Der ganzheitliche Ansatz in der Stimmbildung. Sassy Bernert

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Der ganzheitliche Ansatz in der Stimmbildung - Sassy Bernert


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einzelner Puzzleteilchen auf einem löchrigen Untergrund. Zwar gehen die Puzzleteilchen nicht verloren, doch greifen können sie erst, wenn das Fundament stabilisiert, gefüllt und tragfähig ist.

      Die Thematik betrifft, wenn auch in unterschiedlichem Maße, jede Niveaustufe. Auch Berufssänger/innen geraten von Zeit zu Zeit in Krisen, die wiederum Stimmkrisen zur Folge haben können. Auch für sie kann sich der Blick auf die eigene Basisstation lohnen. In Folge von Stimmstörungen ist das sogar unumgänglich.

      Kritischen Einwänden ist zu bedenken zu geben, dass Stimme immer der Ausdruck der ganzen Persönlichkeit ist und wenn die Grundstimmung nicht stimmt, ist jedes Bemühen um Stimme nur Flickschusterei.

      Evemarie Haupt:

       Stimmt´s – Stimmtherapie in Theorie und Praxis,

      Schulz-Kirchner Verlag 2010, S. 296

      Zu Beginn meiner unterrichtenden Tätigkeit als Stimm- und Gesangslehrerin habe ich mich fast ausschließlich auf die gesangstechnischen und körperlichen Aspekte, welche die stimmliche Arbeit und Entwicklung eines Sängers / einer Sängerin betreffen, konzentriert und vermittelt.

      Über die Jahre, insbesondere durch meinen eigenen Weg, kristallisierten sich für mich der Zusammenhang und die Zusammengehörigkeit aller Ebenen, die einen Menschen – den ganzen Menschen – betreffen, immer deutlicher und klarer heraus. Außerdem wurde ich mit der Tatsache konfrontiert, dass auch viele meiner Schüler und Schülerinnen, wenn auch in sehr unterschiedlichem Ausmaß, nicht alle notwendigen Grundvoraussetzungen erfüllten, um ihr Instrument klingen bzw. singen zu lassen. Die dadurch teilweise nur oberflächlich mögliche Arbeit an den Stimmen, benötigte einen anderen Ansatz, den ich im Laufe der Zeit immer wieder in den Unterricht einbezog. Die Resultate sprachen für sich und den Mehrwert, den die Schüler/innen (genau wie ich selbst damals) daraus ziehen konnten, ermutigte mich, diesen Ansatz fortzuführen.

      Diese Intensität und Tiefe des Unterrichts findet auf beiden Seiten großen Anklang und Gefallen.

      Meine Grenzen im Unterricht neu zu ziehen, sie auszudehnen, hatte eine Erweiterung der Gruppe an Menschen zur Folge, denen ich helfen konnte. Zudem bot sie die Möglichkeit einer generell komplettierten Betreuung meiner Gesangsschüler und -Schülerinnen. Dabei spielt die Stufe, auf der sich der oder die Reisende befindet, ob Laie oder Profi, keine Rolle.

       Die Suche nach dem Klang, der Wohlgefühl bringt

      Nur durch einen ganzheitlichen Ansatz war es mir möglich, selbst zur Stimme zu finden. Durch reine Stimmarbeit, trotz enormem und überdurchschnittlich hohem Maß an Aufwand meinerseits, war bei mir keine zufriedenstellende Entwicklung spürbar. Deshalb musste ich andere, zusätzliche Wege gehen.

      Da entsprechende Angebote nicht vorhanden oder auffindbar waren und sich niemand meines Problems annehmen konnte oder wollte, machte ich mich selbst auf die Suche und wurde – in kleinen Häppchen – fündig. Auf der Suche nach dem Klang, der Wohlgefühl bringt und nach Wohlgefühl klingt, habe ich mich mit zahlreichen Stimm- und Gesangstechniken und verschiedenen Methoden und Lehren der Stimmbildung und Stimmtherapie auseinandergesetzt, von denen mir einige eine große Hilfe waren. Manchen davon bin ich im Laufe der Zeit immer wieder begegnet, wie beispielsweise den Prinzipien der Schwedisch-italienischen Schule, mit denen ich in Wien erstmals in Kontakt kam.

      Das permanente Streben nach Entwicklung und das unstillbare Bedürfnis immer noch mehr über die menschliche Stimme wissen zu wollen, lies mich tiefer und tiefer in die Materie eintauchen. Ich machte es mir zur Lebensaufgabe, forschte und experimentierte, studierte und trainierte.

       Stimmotionale Tonalyse nach Sassy Bernert

      Bei der Stimmotionalen Tonalyse handelt es sich weder um eine Stimmtechnik noch eine Methode. Es ist ein Ansatz, der Studierenden und Lehrenden eine Struktur, ein Ordnungssystem und einen Anhaltspunkt bietet, sich der ganzheitlichen Thematik, die Sängerpersönlichkeit betreffend, anzunehmen. Fortschritt bedeutet für Sänger/-innen, sich immer ein Stückchen näher zu kommen.

      Ich wollte das Geheimnis lüften, den Zauber selbst spüren. Ich wollte wissen wie es geht und wie es sich anfühlt. Das war mein Ziel.

      Sassy Bernert

       Einleitung

      Der gekonnte Einsatz der Singstimme sowie der gesunde Umgang mit ihr bei Belastung ist das Resultat großer Leidenschaft, Fleiß, Disziplin und Ausdauer.

      Sänger und Sängerinnen investieren nicht nur viel Arbeit und Geld, sondern auch beachtliche Lebenszeit in Ihr Instrument. Berufssänger/innen widmen der Stimme meist ihr gesamtes Leben, der Gesang – die Passion, der Beruf, die Berufung – wird zu einem Lebensstil. Dabei gibt es Menschen, denen der Weg wesentlich leichter fällt als anderen.

      Gesangstalent zu haben ist wunderbar, doch sollte es nicht mit dem Können, dem bewussten und abrufbaren Bedienen des Instruments Stimme verwechselt werden.

      Das ist eine gute Nachricht! Es bedeutet, dass man für optimale Ergebnisse nicht nur an- und mit der Stimme, dem Instrument Klangkörper arbeiten muss, es bedeutet auch, dass man damit und daran arbeiten kann!

      Der größte Schatz ist nichts wert, wenn man ihn nicht teilt.

      Ähnlich wie die Farbe der Augen oder die Körpergröße, ist auch der individuelle Klang der Stimme etwas Naturgegebenes, jedoch in der Qualität enorm wandel- und veränderbar.

      Unsere Stimme ist genauso lebendig, wie wir es sind, sie ist flexibel, wenn wir es sind.

      Gesang ist eine alte und ursprüngliche Form des menschlichen Ausdrucks und kann auf allen Stufen, auf jedem Niveau betrieben und bewertet werden. Auch wenn alle Menschen ihr Instrument Stimme, ihren Körper permanent mit sich tragen, erfüllt dennoch nicht jeder die notwendigen Voraussetzungen, den eigenen Klangkörper in vollem Umfang zum Klingen zu bringen.

      Je unbefriedigender der Klang, desto weniger Voraussetzungen sind erfüllt. Die Gründe können vielschichtiger und komplexer Natur sein und werden später noch genauer unter die Lupe genommen.

      Sie werden anhand des Fallbeispiels von Emilia auf eindrucksvolle Weise sehen, welche Voraussetzungen sie schaffen musste, um mit der eigentlichen gesangstechnischen Arbeit beginnen zu können, und was das für sie und ihr Leben bedeutet hat.

      Entwicklung zielt nicht darauf ab, jemand anderer zu werden. Entwicklung bringt häufig Veränderung mit sich. Veränderung heißt, sich zu sich hin zu bewegen. In manchen Fällen kann es bedeuten, zu dem zu werden, der man wirklich ist.

      Emilias Geschichte ist aber nur eine von vielen, die zeigt, welche erstaunlichen und bemerkenswerten Resultate – selbst unter ungünstigen Voraussetzungen – durch den Einsatz des ganzheitlichen Ansatzes in der Stimmbildung zu erzielen sind. Die Eigenverantwortung der Personen selbst eingeschlossen und vorausgesetzt, kann dieser Ansatz, unabhängig vom zugrunde liegenden Ausgangspunkt, angewandt werden.

      Der erste Schritt zur Veränderung, ist das Akzeptieren und Annehmen dessen, was uns von der Natur bereitgestellt wurde. Die Qualität einer gut geschulten Gesangsstimme ist kein Zufall, auch ist sie nicht dem Himmel entsprungen. Sie ist das Resultat höchsten persönlichen Einsatzes.

      Dem Publikum bleibt die Arbeit im Proberaum jedoch fast immer verborgen und das ist gut so, ist gekonnter Gesang doch immer noch eine Kunst, deren Zauber nicht verloren gehen soll.

      Genau wie ein Zirkusartist, der täglich, meist schon ab dem Kleinkindalter, viele Stunden, manchmal den ganzen Tag nichts anderes macht, als zu üben, müssen auch Sänger regelmäßig und ausdauernd trainieren. In der Zirkusnummer, welche der Artist aufführt und die meist nur wenige Minuten andauert, glänzt dieser im Licht der Scheinwerfer und zieht das faszinierte Publikum in seinen Bann. Ähnlich ist es beim Singen. Gesang kann jedoch in jedem Alter ausgeführt, gelernt, verbessert, begonnen und trainiert werden.

      Die meisten Menschen wollen etwas sein, keiner will etwas werden.

      Johann


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