Übergewicht und Krebs. Prof. Dr. Hermann Delbrück

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Übergewicht und Krebs - Prof. Dr. Hermann Delbrück


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Hodenkrebs

      Gesicherte und vermutete Risiken, im Vergleich zur Normalbevölkerung (X = wahrscheinlich erhöht, XX = doppelt so hoch, XXX = mehr als doppelt so hoch, XXXX = sehr hohes Risiko)

Hodenhochstand (Kryptorchismus):XXXX
Angeborene Genmutationen, z. B. CHEK2 Mutationen?
Häufigere Hodenkrebserkrankungen in der Familie:XXXX
Angeborene Chromosomen-Anomalien, z. B. Klinefelter-Syndrom:XXXX
Der Vater hatte Hodenkrebs:XXX
Der Bruder hatte Hodenkrebs:XXXX
Europäische Abstammung:X
Vorläuferzellen in einer Gewebeprobe TIN-Zellen:XXXX
Verschiebung des Hormongleichgewichts in der Schwangerschaft, z. B. durch Einnahme hormonhaltiger Substanzen, etwa der Pille:XX
Angeborene Fruchtbarkeitsstörung: wenig Spermien in der Samenflüssigkeit = Azoo- oder Oligospermie:XXX
Mikroverkalkung:XXXX
Unterentwicklung des Hodens: Hodenatrophie:XX
Hodenhochstand, GleithodenXXXX
Orchidopexie bei Hodenhochstand:XXX
Tumor im gegenseitigen Hoden:XXXX
Hypospadie (vermutet):X
Starkes Übergewicht der Mutter in der Schwangerschaft:X
Männer > 1,90 m (wahrscheinlich):XX
DDT-Exposition in der Embryonalphase (vermutet):X
Entzündungen (vermutet):X
Cannabis-Konsum (vermutet):X
Verletzungen (vermutet):X
Handystrahlung (vermutet):X

      Kommentar: Aus noch ungeklärten Ursachen ist in den letzten Jahrzehnten die Anzahl der Neuerkrankungen gestiegen. Ob dies mit der kalorienreicheren Ernährung, der Zunahme von Übergewicht und/oder dem veränderten Lifestyle zusammenhängt, ist noch unklar (Nigam et al 2015).

      Kommentar zur Relevanz der Krebsvorsorge-Früherkennung: Für Hodenkrebs gibt es kein gesetzliches Krebs-Früherkennungs-Programm. Es wird von den meisten Experten auch nicht für notwendig erachtet.

       Empfohlen werden regelmäßige Eigenuntersuchungen, im Hinblick auf die Entstehung eventueller Knoten und Verhärtungen.

       Peniskarzinom

      Zusammenhänge mit Übergewicht sind nicht bekannt. Zu den Risikofaktoren für das relativ seltene Krebsleiden zählen HPV-Infektionen, Tabakkonsum, schlechte hygienische Verhältnisse und eine chronische Entzündung (BXO).

       Nierenkrebs

      Tabakkonsum, Bluthochdruck und vor allem Übergewicht zählen zu den bedeutendsten Risikofaktoren. Laut dem Deutschen Krebszentrum liegt bei fast der Hälfte aller Nierenkrebserkrankungen ein Zusammenhang mit früherem Übergewicht vor (BMI > 25 kg/m2) vor (Behrens et al 2018, Canioto et al 2017, Landberg et al 2019). Metaanalysen gehen bei Übergewichtigen von einem bis zu 77 % höheren relativen Erkrankungsrisiko aus, verglichen mit Normalgewichtigen (Canioto et al 2017, Behrens 2018). Übergewicht als Risiko wird in seiner Gefährlichkeit nur noch vom Tabakkonsum und dem Hippel-Lindau-Syndrom übertroffen.

      Übergewicht im jugendlichen Erwachsenenalter hat, laut Analysen der Tauglichkeitsuntersuchungen bei 238.788 schwedischen Rekruten zwischen 1952 und 1960 einen Einfluss (Landberg 2019). Danach sollen 6 % mehr Nierenkrebserkrankungen bei den bei der Eingangsuntersuchung übergewichtigen Wehrpflichtigen später aufgetreten sein.

      Alkoholkonsum, Diabetes und Bewegungsarmut sind weitere nachweisbare Risikofaktoren, die aber bei weitem nicht so eindeutig sind wie Übergewicht.

      Kommentar und Empfehlungen: Warum es bei Übergewichtigen besonders häufig zur Entstehung eines klarzelligen Gewebetyps kommt (Lowrance et al 2009) und wieso übergewichtige Frauen stärker gefährdet sind als Männer, bleibt unklar.

      Kommentar zur Relevanz der Krebsvorsorge-Früherkennung: Nierenkarzinome haben bei Übergewichtigen zugenommen. Einige Experten meinen allerdings, es handle sich hierbei nur um eine scheinbare Häufigkeitszunahme, da man die Karzinome im Fettgewebe der Niere bei der heute allgemein routinemäßig praktizierten Ultraschalluntersuchung besser erkenne (Colli et al 2009, Tsivian et al 2017).

       Viele der zufällig entdeckten Nierentumore sind latent, wachsen langsam und haben ein geringes Malignitätsrisiko. Zur Vermeidung einer Überbehandlung wird bei kleinen Tumoren eine aktive Überwachung (avtive surveillance) empfohlen, der allerdings eine bioptische Abklärung vorausgehen sollte.

       Leukämien, Lymphome, Myelome

      Übergewicht ist ein Erkrankungsrisiko für nahezu sämtliche bösartigen Blut- und Lymphdrüsenerkrankungen, die dann auch ungünstiger verlaufen. Die Epidemiologen des DKFZ gehen davon aus, dass bei etwa 10 % aller Leukämiepatienten (sowohl bei akuter als auch chronischer Leukämie) ein ursächlicher Zusammenhang mit Übergewicht (BMI > 25kg/m2) besteht (Behrens 2018). Rückfälle und Therapiekomplikationen sind bei Übergewicht häufiger, Krebstherapien sind weniger wirksam (Meenan et al 2018, Abar et al 2019).

      Kinder mit hohem Geburtsgewicht erkranken häufiger an akuter lymphatischer Leukämie (Groves, F.D. et al 2018). Laut dem kanadischen Krebsregister sollen Übergewichtige grundsätzlich – unabhängig von der Bösartigkeit – ein deutlich höheres Risiko für Non-Hodgkin-Lymphome und Myelome haben: (HR = 1,62) (Marinac et al 2018).

      Kommentar und Empfehlungen: Dass Zytostatika bei dicken Kindern schlechter wirken, könnte an der ungleichen Fettverteilung und dem daher niedrigeren Zytostatikaspiegel im Blut liegen. Fettlösliche Chemotherapeutika lassen sich deshalb auch schwerer dosieren.

       Hautkrebs

      Gesicherte und vermutete Risiken für den schwarzen Hautkrebs „Melanom“ (X = wahrscheinlich erhöht, XX = doppelt so hoch, XXX = mehr als doppelt so hoch, XXXX = sehr hohes Risiko)

Ein wiederholter Sonnenbrand, speziell im Kleinkindesalter:XXX
Hellhäutige Menschen mit blondem und/oder rotem Haar:XX
Eine hohe Anzahl von Mutter- oder Pigmentmalen am Körper (mehr als 40). Je größer sie sind, desto höher ist das Erkrankungsrisiko:XX
Starkes Übergewicht für den weißen Hautkrebs:XXX
Übergewicht für den schwarzen Hautkrebs:X?
Atypische Pigmentmale (unregelmäßige Form und unscharfer Rand, verschiedenfarbig und fleckig):XX
Veränderung der Größe, Farbe, Form und Dicke von „Muttermalen“:XXXX
Familiäre Häufung:XX
Starker Alkoholkonsum (> 20 g/Tag), besonders für Weißwein bei weißem Hautkrebs (HR = 1,23, Rivera, A et al):X?

      Die gefährlichste Form von Hautkrebs ist das Melanom (auch schwarzer Hautkrebs genannt). Wesentlich häufiger – aber weniger gefährlich –sind der weiße Hautkrebs (Basalzellkarzinom und Spinaliom/Stachelzellkarzinom). Sie entstehen vorwiegend auf Hautpartien, die den UV-Strahlen ausgesetzt sind. Melanome entwickeln sich dagegen oft auch an Körperstellen, die dem Sonnenlicht weniger ausgesetzt sind.

      Für das Melanomrisiko sind vorrangig Sonnenbrände – speziell in der Kindheit – ein hoher Risikofaktor.

      Ob Übergewicht und Körpergröße – neben der Einwirkung von UV-Strahlen – ein Risikofaktor für den schwarzen Hautkrebs sind, wird von Experten unterschiedlich gesehen (Sergentanis et al 2012, Mc Quade et al 2018). Für den weißen Hautkrebs bedeutet starkes Übergewicht ein hohes Risiko.

      Kommentar und Empfehlungen: Die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention warnt, dass das Melanomrisiko für Menschen unter 35 Jahren um 60 % steige, wenn sie pro Monat einmal


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