Übergewicht und Krebs. Prof. Dr. Hermann Delbrück

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Übergewicht und Krebs - Prof. Dr. Hermann Delbrück


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      • Heilungen sind nicht identisch mit Fünf-Jahres-Überlebensraten. Sie dürfen deshalb nicht zur Bewertung von Vorbeugemaßnahmen herangezogen werden, da eine vorzeitige Krebsdiagnose zwangsläufig eine längere Überlebenszeit vortäuscht.

      • Bei einigen Studien werden Erfolgsquoten in Prozent, bei anderen in Absolutzahlen ausgedrückt, obwohl Angaben in Relativprozent die Wirksamkeit einer Maßnahme verfälschen können.

      • Ein häufiger Fehler bei der Beurteilung des p-Wertes ist die Annahme, dass ein statistisch signifikantes Ergebnis automatisch bedeutsam ist. Tatsächlich kann ein statistisch hoch signifikantes Ergebnis völlig irrelevant sein.

      • Wesentlich häufiger als negative werden positive Studienergebnisse publiziert. Negative Studienergebnisse verschwinden oft in der Schublade (Publikationsbias)!

      • Gelegentlich bestehen Interessenkonflikte. Grundsätzlich sollte geklärt sein, ob eine Zusammenarbeit mit gewinnorientierten Unternehmen stattgefunden hat.

      • Empfehlungen sind überzeugender, wenn die Autoren keine Interessenkonflikte nachweisen. Oft werten Lobby-Verbände unliebsame Studien ab und diskreditieren die Ergebnisse, können jedoch ihre Gegenposition nicht mit Untersuchungen belegen (Cochrane-Zentrum).

      Kommentar und Empfehlungen: Zur Ermittlung der tatsächlichen Ursache für ein erhöhtes Krebsrisiko bedarf es randomisierter, kontrollierter und prospektiver Studien, bei denen Freiwillige nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt (randomisiert) werden. Die eine Gruppe müsste auf eine Ernährung mit wenig Fleisch festgelegt werden, während die andere sich wie gewohnt ernährt. Das Zufallsprinzip muss dafür sorgen, dass beide Gruppen wirklich miteinander vergleichbar sind. Aus ethischen, technischen und finanziellen Gründen ist ein solcher Nachweis aber nicht anwendbar.

       Statistiken sind immer so gut wie die Qualität der Datenerfassung. Diese ist aber bei vielen Studien unbefriedigend. Während sich der Effekt einer Krebsvorsorge-Früherkennungs-Untersuchung – und der Erfolg einer Chemo- oder Hormontherapie – auf die Krankheitsentwicklung leicht feststellen lässt, ist das bei der Frage nach dem Einfluss von Körpergewicht wesentlich schwieriger. Dies liegt vor allem an der Komplexität der Zusammenhänge und der mitunter jahrzehntelangen Einwirkungszeit von Lifestylefaktoren vor dem Ausbruch der Krebserkrankung.

       Seriosität und Glaubwürdigkeit von Gesundheitsinformationen im Internet

      Zunehmend klagen Ärzte über eine „Cyberchondrie“ ihrer Patienten, von denen sie mit falsch verstandenen Empfehlungen aus dem Internet unter Druck gesetzt werden. Qualität und Seriosität sowie Relevanz und die Vertrauenswürdigkeit von Gesundheitsinformationen im Internet sind für Laien häufig schwer erkennbar.

      Kommentar und Empfehlungen: Bei Suchmaschinen sagt die Reihenfolge der Suchergebnisse nur wenig über die Qualität und Verlässlichkeit der gefundenen Informationen aus. Bei den ersten Treffern handelt es sich häufig um gekaufte Werbung.

       Gute Internetseiten sollten zu erkennen geben, inwieweit sie finanziell unterstützt werden und – wenn ja – durch wen. Es muss erkennbar sein, wann die Internetseite aufgebaut und zuletzt aktualisiert worden ist. Werbung und Information müssen getrennt sein.

       Grundsätzlich sollte man sich vergewissern, wer hinter den Informationen steht. Gute Seiten nennen die Namen der Betreiber, die Autoren und ihre Qualifikation. Auch die Finanzierung der Website wird offengelegt. Gute Seiten legen dar, was in der Forschung noch unsicher ist. Auch die Therapie-Nebenwirkungen werden erwähnt. Gute Seiten geben Quellen an und benutzen Erfahrungsberichte nicht als Beleg für die Wirksamkeit einer Maßnahme.

      Seit Verabschiedung des Präventionsgesetzes haben Krankenkassen die Möglichkeit, gesunde Verhaltensweisen mit Boni zu belohnen. Einige Krankenversicherungen tun das bereits, indem sie den Erwerb von Smartwatches und Fitness-Trackern finanziell unterstützen. Voraussetzung ist, dass die Geräte mit einer entsprechenden App ausgestattet sind und der Kunde die Dokumentation seiner Gesundheitswerte belegt. Die Weitergabe dieser Daten, die damit auch für andere verfügbar werden, ist nicht unproblematisch. Einerseits bringen sie Vergünstigungen, wie etwa „Gesundheitsboni“, andererseits bergen sie Risiken, wie den Ausschluss von Versicherungen oder Krediten. Insofern ist Vorsicht geboten. Das Interesse mancher Krankenkassen beschränkt sich nämlich nicht darauf, etwas für die Gesundheit ihrer Versicherten zu tun. Sie wollen auch weitergehende Informationen über deren Gesundheitszustand erhalten.

       Datenschützer warnen davor, mit sensiblen Gesundheitsdaten unbedacht umzugehen. Sie raten dazu, kurzfristige Vorteile gegen langfristige Gefahren abzuwägen. Bevor man die Installation einer Gesundheits-App erwägt, sollte man prüfen, ob es sich dabei um einen vertrauenswürdigen Anbieter mit qualitätsgesicherten Informationen handelt.

       Kliniken, Vereine und Selbsthilfegruppen bieten meist werbefreie Anwendungen an, ohne kommerzielle Absichten. Sie arbeiten mit einem wissenschaftlichen Gremium zusammen, das für die Qualität der Informationen bürgt. Das Online-Portal HealthOn (www.healthon.de) informiert regelmäßig über Gesundheits-Apps und gibt hilfreiche Einschätzungen zu deren Qualität. Eine Checkliste, mit deren Hilfe man als Nutzer das Risiko einer App und deren Vertrauenswürdigkeit einschätzen kann, lässt sich – nach (kostenloser) Registrierung – über die unabhängige Informations- und Bewertungsplattform für Gesundheits-Apps von HealthOn problemlos einsehen. Verlässliche Gesundheitsinformationen erhält man auch vom unabhängigen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sowie – ab 2021 – vom Nationalen Gesundheitsportal.

       Der Einfluss von Übergewicht auf die Entstehung und den Verlauf spezieller Karzinomerkrankungen

      Die Vorstellung, Gewichtsabnahme sei ein mögliches Frühwarnzeichen für Krebs, ist schon lange widerlegt. Nur selten gehen Karzinomerkrankungen im Frühstadium mit einer Gewichtsabnahme einher. Hierzu kommt es in der Regel erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium.

      Kommentar: Übergewicht bedeutet nicht Gesundheit, erst recht nicht Krebsfreiheit! Im Gegenteil! Starkes Übergewicht ist ein Krebspromotor, der die Entstehung, den Verlauf und die Prognose negativ beeinflusst. Der Krebs verläuft häufig aggressiver. Eine Gewichtszunahme bedeutet keine Gewähr für Rezidivfreiheit.

      Starkes Übergewicht als Mitursache verschiedener Krebserkrankungen (XXX = eindeutige Hinweise, XX = wahrscheinlicher Einfluss, X = wenige oder keine zuverlässigen Daten):

Mundhöhle:X
Kehlkopfkrebs:X
Speiseröhrenkrebs (Plattenepithelkarzinom):X
Speiseröhrenkrebs (Adenokarzinom):XXX
Magenkrebs (oberes Drittel):XXX
Magenkrebs (mittleres Drittel):X
Bauchspeicheldrüsenkrebs:XXX
Enddarmkrebs:X
Dickdarmkrebs:XX
Leberkrebs:XXX
Gallenblasenkrebs:XX
Gallengangskrebs:XXX
Gebärmutterkrebs:XXX
Gebärmutterhalskrebs:X
Brustkrebs (nach den Wechseljahren):XXX
Brustkrebs (vor den Wechseljahren):X
Eierstockkrebs:XX
Lungenkrebs:X
Blasenkrebs:X
Hodenkrebs:X
Prostatakrebs:X
Nierenkrebs:XXX
Schilddrüsenkrebs:XX
Leukämien, Lymphome:X
Multiples Myelom:X

       Mundhöhlen- und Rachenkrebs

      Übergewicht hat nach bisherigen Erkenntnissen keinen Einfluss auf die Entstehung dieser Krebserkrankung. Patienten mit Mundhöhlenkrebs sind – wahrscheinlich infolge des Nikotinabusus – zumeist eher untergewichtig. Während starker


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