Der Kanujäger. Larry Lash

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Der Kanujäger - Larry Lash


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morgen Ihre impulsive Handlung. Jeder ist sich doch wohl in einem solchen Falle selbst der Nächste, oder?“

      Tom war stehengeblieben und betrachtete den Wolfshund, der wieder aus seiner Hütte gekommen war und mit gesträubtem Fell vor ihm stand.

      „Morgen lasse ich Rex frei“, sagte Hicks. „Rex hat es gut, er hat sich sein Futter selbst holen können. Seit Wochen lebt er von Mäusen und anderem Kleintier. Er hat gelernt, genügsam zu sein, doch es reicht nicht aus, um richtig satt zu machen. Morgen jage ich ihn in die Wälder. Ich weiß, dass ich ihn erschießen müsste, doch ich bringe es nicht fertig. Meiner Frau und meinen Jungen würde es das Herz brechen.“

      Hicks beugte sich zu dem Tier herunter. Seine Hand streichelte über das Fell des Tieres. Das Tier knurrte leise und ließ Tom nicht aus den Augen.

      Tom gab keine Antwort. Was sollte er auch sagen? Zuviel war auf einmal auf ihn eingestürzt. Er musste es erst verarbeiten, dass seine Rückkehr in die Zivilisation unter einem so unglücklichen Stern stand. Zu lange war er fort gewesen, zu lange hatte er auf sich allein gestellt die Freiheit in vollen Zügen gekostet. Er konnte diese Menschen noch nicht verstehen, die gegen die Steuergesetze einen sinnlosen Kampf führten.

      Wo er herkam, gab es keine Steuergesetze und keine Beamten, die Steuern eintreiben wollten. Wo er herkam, galt die Freiheit – und der Mann, der sie sich zu bewahren wusste.

      Tom hatte ohne Zweifel einen Schock bekommen, doch zeigte er nicht, was in ihm vorging. Er ging jetzt weiter, und Hicks schloss sich ihm an. Die beiden Männer erreichten im Schweigen versunken die Uferböschung. Wie auf ein Kommando machten sie beide plötzlich halt. Beide hatten sie das Geräusch vernommen, das hinter dem Weidendickicht am Otterbach aufklang. Es hörte sich an wie ein Paddelschlag.

      Jetzt war es wieder zu hören. Ungeschickte Hände schienen zu versuchen, die Paddel so leise wie möglich ins Wasser zu tauchen. Gerade darum schien das Blatt zu flach ins Wasser gesteckt zu werden. Das leise Klatschen war ein Alarmsignal für die beiden Männer. Nur einen einzigen Blick tauschten sie aus. Einen Augenblick lang erkannte Tom eine seltsame Ernüchterung im Gesicht seines Begleiters, in dem der Schrecken alles Leben fortgewischt zu haben schien. Was mochte im Inneren dieses Mannes in diesem Augenblick vorgehen, der für seine Angehörigen kaum etwas zu essen beschaffen konnte und bei dem verräterischen Geräusch glauben musste, dass die Hoffnung auf einige stärkende Mahlzeiten aus und vorbei sei? Nur der Himmel mochte es wissen oder nur ein Mensch, der selbst rasenden Hunger litt und Bitteres mit durchmachte. Nur ein Wort sagte Tom leise und hart wie ein Mann, der zu befehlen gewohnt war.

      „Los!“

      Seine Rechte hob sich und zeigte seinem Begleiter deutlich den Weg an, den dieser einschlagen sollte. Hicks begriff sofort und setzte sich in Bewegung.

      Tom wandte sich bachaufwärts und rannte los. Seine Absicht war es, den Kanudieben, wer immer es auch sein mochte, den Weg abzuschneiden. Hicks würde den Schuften den Weg zum See blockieren. Die Tatsache, dass Hicks nicht bewaffnet war, hatte zwar schwere Nachteile, doch sicherlich war Hicks intelligent genug, seinen Gegnern diese Tatsache zu verbergen. Im Notfall konnte er den Anschein erwecken, als ob eine ganze Gruppe von Männern sich an die Verfolgung gemacht hätte. Ein Bluff hatte schon manchen Gegner hereingelegt.

      Unwillkürlich tastete Tom nach seiner eigenen Waffe. Er hob sie ein wenig aus dem Holster. Er achtete der Zweige nicht, die ihm durchs Gesicht peitschten. Seine Fortbewegung war bald lautlos, so wie er es in der Wildnis hatte lernen müssen. Er machte kleine schnelle Sprünge, wie auf der Pirsch hinter einem verwundeten Elch. Lauernde Rothäute wandten diese Methode ebenfalls an. Diese Sprünge ermüdeten wenig, brachten ihn aber schnell vorwärts. Jeden Zollbreit des Bodens kannte er noch von früher. Lautlos schnellte er durch die Nacht, ein Mann, dessen gestähltem Körper solche Läufe keine Schwierigkeit bereiteten.

      Wer sich auch immer des Kanus bemächtigt hatte, er, Tom Darnell, war nicht bereit, sich sein Kanu mit Ausrüstung und Proviant wegnehmen zu lassen. Noch schneller wurde sein Lauf, ohne dass sein Atem wesentlich rascher ging. In schräger Linie bewegte er sich auf den Otterbach zu. Die Zweige der Weiden traten auseinander. Der Bach wurde mit seinem schwarz aussehenden, träge fließenden Wasser sichtbar. Der scharfe Nachtwind kräuselte die Wasseroberfläche. Kleine Wellen schlugen monoton gegen das Ufer.

      Wie ein Schatten bewegte Tom Darnell sich jetzt vorwärts, wobei er geschickt die Bäume als Deckung benutzte. Er kam dicht an das Ufer, ohne dass er von den beiden Gestalten, die mit dem Kanu um die Bachkrümmung gerudert waren, bemerkt worden wäre.

      Von dorther, wo die Anlegestelle war, hörte man einen Wutschrei von Joe Hicks und seinen wilden Ruf: „Kehrt sofort um, ihr Diebe, tut es augenblicklich, ich habe euch vor meinem Rohr! Ich werde sofort schießen!“

      Die beiden Gestalten im Kanu wussten nur zu gut, dass sie mit dem Passieren der Bachkrümmung aus der Gefahrenzone waren. Sie bückten sich zwar tiefer in das Kanu hinein in Erwartung eventueller Bleigeschosse, doch handhabten sie um so eifriger die Paddel.

      Allzu viel Kraft war nicht in diesen Paddelschlägen, was einem Kenner wie Tom sofort klar wurde. Die Männer im Boot hatten wenig Geschick in der Handhabung eines indianischen Kanus. Das Boot hatte die Krümmung bereits hinter sich und noch immer war das wütende Schreien von Hicks zu hören. Tom blieb völlig kalt. Er beobachtete die Kanufahrer. Die Gestalt, die vorn im Bug hockte, richtete sich jetzt höher auf und wandte sich um.

      „Schneller“, klang es, „es geht um unser Leben!“

      Tom war es, als hätte ihn jemand mit kalter Hand berührt. Die helle dünne Stimme berührte ihn so eigenartig, dass sich seine Zähne fest in die Unterlippe gruben. Jetzt konnte er die Gestalt deutlicher ausmachen. Ein Junge mochte es sein, ein Kind, das, von schrecklicher Angst gepackt, sich immer wieder umdrehte. Die zweite Gestalt war gedrungener, sie paddelte mit verzweifelter Anstrengung.

      „Tut mir leid“, sagte Tom leise zu sich selbst. „Ich kann nicht zulassen, dass meine schöne Ausrüstung mit meinem Kanu davonfährt. Ihr habt es euch ein wenig zu leicht vorgestellt. Wer mich hereinlegen will, der muss es schon geschickter anfangen. An eurer Stelle wäre ich auf keinen Fall bachaufwärts gefahren, sondern in den See hinein. So einen Fehler kann nur ein Greenhorn oder ein Mann in Verzweiflung begehen, weil ihm die klare Übersicht fehlt. Jetzt, Freunde, setze ich euch nach Piratenart einen Schuss vor den Bug!“

      Er hob die Waffe, zielte kurz und feuerte. Die Detonation des Schusses pflanzte sich grollend in der Nacht fort.

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