G.F. Barner Staffel 4 – Western. G.F. Barner
Читать онлайн книгу.zuviel für dich, die letzten zwei Tage.«
Sie ging davon, und Charlton sah ihr kopfschüttelnd nach. Als sie im Haus verschwunden war, trat er an seine Kanone. Seine Hand strich über den glatten, kühlen Lauf hinweg. Er hörte Hufschlag herantrommeln und sah auf die Mündung des Vierpfünders.
Tod, dachte Charlton, Tod und Verderben wird sie ausspucken. Ich muß nur denken, daß Krieg ist – vielleicht hilft das.
Charlton stand reglos an der leichten Kanone. Er wußte nicht mal, ob eine halbe Minute oder nur zehn Sekunden vergangen waren, als ein schriller, gellender Aufschrei ihn herumfahren ließ. Der Schrei kam aus dem Haus.
Es war Maddalena!
*
Die Hand wanderte herum, und Concho Hurst folgte ihr mit seinen Blicken. Der Chiricahua deutete kurz zu dem aufgetürmten Heu, das in einem offenen Doppelrechteck lag. Flach an den Boden gepreßt, hatten sie sich beide um die Ecke der Mauer geschoben. Jetzt hob Concho Hurst knapp den Kopf. Und dann sah er es. Das erste Mondlicht fiel auf ein längliches, blankes Rohr, neben dem die Schatten von zwei Rädern und mehreren Männern aufragten.
Herrgott im Himmel, dachte Concho bestürzt – hier auch? Der Amerikaner… der Amerikaner! Drei Kanonen… eine oben am Hang, die zweite an den Hütten, die dritte hier… und die vierte?
Lautlos glitt der Chiricahua zurück hinter die Ecke, und auch Concho schob sich hinter die Mauer. Dort hob der Chiricahua die Hand – vier Finger hoch, dann eine Bewegung zur Mauer.
»Meinst du, sie steht im Hof?«
Der Stumme nickte kurz, huschte an der Mauer entlang und machte wieder sein Zeichen – gekreuzte Hände. Er stand jetzt, während Hurst blitzschnell die Hände faltete. Dann stellte Mattare den rechten Fuß in die Handflächen.
Langsam, dachte Concho, nur nicht, daß er zu weit über die Mauer taucht. Allmächtiger, wenn wir diesen Ramon nicht bemerkt hätten – was dann? Der Kerl lag über uns, ließ uns vorbei und trieb dann sein Pferd an, um uns im Bogen zu überholen. Hatte es höllisch eilig, der Schurke, weil er gesehen hatte, daß wir schnell ritten und es hundert statt dreißig Mann waren, die auf dem Weg hierher waren. Genug Teufel, beinahe zu weit!
Er hatte den Chiricahua hochgestemmt. Der blickte über die Mauer, zog sich aber nicht auf sie, sondern winkte heftig, so daß ihn Concho herabsinken ließ. Wieder hoben sich Mattares Hände, redeten…
»Ein Doppelposten… wo? Am Seitenflügel ganz rechts? Wir müssen zurück nach Süden und weiter hinten über die Mauer, wenn sie uns nicht bemerken sollen. Dann schnell, Mattare, schnell! Aber vorsichtig, bleib vorsichtig, hörst du?«
Das eckige Gesicht vor Concho verzog sich kurz, dann lief der Indianer vor ihm her, blieb stehen und deutete auf die Mauerkrone.
»Hier sehen sie uns nicht? Gut, dann rüber – du zuerst?«
Der Chiricahua nickte und schwang sich mit Conchos Hilfe hoch. Auf der Mauer blieb er liegen und half nun Concho. Danach glitten sie herab und standen im Garten der Hazienda. Sofort wandte sich Mattare nach rechts, glitt auf einige Zierbüsche zu. Es ging Richtung Haupthaus zu dessen Rückfront.
Ohne ihn, dachte Concho, hätte ich es nie geschafft. Er hat sie buchstäblich gerochen. Hier sind also keine Bravados, erst am Seitenflügel, sagte er? Teufel, dieser Ramon, wenn wir den nicht ausgequetscht hätten…
Mattare kroch jetzt und war schon an der Hauswand.
Schneller, dachte Concho, mach schneller, Mattare. Wenn Garcia mißtrauisch wird, was dann? Der rechnet bei Einbruch der Dunkelheit mit uns. Es ist jetzt dunkel, die warten, und wir kommen nicht, wir sind längst da. Die Juaristas liegen keine Steinwurfweite von der Haziendamauer entfernt im Südwesten, bereit, beim ersten Schuß von uns über die Mauer zu springen. Eine Gruppe hält drüben im Maisfeld im Rücken der Peonhütten. Wir müssen schnell sein, schnell, Mattare!
Der Chiricahua war an der Ecke zum Seitenflügel. Nur Steinplatten hier, zwei, drei kleinere Ziersträucher, die kaum Deckung geben konnten. Dazwischen Gras… ein heller Kiesweg. Mattare hob warnend die Hand – in der Hand das Messer. Rechts, zum Gras, dachte Concho. Dorthin? Nun gut!
Er glitt wie ein Schatten über die Steinfliesen, kroch genau hinter Mattare her von der Mauer fort, lag hinter dem einen Zierstrauch. Mattare blieb reglos vor ihm liegen. Stimmen – zwei Männer, keine zwanzig Schritt entfernt.
»… werden bald kommen. Was meinst du? Noch mehr Gewehre für uns…«
»Die Kanonen reißen sie in Stücke, Louis hat es gesagt. Es macht einmal bumm, dann sind sie tot, und dann reiten wir nach Cerralvo, wir werden Beute machen, sage ich dir, Beute!«
»Ja, sehr viel Beute, bestimmt! Ob sie schreien werden? Was meinst du, ob sie wirklich ersticken müssen?«
»Felipe sagt es – und was Felipe sagt, das trifft immer ein«, antwortete der andere. »Was wollen sie denn tun, eh? Wir gießen das Öl durch die Fensterschächte und stecken es an. Dann werden sie dort unten braten, si! Und wenn sie wirklich noch leben sollten, dann bricht ihnen die Gewölbedecke über den Köpfen zusammen und erschlägt sie alle. Diese verfluchten Gringos, was haben sie in Mexiko verloren, eh? Haben sie uns noch nicht genug bestohlen? Und umgebracht… ah, wie viele von uns haben sie umgebracht, damals, als sie uns Texas wegnahmen? Mein Onkel starb, mein Vater… Jetzt verbrennen wir sie. Sie werden braten in der Hölle… braten!«
Mattare wendete den Kopf. Concho Hurst nickte. Dann schob sich Mattare in Querrichtung nach rechts. Der nächste Zierstrauch stand dort, und wenn sie weiterkommen wollten, mußten sie so kriechen, daß er in Richtung auf die beiden Posten Deckung bot. Zum Glück lag dieses Stück Garten im Schatten des Seitenflügels. Der Boden war dunkel, Mondlicht fiel hier nicht her.
Concho kroch erst ganz dicht an den ersten Busch heran. Mattare war schon sechs Schritt weiter und lag genau in Richtung des zweiten Busches und der beiden Posten. Concho sah sie jetzt. Sie hockten beide keine zwei Schritt vor der kleinen Mauer, neben der ein Loch gähnte.
Der Keller, dachte Concho, richtig, hier war der Keller. Mein Vater brachte Don Sebastiano Wein aus den Bergen von Almansor mit, schweren Wein. Wie lange ist das her… sieben, acht Jahre? Die Peons schafften die Fässer in diesen Keller.
Die beiden Posten hockten auf einem Geländer an der kleinen Kellerhalsmauer. Der eine Bravado ganz außen. Er saß schräg. Wenn es hell gewesen wäre, hätte er die Bewegung sofort aus den Augenwinkeln sehen müssen. Doch er sah jetzt nichts.
Concho glitt immer weiter in Querrichtung hinter dem Zierstrauch heraus. Er folgte Mattare. Der lag längst am zweiten Busch. Etwa zwölf lange Schritte von dort bis zu den Posten, aber – Mattare war genau in ihrem Rücken.
Als Concho ihn anstieß, schob er sich weiter.
Schnell, dachte Concho, sie sitzen da und schwatzen, aber wenn sich einer umdrehen sollte… In derselben Sekunde sprang der Chiricahua. Das Messer stieß jäh zu.
Ein Schrei vor Concho, ein kurzer, kaum hörbarer Schrei, jäh abreißend, erstickend. Concho sprang auch und schlug zu, traf den ersten Posten von hinten, schlug ihm den Revolver über den Hut, danach noch einmal. Der Mann sackte lautlos zusammen, und Concho sprang auf die Mauer. Von dort aus sah er den zweiten Bravado, der mit Mattare die Kellertreppe hinabgesaust war. Der Kerl fiel rücklings gegen den nächsten Balken, der schräg an die Tür gerammt worden war. Sein Anprall schob den Balken beiseite. Der glitt ab, rutschte ein Stück an der Tür tiefer, bis er blockiert vom Kellerhals festhing. Am Balken fiel der Bravado zusammen.
Mattare sah hoch. Er hob die Hand und die Schulter.
»Du konntest nichts dafür«, sagte Concho leise. »Der Schrei ist keine zehn Schritt weit zu hören gewesen. Sei ruhig – warten wir ab, ob was bemerkt worden ist.«
Der Chiricahua stand still, sie lauschten, aber es rührte sich nichts. Als sie die beiden Balken weghoben, sahen sie, daß der Türschlüssel im Schloß steckte. Der eine Balken hatte ihn verdeckt. Mattare glitt die Treppenstufen hoch. Er holte den anderen Bravado herunter, ehe