Hopfenbitter. Alexander Bálly

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Hopfenbitter - Alexander Bálly


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      Alexander Bálly, Jahrgang 1964, wohnt mit seiner Familie in der Holledau zwischen Ingolstadt und München. Als echter Papiertiger arbeitete er seit seiner Schulzeit in Buchhandlungen und Verlagen. Nun schreibt er selbst, vor allem Krimis, Weihnachts- und Kurzgeschichten. Der erste Band seiner Holledau-Krimireihe mit Metzgermeisterdetektiv Wimmer und seiner pfiffigen Enkelin Anna erschien 2014.

      Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

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      © 2020 Emons Verlag GmbH

      Alle Rechte vorbehalten

      Umschlagmotiv: mauritius images/Westend61/Tom Chance

      Umschlaggestaltung: Nina Schäfer, nach einem Konzept von Leonardo Magrelli und Nina Schäfer

      Umsetzung: Tobias Doetsch

      Lektorat: Christiane Geldmacher, Textsyndikat.de, Bremberg/Lahn

      eBook-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

      ISBN 978-3-96041-631-9

      Oberbayern Krimi

      Originalausgabe

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      Für meinen Großvater aus Fellbach.

      Ich habe viel von ihm gelernt. Wie man beobachtet,

      wie man schreibt, wie man geduldig ist. Auch wenn damals

      nicht absehbar war, dass die Saat doch noch aufgeht.

      Er war zwar ganz anders als mein Held Ludwig Wimmer,

      und doch leiht er ihm viele seiner Eigenarten.

      26.8.1954

      Franziska Wollner stand auf, streckte sich und holte ihren prallen Rucksack aus dem Gepäcknetz über ihrem Sitz.

      »Ich bin ja schon so gespannt, Nelli! Sommerfrische und a gutes Geld verdienen. Mei, Nelli, des klingt ja wie im Märchen.«

      Eleonore Harting lachte. »Jaja, es is aber aa a g’scheide Schinderei. So viel zur Sommerfrische. Aber a Gaudi is aa, wenn s’ alle a gute Laune ham. Und wenn du dich ned allawei verratschst, sondern fleißige Händ hast, dann schaut am End aa no a schöner Batzen raus.«

      Dass Franziska überhaupt im Zug saß, war Eleonores Verdienst. Sie hatte ihre Freundin überredet, mitzukommen in die Holledau, wo, wie jedes Jahr, auch dieses Mal zur Hopfenernte wieder jede Menge Saisonarbeiter gebraucht wurden. Nicht nur Wanderarbeiter aus dem Bayerischen Wald nahmen diese Arbeit gern an, auch Männer und Frauen aus dem nahe gelegenen München, da ihre Arbeitsstellen in den Fabriken in dieser Zeit – Ende August – oft wegen Betriebsferien geschlossen blieben.

      »Wohin geht’s noch amal genau?«, wollte Franziska wissen.

      »Nach Jebertshausen. Des is a Dorf bei Wolnzach. Da sind wir bei den Bichlers am Hof. Es wird dir g’fallen. Die san nett.« Eleonore war dieses Jahr das vierte Mal zur Hopfenernte.

      Auch von anderen Sitzbänken des Nahverkehrszugs erhoben sich inzwischen die Leute, nahmen kleine Koffer, große Reisetaschen, Rucksäcke und sogar einen Seesack aus den Netzen. Allmählich wurden die beiden Freundinnen von der Menge in den Vorraum zwischen den Abteilen geschoben. Bald drängten sich Männer und Frauen, junge und nicht mehr ganz so junge, in bunter Mischung gut gelaunt und erwartungsfroh zusammen. Der Zug würde wohl beinahe leer nach Ingolstadt weiterfahren. Endlich ratterten die eisernen Räder über Weichen, und sie liefen in einen Bahnhof ein.

      »Das ist also Wolnzach.« Franziska sah sich auf dem Bahnsteig um, als der Zug abgefahren war. Die Station lag in einem weiten Flusstal, und hinter ein paar Bäumen, jenseits der Gleise, ragten Ziegeldächer auf.

      »Träum ned, Franzi, mir müssen unsern Bauern finden, sonst fährt der ohne uns. Außerdem ist das da hinten ned Wolnzach, sondern Rohrbach.«

      »Ja, ham die den Bahnhof denn ned beim Dorf gebaut?«, fragte Franziska und hastete ihrer Freundin nach.

      »Naa. Die ham ihn lieber an die Bahnstrecke g’stellt. Aber weil Wolnzach a bisserl größer is und weil koa Sau sich für Rohrbach interessiert, heißt der Bahnhof halt trotzdem so. Schau! Da drüben, da müssen wir hin.«

      Sie stiegen um in einen Schienenbus, der die Nebenstrecke bediente und als »Holledauer Bockerl« bekannt war. Mit dieser Bahn fuhren sie weiter, bis sie etwa eine Viertelstunde später an der Haltestelle Wolnzach Markt ausstiegen.

      Auf dem Platz vor dem Bahnhof stand ein Dutzend Traktoren mit leeren Anhängern und groß beschriebenen Pappschildern, die die Höfe bezeichneten. Ziemlich am Ende der Reihe las Franziska »Bichler-Hof Jebertshausen«. Auf dem Traktor saß eine Frau um die sechzig mit roten Apfelbäckchen und einem Klemmbrett.

      »Grüß Sie Gott, Frau Bichler«, sagte Eleonore.

      »Ja, Grüß Gott, schön, dass du wieder da bist. Unsere fleißige Nelli ham wir immer gern auf dem Hof. Und wen hast du da dabei?«

      »Ich bin die Franziska.«

      »Servus. Hast so was scho amal g’macht?«

      »Nein, gnädige Frau.«

      »Des mit der gnädigen Frau, des kannst dir gleich schenken. So vornehm samma ned hier am Land. Ich bin die Frau Bichler, oder du sagst einfach Bäu’rin zu mir. Zeig amal deine Händ her.«

      Gehorsam streckte Franziska der Alten ihre Hände hin. Die nahm sie in ihre eigenen.

      »Na ja, da hab ich schon Schlimmeres g’sehn bei solchen Madamchen aus der Stadt. Kann s’ denn schaffen, Nelli?«

      »Freilich. Sie hat die Werkbank gleich neben der meinen beim Siemens. Mir bau’n da Telefonanlagen, und sie ist genauso schnell und geschickt wie nur eine! Die Franzi lötet sauber, und keine wickelt so schnell und sauber einen Trafo wie sie.«

      »Gut, gut. Flinke Händ san wichtig. Na dann, woll’n wir’s mitnander probiern. Ah, der Anton is aa wieder da!« Damit begrüßte sie den Nächsten, und die Freundinnen kletterten auf den Anhänger.

      Als etwa dreißig Leute auf dem Hänger saßen und alle Namen auf dem Klemmbrett abgehakt waren, warf Frau Bichler das grüne Fendt-Dieselross an, und gemütlich tuckerten sie los, ihrem Arbeitsplatz entgegen.

      »Schau amal! Und vor allem: Riech amal, der Hopfen, Franzi!« Eleonores Augen bekamen einen träumerischen Glanz.

      Sie fuhren nun auf einer schmalen Straße durch Stangengärten, in denen bis zu neun Meter hoch üppige sattgrüne Hopfenreben mit hellgrünen Dolden nach oben gerankt waren. Die Luft war hier im Schatten schwer und beinahe betäubend aromatisch. Es roch intensiv, würzig und leicht bitter. Es erinnerte Franziska stark an kühles, frisch gezapftes Bier.

      »Ah, is des schön! Dafür allein hat sich die Fahrt schon g’lohnt. Für mich is des der beste Duft der Welt«, erklärte Franziska und strahlte. Dies sorgte für allgemeine Heiterkeit.

      »Des is gut, Dirndl«, erklärte ein beleibter Mann in Latzhose mit Pappkoffer. »Weil des Parfeng, des werst jetzt a paar Wochen lang nimmer los.«

      »Wenn’s weiter nix is, das soll mich ned stören.«

      »Schau, da drüb’n, da san s’ scho am Obarupfen.« Die Latzhose hatte sich als »da Willi aus der Au« vorgestellt und zeigte nun auf einen Hopfengarten, in dem schon geerntet wurde.

      Vorn an einem schmalen Traktor war eine Kanzel angebracht, ähnlich wie der Korb an einer modernen Feuerwehrdrehleiter. Die Kanzel ragte hoch hinauf. Zwei Männer


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