Der Kandidat. Джек Марс
Читать онлайн книгу.gesagt? Ich hätte ihnen gesagt, dass sie das vergessen können und dieses Missverständnis wäre nie zustande gekommen. Wenn Sie Gerüchte in die Welt setzen wollen, sollten Sie keinen Privatdetektiv anstellen, sondern einen Publizisten.“
Der Mann starrte ihn nur an. Sein Schweigen und das seiner beiden Handlanger, machte ihn nervös. Norman fühlte, wie sein Herz anfing, schneller zu schlagen. Sein Körper zitterte leicht.
„Haben Sie Angst, Mr. Norman?“
„Vor Ihnen? Kein bisschen.“
Der Mann blickte die beiden Männer hinter Norman an. Sie packten ihn, ohne ein Wort zu sagen. Sie blockierten seine Arme, zerrten sie hinter seinen Rücken und zwangen ihn auf die Knie. Die Feuchtigkeit vom Gras sickerte sofort durch seine Hosenbeine.
„Hey!“, schrie er. „Hey!“
Schreien war eine altbewährte Taktik, die er vor vielen Jahren in einem Selbstverteidigungskurs gelernt hatte. Sie hatte ihn schon einige Male gerettet. Wenn man angegriffen wird, sollte man so laut schreien, wie man nur kann. Das verunsichert den Angreifer und sorgt oft dafür, dass umstehende Personen zu Hilfe kommen. Niemand erwartet ein lautes Opfer, da man im Alltag nur selten die Stimme erhebt. Die meisten Opfer sind leise. Das war die schmerzhafte Wahrheit – schon viele Personen wurden beraubt, vergewaltigt oder ermordet, weil sie zu gut erzogen waren, um zu schreien.
Norman holte tief Luft, um den lautesten Schrei seines Lebens loszulassen.
Der Mann riss Normans Kopf an den Haaren nach oben und stopfte ein altes Tuch in seinen Mund. Es war riesig, nass und dreckig vor Öl, Benzin oder einer anderen Substanz und der Mann rammte es tief hinein. Er brauchte mehrere gewaltsame Anläufe, damit es richtig feststeckte. Norman konnte nicht glauben, wie tief es hineinging und wie es seinen gesamten Mund ausfüllte. Seine Kiefer waren so weit auseinandergespreizt, wie es nur ging.
Er konnte das Tuch nicht herauswürgen. Sein ätzender Geruch und der Geschmack waren unerträglich. Sein Magen rebellierte. Wenn er sich jetzt übergeben würde, würde er ersticken.
„Guh!“, sagte Norman. „Guh!“
Der Mann schlug Norman gegen den Kopf.
„Schnauze!“, zischte er.
Sein Hut war ihm vom Kopf gefallen. Jetzt konnte Norman seine wilden und gefährlichen blauen Augen sehen. Er sah weder Mitleid in ihnen noch Wut. Oder Humor. Sie zeigten überhaupt keine Emotionen. Unter seinem Mantel zog er eine schwarze Pistole hervor. Einen Moment später hatte er einen langen Schalldämpfer in der Hand. Langsam, sorgfältig, ohne jegliche Eile, schraubte er den Schalldämpfer auf den Lauf seiner Waffe.
„Wissen Sie“, fragte er, „wie diese Pistole klingen wird, wenn ich sie abfeuere?“
„Guh!“, sagte Norman. Sein gesamter Körper zitterte unkontrolliert. Sein Nervensystem war am Durchdrehen – so viele Signale, die gleichzeitig verarbeitet werden wollten. Alles, was er tun konnte, war Zittern.
Zum ersten Mal bemerkte Norman, dass der Mann schwarze Lederhandschuhe trug.
„Es klingt, als würde jemand Husten. Das denke ich mir jedes Mal. Als würde jemand so leise wie möglich Husten, als wollte er niemanden stören.“
Der Mann drückte die Waffe an die linke Seite von Normans Kopf.
„Gute Nacht, Mr. Norman. Es tut mir leid, dass Sie Ihre Arbeit nicht erledigen konnten.“
Der Mann betrachtete die Überreste von Patrick Norman, dem ehemaligen Privatdetektiv. Er war ein großer, dünner Mann gewesen und hatte einen grauen Regenmantel und einen blauen Anzug angehabt. Sein Kopf war zerstört, die rechte Seite offen aufgrund der Austrittswunde. Blut sammelte sich um ihn und begann, durch das nasse Gras und auf den Weg zu laufen. Wenn es so weiterregnen würde, würde das Blut wahrscheinlich einfach weggewaschen werden.
Aber die Leiche?
Der Mann gab die Pistole an einen seiner Helfer weiter, an den, der sich als Obdachloser verkleidet hatte. Er hatte ebenfalls Handschuhe an, kniete sich neben der Leiche nieder und drückte ihr die Waffe in die rechte Hand. Sorgfältig drückte er jeden von Normans Fingern an verschiedene Stellen der Pistole. Er ließ sie ungefähr 15 Zentimeter von ihm entfernt auf dem Boden liegen.
Dann stand er auf und schüttelte traurig seinen Kopf.
„Eine Schande“, sagte er mit einem Londoner Akzent. „Noch ein Selbstmord. Wahrscheinlich hatte er zu viel Stress auf der Arbeit. Zu viele Rückschläge. Zu viele Enttäuschungen.“
„Wird die Polizei das glauben?“
Der Engländer zeigte den Anflug eines Lächelns.
„Keine Chance.“
KAPITEL ZWEI
08. November
03:17 Uhr alaskischer Zeit (07:17 Uhr Eastern Standard Time)
Berg Denali
Denali Nationalpark, Alaska
Luke Stone bewegte sich nicht.
Er war in der Hocke und saß absolut still da, auf einem Flachdach hinter einer Brüstung aus grobem Zement. Die Nacht war heiß, die Luft war schwer – es war heiß genug, dass sich seine Kleidung mit Schweiß vollgesogen hatte. Er atmete schwer, seine Nasenflügel bebten, aber er machte keinerlei Geräusch. Sein Herzschlag in seiner Brust war langsam aber hart, wie eine Faust, die rhythmisch gegen eine Tür schlägt.
Bumm-BUMM. Bumm-BUMM. Bumm-BUMM.
Er lugte hinter der Ecke der Brüstung hervor. Vor ihm warteten zwei Männer mit dichten Bärten und automatischen Gewehren auf ihren Schultern. Sie standen am Rande des Gebäudes und beobachteten den Hafen unter ihnen. Sie unterhielten sich leise und lachten über etwas. Einer von ihnen zündete sich gerade eine Zigarette an. Luke griff hinunter zu seinem Bein, dort, wo sein Jagdmesser mit Klebeband an seiner Wade befestigt war.
Während Luke zuschaute, tauchte der große Ed Newsam auf. Er näherte sich von rechts und sah nahezu gelassen aus.
Er näherte sich den Wachen. Sie hatten ihn entdeckt. Ed hob seine Arme in die Luft, ging aber weiter auf sie zu. Einer der beiden brummte etwas auf Arabisch.
Luke schoss um die Ecke, sein Messer in der Hand. Eine Sekunde verging. Er raste auf die Männer zu, seine schweren Schritte krachten auf dem Kieseldach. Drei Sekunden, vier.
Die Männer hörten ihn und drehten sich um.
Jetzt griff Ed an, schnappte den Mann, der ihm am nächsten stand, am Kopf und verdrehte ihn gewaltsam nach rechts.
Luke schlug seinen Gegner in die Brust und beförderte ihn auf den Boden. Er landete auf ihm und drückte sein Messer mit aller Kraft in die Brustplatte des Mannes. Es glitt beim ersten Versuch hindurch. Er legte eine Hand auf den Mund der Wache und spürte seine borstigen Barthaare. Er stach wieder und wieder zu, rein und raus, schnell wie der Kolben einer tödlichen Maschine.
Der Mann wehrte und wand sich, er versuchte Luke hinunterzustoßen, aber Luke schlug seine Hände beiseite und stach weiter zu. Das Messer machte bei jedem Stich ein feuchtes Geräusch.
Der Mann ließ seine Arme langsam sinken. Seine Augen waren noch offen und er war noch am Leben, aber er hatte keine Kraft mehr, sich zu wehren.
Bring es zu Ende. Bring es jetzt zu Ende.
Luke riss den Kopf des Mannes nach oben, seine freie Hand immer noch auf seinem Mund und ließ seine Klinge über seine Kehle gleiten. Ein Blutstrom pulsierte hervor.
Das war’s.
Luke ließ die Hand auf seinem Mund, bis der Mann weggetreten war. Er starrte nach oben in den schwarzen Nachthimmel, während das Leben seinen Gegner langsam verließ.
„Schau deinen Mann an“, sagte Ed. „Schau hin!“
„Ich will nicht“, sagte Luke. Er starrte nur weiter in den Himmel, die Millionen von Lichtern der Milchstraße über ihm. Er konnte etliche Sterne sehen. Es war… Ihm fehlten die Worte. Schön war nur