Blutige Verlockung. Victory Storm

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Blutige Verlockung - Victory Storm


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die ganze Zeit draußen in einem Stuhl aus dunklen Nussbaumholz auf mich gewartet hatte.

       „ Ich bin Schwester Agatha. Du musst Vera Campbell sein, die Neue. Komm. Ich bringe dich in dein neues Zimmer, das du mit Maria Kelson teilen wirst, einem Mädchen in deinem Alter. Sie ist ein wenig schüchtern, aber dem Herrn sehr ergeben... Ich wäre nicht überrascht, wenn sie sich irgendwann entscheiden würde, ihre Gelübde abzulegen“, erklärte die Nonne, in Gedanken versunken.

       Vor mir lagen kalte, feuchte Gänge und Treppen aus Stein. Die Stille, die an diesem Ort herrschte, war eisig.

       Ich konnte nur den Klang unserer Schritte hören.

       Es kam mir vor, als ob ich plötzlich in eine andere Ära katapultiert worden wäre.

       Ich hatte ehrlich gesagt nicht geglaubt, dass solche Orte noch bewohnt oder gar als Internat für Jugendliche genutzt werden könnten.

       Ich sah mich immer wieder ehrfürchtig um.

       Auf der rechten Seite gab es viele hohe, schmale, gotisch anmutende Fenster, die die Atmosphäre noch unheimlicher machten. Ich war so von der Strenge des Ortes beeindruckt, dass ich kaum auf die Worte der Nonne hörte, die unentwegt weiter plapperte: „Nach den neuen Integrationsgesetzen musste sich auch unser Internat anpassen, so dass diese Einrichtung jetzt sowohl für Männer als auch für Frauen offen ist. Im Erdgeschoss befinden sich die Klassenzimmer, die Turnhalle und die Kantine, während sich im zweiten Stock der Schlafsaal befindet. Der Westflügel ist für die Jungen und der Ostflügel für die Mädchen reserviert. Im dritten Stock befinden sich, wie du ja gesehen hast, die verschiedenen Büros und die Privaträume der Lehrerinnen, sowie eine riesige Bibliothek, zu der du nur mit der Erlaubnis von Schwester Elizabeth Zugang hast. Die Kapelle liegt direkt gegenüber der Gärten und Ställe und nimmt den gesamten Nordflügel ein. Du musst, um dahin zu gelangen, nach draußen und dann um das Internat herumgehen.“

       Schwester Agatha sprach weiterhin in ihrem flachen, aber schnellen Tonfall. Auch sie schien nicht besonders freundlich oder warmherzig zu sein. Wie war es möglich, dass niemand ein wenig Mitgefühl für die Neuankömmlinge zeigte?

      „ Ich möchte dich auch darauf hinweisen, dass in den Gängen nicht geschrien und gerannt wird und dass du die Uhrzeiten einhalten musst. Um sieben wird gefrühstückt, Mittagessen ist um zwölf und Abendessen gibt es um sieben Uhr abends nach der Messe um sechs. Denk daran, immer deine Schuluniform zu tragen, wenn du dein Zimmer verlässt, und lass deine Sachen nicht in deinem Zimmer herumliegen, sonst werden sie beschlagnahmt und weggeworfen.“

       Das war ja schlimmer als in einem Gefängnis!

       Wir gingen die Treppe hinunter, liefen einen langen Gang entlang und bogen dann nach links in einen weiteren finsteren, feuchten Korridor mit dunklen Wänden ab.

       Ich fühlte, wie die Feuchtigkeit in meine Knochen eindrang und ein Geruch von Schimmel meine Lungen füllte, so dass mir übel wurde.

      „ Das ist der Schlafsaal. Dein Zimmer ist die dritte Tür rechts. Ganz hinten ist das Badezimmer. Mach dich fertig, in fünfzig Minuten geht es zum Gebet“, schloss die Nonne, bevor sie ging.

      „ Danke“ flüsterte ich, aber es kam nur ein schwacher, kaum vernehmbarer Hauch aus meinem Mund.

       Ich ging die letzten paar Meter alleine und öffnete diese schreckliche dunkle Holztür mit der schwarzen Klinke, die mein Zimmer verbarg.

       Mir genügte ein kurzer Blick: zwei Betten, zwei Nachttische, zwei Schränke für das Notwendigste, zwei kleine Tische mit zwei Stühlen und ein riesiges Kruzifix in der Mitte.

       Auf dem Bett links lag mein Koffer und einige Kleider, während auf dem Stuhl neben dem Bett rechts ein Mädchen saß, das das Buch „In den Händen Gottes“ las.

      „ Hallo, ich bin Vera Campbell, deine neue Mitbewohnerin. Du musst Maria sein?“ versuchte ich, ein Gespräch zu beginnen.

       Das Mädchen hob den Blick von dem Buch und nickte lächelnd.

       Ihr Gesicht war rund und sommersprossig. Ihr hellbraunes Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst und ihre grünen Augen sahen freundlich aus.

       Sie trug die Uniform, die ich auch bald tragen sollte: ein schlicht geschnittenes, blaues Kostüm, auf dessen Brusttasche das Abzeichen der Abtei gestickt war, und ein weißes Hemd.

       Mein erster Gedanke war: Blau steht mir nicht, aber ich war zu müde, um mir darüber den Kopf zu zerbrechen.

       Ich öffnete langsam die Tasche. Sie enthielt nur das Nötigste, das ich hatte zusammenpacken können, bevor ich plötzlich verzweifelt fliehen musste.

       Ganz oben auf den Kleiderstapel hatte ich auch ein Bild von mir und Tante Cecilia gelegt, auf dem wir uns vor dem Hoftor umarmten.

       Das Bild trieb mir die Tränen in die Augen.

       Wie sehr sie mir fehlte!

       Ich wünschte, sie wäre hier bei mir!

       Sicherlich hätte sie niemals erlaubt, dass jemand so mit mir sprechen würde, wie es die Mutter Oberin gerade getan hatte.

       Ich stellte das Bild auf den Nachttisch. Ich wollte sie so nah wie möglich bei mir haben.

      „ Entschuldige, aber das Foto solltest du besser in der Schublade des Nachttisches aufbewahren, sonst wird es morgen weggeworfen“, warnte mich Maria, als sie auf mich zukam.

      „ Aber ich…“.

      „ Ja, ich weiß, ich weiß. Das ist mir auch passiert... und am nächsten Morgen war das Bild meiner Großmutter weg. Hör auf mich“, ermutigte sie mich freundlich.

       Mit einem traurigen Seufzer legte ich das Bild weg. Es war zu wertvoll, um von irgendjemanden in den Müll geworfen zu werden.

       Ich räumte meine Kleider und persönlichen Sachen ein.

       Ich war gerade dabei, den Koffer wegzuräumen, als ich merkte, dass etwas fehlte.

       Der Schminkkasten!

      „ Mein Lippenstift, meine Wimperntusche, mein Lidschatten... sie sind nicht mehr da!“, rief ich empört.

       Ich sah Maria an.

       Sie zuckte nur mit den Schultern und erklärte: „Weg! Wahrscheinlich haben die Nonnen deine Tasche kontrolliert, wie sie es bei den Neuen immer machen und das, was du hier nicht brauchst, haben sie weggenommen.“

       Ich hätte schreien können! Nicht so sehr wegen der weggeworfenen Kosmetika, sondern weil ich es hasste, wenn Leute in meine privaten Angelegenheiten herumschnüffelten!

       Nun, am Ende meiner Kräfte, zog ich mich vor Marias verlegenem Blick um, die sich wieder auf den Stuhl gesetzt und ihre Lektüre wiederaufgenommen hatte.

       Und ich hatte Recht: Blau stand mir nicht besonders gut!

       Ich schaute auf die Uhr. Noch zwanzig Minuten bis zur Messe. Ich warf einen letzten Blick auf das Zimmer.

       Die Wände waren grau und die Möbel aus dunklem Nussbaumholz.

       Einfach deprimierend. Wie alles andere auch.

       Ich warf den Koffer auf den Boden und lies mich auf das Bett fallen.

       Ich wollte einfach nur vergessen. Ich schloss meine Augen.

       Sofort sah ich das Bild zweier eisfarbener Augen in meinem Geist, die mich durchbohrten.

       Ein Schauer lief mir über den Rücken.

       Voller Angst sprang ich auf.

       Schon wieder er! Es war die reinste Qual. Es war seine Schuld, dass ich hier war.

       Ich war so erschöpft! Ich hätte so gerne die Stimme meiner Tante Cecilia vernommen, die mich beruhigte, wie sie es immer tat, wenn etwas schief ging.

       Ich versuchte, an sie zu denken


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