursache und Wirkung. Dies hat nicht nur unsere Technologie ermöglicht, sondern auch zu großen Verwerfungen geführt – in der Psyche jedes Einzelnen. Die Individualisierung hat zu Entfremdung geführt und hatte ihren Höhepunkt in den Weltkriegen.
Kapitel 2.9: Alle unsere Eigenschaften erfüllen einen Zweck. Wir sind von Natur aus richtig. Wir müssen nicht verbessert werden, um lebensfähig zu sein. Wir tun nichts grundlos. Statt Handlungen anderer als gut oder böse zu bewerten, sollten wir sie zu verstehen versuchen. Wir machen Fehler. Wir sind verschieden. Erlaubt ist, was keinem schadet. Wir sind auf dem Weg zur Freiheit.
Kapitel 3: In unserer Zeit haben sich eine Menge Missstände angesammelt, die wir beseitigen sollten, weil sie sonst uns beseitigen.
Kapitel 3.1: Unser Energie- und Ressourcenverbrauch ist immens. Die Maßnahmen zur CO2-Reduktion greifen viel zu kurz. Unsere Wirtschaft setzt nach wie vor auf Transporte. Wir verbrauchen jegliche Natur um uns herum. Dies können wir nicht unbegrenzt so weiter betreiben.
Kapitel 3.2: Wir können unseren Wohlstand steigern und die Umwelt und die Ressourcen schonen, indem wir weniger wegwerfen. Nebenbei müssen wir dann auch weniger arbeiten.
Kapitel 3.3: Wirtschaftswachstum ist kein Indikator dafür, dass es uns tatsächlich besser geht. Welchen Nutzen haben wir davon, wenn wir Dinge schneller wegwerfen und neu anschaffen? Wir sollten uns ein besseres Kriterium zur Beurteilung unserer wirtschaftlichen Entwicklung suchen.
Kapitel 3.4: Wettbewerb ist ein Prinzip der Natur. Der entfesselte Wettbewerb aber ist zerstörerisch. Zusammenarbeit ist der bessere Weg.
Kapitel 3.5: Bei der Globalisierung wird mit zweierlei Maß gemessen. Im weltweiten Maßstab haben wir heute ein System, das dem bei uns im neunzehnten Jahrhundert entspricht: Die Großbürger (der Westen) lebt auf Kosten der Arbeiter (die für uns produzierenden Länder). Unsere Arbeit im Westen wird durch Gesetze geschützt, während die Arbeiter in den uns beliefernden Ländern wie Sklaven gehalten werden. Wir laden unsere Probleme dort ab, wo sich keiner dagegen wehren kann.
Kapitel 3.6: Banken leisten nur mittelbar etwas für die Gesellschaft, indem sie Geschäfte ermöglichen. Ihr Eigenhandel und ihre Möglichkeit zur Geldschöpfung nützen nur ihnen selbst.
Kapitel 3.7: In den Neunziger Jahren glaubten wir, Privatisierung und Deregulierung seien die Patentrezepte für mehr Wohlstand für alle. Heute beginnen wir zu erkennen, dass der Neoliberalismus erheblich zur Ungleichverteilung beigetragen hat.
Kapitel 3.8: Nahezu jedes Leben ist ein Leben auf Kosten anderer. Jeglicher Reichtum beruht auf der Armut anderer. Reiche und Großkonzerne haben Verdienstmöglichkeiten, die der Durchschnittsbürger nicht hat.
Kapitel 3.9: Die Verteilung des Geldes über die geleistete Arbeit hat ausgedient. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte haben wir die Möglichkeit, weniger zu arbeiten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen stellt eine große Chance für einen Systemwechsel dar.
Kapitel 3.10: Wir kultivieren unsere Gier, messen alles in Geld und wundern uns nun, dass keine faire, moralische, wohlwollende Welt entsteht, in der alle zusammenarbeiten.
Kapitel 3.11: Es gibt immer mehr Regeln. Diese erzeugen aber nicht mehr Gerechtigkeit, sondern meist nur mehr Bürokratie. Viele Systeme, die unser Leben bestimmen, bestehen seit dem Zweiten Weltkrieg unverändert. Strukturen, die vor siebzig Jahren passend waren, sind mittlerweile überholt.
Kapitel 3.12: Dasselbe gilt für unsere Demokratie. Wir ersticken in einem statischen System und sollten uns überlegen, wie unser Staat an unser heutiges Leben angepasst werden kann. Auch können wir unser Staatssystem weiterentwickeln, weil die Bürger heute mündiger sind als zu Zeiten, als das Grundgesetz entstand. Dazu gehört, dass wir uns mehr für unsere Interessen einsetzen müssen. Die Zeiten, in denen der Staat für uns alles regelte, sind vorbei.
Kapitel 4: Wir haben die Verantwortung für unser Handeln und sind vielleicht zum ersten Mal in der Lage, unsere Welt mit all unserem Wissen besser zu gestalten.
Kapitel 4.1: Unser intensives Selbst-Bewusstsein, das uns von den Tieren unterscheidet, hat uns von der Herrschaft der Triebe und des Instinktes befreit. Wir nehmen uns als Urheber unserer Handlungen wahr. Sowohl diese Freiheit als auch die Verantwortung können wir nicht mehr abgeben. Unsere Fähigkeit, uns in Hierarchien