G.F. Barner Staffel 1 – Western. G.F. Barner
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Clancy lag steif und wie tot am Boden. Nur seine Augen lebten, während sein Atem versiegte. Stille jetzt, völlige Ruhe. Kein Laut mehr vor der Hütte. Und doch war dort jemand, schlich durch die Nacht.
Carter, dachte Clancy. Carter redete draußen, dann ging er zwei Runden, aber er brachte die zweite Runde nicht zu Ende. Da war jemand, einer, der Carter erwischte. Das Scharren, der dumpfe Aufschlag. Carter ist fertig.
»Clancy, Clancy...«
Das Geflüster kam von Floyd, drang durch die Finsternis zu ihm herüber.
»Ssst«, machte er. »Ruhig...«
Seine Stimme verklang, er wendete den Kopf und glaubte, den Mann zu hören. Der Mann schlich wie ein Tier um die Hütte. Das Knirschen kam, ein Schaben an der Tür.
Der Balken, dachte Clancy. Jetzt nimmt er den Balken fort. Und was dann? Die Tür ist verschlossen, er bekommt sie niemals auf ohne Lärm. Großer Gott, die Türklinke bewegt sich!
Das Knarren der Feder ertönte, aber Clancy sah nicht, wie die Klinke herabgedrückt wurde. Er wußte nur, daß der Mann dort stand und hineinkommen wollte.
Noch einmal kam das leise Knarren der Feder. Danach wurde es still.
Er schleicht wieder, dachte Clancy. Er schleicht wie damals, als Kinsey seinen Stiefel auf meiner Hand hatte und meinen Arm packte.
Floyd Reegan fror. Er hatte das Gefühl, auf einem Eisblock zu liegen, dessen Kälte seinen Leib erstarren lassen wollte. Floyd hörte jetzt etwas. Sein Kopf zuckte herum, er sah zur Tür. Dort knirschte es. Es hörte sich an, als wenn Eisen sich in einen Spalt zwängte.
Krrräck!
Die Tür, dachte Clancy und stierte auf den Spalt am Schloß. Plötzlich war Licht dort, ein hellerer Streifen. Mondschein draußen, Licht fiel auf die Hüttenfront, drang durch den Spalt ein. Zwischen dem Spalt steckte etwas und glänzte leicht. Die schwere Eisenstange, an deren anderem Ende der geduckte Schatten stand, sich gegen es lehnte.
Der Mann draußen stemmte sein Knie gegen die Tür, während er wuchtete.
Er sah aus schmalen Augen auf das Kastenschloß, den Riegel, der sich jetzt im Aufdrücken der Tür zeigte. Es war kein Schließblech da. Es gab nur einen tief in die Baumstämme getriebenen Schließhaken, der um den Schloßriegel packte. Das Knacken lief durch das Holz, laut und scharf drang es durch die Stille.
Es geht nicht, dachte der Mann, so nicht. Ich muß seitlich ansetzen und den Schließhaken wegdrücken.
Seine Hand fuhr zum Gürtel, riß das Messer heraus und jagte es in den Spalt.
Dann zog er die Stange zurück, setzte sie seitlich an und legte sich danach auf sie. Er sah, wie die Spitze der schweren Stange unter den Schließhaken fuhr. Langsam und knirschend glitt die oberste Winkelspitze des Hakens aus dem Holz. Durch die Tür ging ein Ruck, der Spalt wurde breiter. Jetzt sah man den Schloßriegel, und er setzte die Stange genau auf ihn. Dann drückte er gegen ihn.
Knack!
Ein scharfes Schnappen, dann war der Türschloßriegel fort, und der Mann stand in der aufschwingenden Tür. Ein viereckig wirkender Klotz, der vom Mondlicht beschienen wurde, reglos, drohend.
Als er losglitt, hatte Floyd das Gefühl, von zwei Händen gewürgt zu werden.
Jetzt kam er. Henry O’Mallon, der Mann, der noch jeden entsprungenen Sträfling erwischt hatte.
»Keinen Laut«, zischte O’Mallon. »Na, ihr Helden? Clancy, du Schlaukopf, liege still. Sie haben alles da, was ich brauche. Mit der Eisenstange wuchte ich den Haken aus den Bohlen, keine Sorge. Aber haltet die Ketten steif. Kein Klirren, verstanden? Wir müssen in den Schuppen. Dort ist ein Schraubstock. In den klemmen wir die Kastenschlösser. Mit der Stange breche ich jeden Schloßbügel auf. Die Schlüssel hat Paine, was? Dreh dich zur Seite, Mann, ich kann bei dem wenigen Licht schlecht sehen. Los, dreh dich schon. Oder meinst du, ich schaffe es allein, mit den Halunken fertig zu werden? Kannst mir ruhig helfen, Mister. Ah, da ist der Haken schon. Paß auf jetzt, der kommt aus dem Holz.«
Er redete, dabei hatte er eigentlich nie viel gesagt. Es kam Clancy vor, als grinste O’Mallon sogar.
»Ich breche ein Kettenschloß auf. Ich«, zischte O’Mallon. »Hätte nie gedacht, daß ich eines Tages jemand mit Gewalt eine Kette abnehmen müßte. Mann, ein paarmal war ich soweit, daß ich eingreifen und schießen wollte. Die Halunken kamen, als ich gerade dabei war, drüben am Wasserfall am Lasso hinabzuklettern. Sie sahen nur euch. Mein Glück, was? Dann verkroch ich mich im Loch unter dem Sägegatter. Als das Ding anlief, dachte ich, ich käme nie mehr heraus.«
»Dann... Mann, du hast alles gehört und gesehen? Und du hast nichts versucht?«
»Sollte ich?« fragte O’Mallon kalt. »Hätte ich die geringste Chance gegen die Burschen besessen, Mister?«
»Alle Teufel, hast du Nerven! Was ist mit Ferris?«
»Der rennt hierher, denke ich. Hoffentlich kommt er nicht zu schnell mit diesem Halunken Long-Tom zurück. Pack die Ketten, zieh sie straff, Clancy! Paine, der Hundesohn, hat einen leichten Schlaf. Der Kerl schläft wahrscheinlich gar nicht. Er ist nervös wie ein junger Hund, der keinen Baum finden kann. Hast du die Ketten?«
»Yeah!«
O’Mallon huschte zu Floyd, stieß ihn an.
»Na, du Unschuldslamm?«
Unschuldslamm, dachte Floyd. Großer Gott, wie oft haben sie das zu mir gesagt, und wie höhnisch und gemein. Klingt jetzt nicht mehr höhnisch, was?
Es klang anders. Es klang wie eine bittere, gallige Feststellung...
*
Es war wie ein Bild, dessen Anblick er nicht los wurde. Das Bild blieb, auch wenn er die Augen schloß, der Bandit George Paine. Er sah nur noch Geld. Er konnte tun, was er wollte, und er wußte, daß es ihn nicht schlafen lassen würde. Geld, Scheine, unendlich viele Scheine, hunderttausend Dollar. Die Gedanken kamen, obwohl er sich gegen sie sträubte. Das Geld – er würde es bekommen. Und was sollte er mit ihm anfangen, wenn er es hatte? Manchmal hatte er davon geträumt, reich zu werden. So reich wie die Carmichels, denen die Plantage gehört hatte, auf der sein Vater nur einer von vielen Aufsehern gewesen war. Ein Haus haben, wie die Carmichels es hatten, ein Haus mit Säulen vor dem Eingang. Einen Wagen und vier Pferde. Und dann durch die Straßen fahren, die Leute den Hut ziehen sehen.
Oder sollte er fortgehen nach Havanna de Cuba? Einmal hatte ihm jemand davon erzählt. Seitdem träumte er auch davon: Dort konnte er bis an das Ende seiner Tage sorglos leben. Die Frauen dort hatten eine braune Haut, wie Samt und Seide.
George Paine lag auf dem Rücken, die Augen weit offen. Er hielt es nicht aus, stillzuliegen und nur nachzudenken. Patty Chickens schnarchte sägend. Das Schnarchen machte Paine verrückt, die Gedanken kreisten um das Geld.
Ich muß gehen, dachte er. Und wenn ich mich draußen irgendwo hinlege, nur nicht hier drin bleiben. Hooper pfeift, wenn er den Atem ausstößt, Patty schnarcht wie ein Walroß, der verdammte Kerl.Was soll ich noch mit ihnen, wenn ich das Geld habe? Ich nehme nur Hooper mit. Und wenn wir das Geld haben, dann... Vielleicht nehme ich einen Stein wie bei diesem Narren, der plötzlich am Corral auftauchte und mich anglotzte, was?
Paine wälzte sich auf die Seite. Dann stand er auf. Die Unruhe ging nicht fort, wenn er auf dem Rücken lag und grübelte. Leise ging er los, öffnete die Tür und trat hinaus. Mondlicht griff nach ihm, sein Blick wanderte träge umher.
Im nächsten Moment erstarrte er, seine Augen weiteten sich vor Schreck.
Paine sah zur Hütte, auf die offene Tür. Eine Sekunde war es ihm, als wenn ihn ein Blitz träfe und ihn lähmte. Er stierte zur offenenTür. Das dunkle Loch des Eingangs gähnte ihm entgegen. Keine Spur von Carter, nichts zu sehen.
In ihm kroch das Grauen hoch. Seine Lider schlossen sich einen Moment, bis er sie wieder aufriß. Aber das Bild blieb. Die Hütte